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Sauberere Spiele 2012?

17. November 2011

Bei den Olympischen Spielen 2012 wird es kaum positive Dopingfälle geben. Das heißt aber nicht, dass die Athleten alle sauber wären - im Gegenteil. Aber wenn, wird jetzt gedopt. Deshalb müsste jetzt getestet werden

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Olympische Ringe und eine Spritze. DW-Grafik: Peter Steinmetz
Bild: DW-Montage/fotolia.com/Kaarsten

Was soll er auch anderes sagen, als Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes DOSB: "Wir und die Verantwortlichen werden bei den Olympischen Spielen 2012 alles tun, damit es so schwer wie möglich sein wird, als Doper unerkannt da raus zu kommen." Michael Vesper, ehemaliger Politiker, kennt sich bestens aus mit Platitüden. "Die Zahl der Kontrollen wird nochmals erhöht: Alle Erst-, Zweit- und Drittplatzierten werden kontrolliert." Zudem bleibe es dabei, dass alle Proben acht Jahre eingefroren würden und dass dann die in dieser Zeit weiter entwickelte Methoden zum Einsatz kommen könnten. "Das ist ein hohes Risiko für Doper."

Trainingskontrollen sind wichtig

Usain Bolt holte 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking Gold über die 100 Meter und posierte danach neben der Anzeigentafel mit seinem neuen Weltrekord. Foto: David J. Phillip
Usain Bolt bei den Olympischen Spielen 2008Bild: AP

Das wäre es tatsächlich, wenn sich die dopenden Athleten sehr dumm anstellen würden. Aber mittlerweile ist eines im Anti-Doping-Kampf klar: Illegale Substanzen werden fast immer im Training eingesetzt, und nicht erst in den Wettkämpfen oder gar bei einem Großsportereignis wie den Olympischen Spielen. Deshalb sagt auch Andrea Gotzmann, Vorstandsvorsitzende der Nationale Anti-Doping-Agentur NADA und ehemalige Basketball-Nationalspielerin: "Die Zeit des Testens und des Mißbrauchs von Substanzen läuft jetzt. Denn spätestens jetzt bereitet man sich auf die Olympischen Spiele vor, ob im Training oder über Qualifikationswettkämpfe." Das hätten auch die letzten Olympischen Spiele in Peking und Athen gezeigt: während der Spiele selbst hat es keine spektakuären Fälle gegeben.

"Meiner Einschätzung nach wird es bei den Olympische Spielen 2012 nicht viele positive Tests geben", sagt Gotzmann. Nur wenn jetzt die Kontrollen weltweit intelligent durchgeführt, wenn überraschende Kontrollen stattfinden und diese dann auch entsprechend sanktioniert würden, und wenn es keine Schlupflöcher gäbe, dann hätte man eine Chance im Kampf gegen Doping. Doch genau das ist das Problem: Weiterhin gibt es weltweit keine Standards, keine Vergleichbarkeit.

Noch ziehen nicht alle am selben Strang

Michael Vesper, in Mainz 11.10.2010, Foto: Alen Legovic
Michael VesperBild: DW

Das gibt sogar Michael Vesper zu: "Natürlich ist es so, dass der Stand der Umsetzung der Regeln in den einelnen Ländern durchaus unterschiedlich ist." Nicht nur einzelne Länder, sondern auch einzelne Verbände und damit einzelne Sportarten halten es mehr oder weniger, wie sie es wollen. Weder gibt es eine vorgeschriebene Zahl von Dopingkontrollen, noch eine Regel, was bei wem genau wann getestetet werden muss.

"Aber in den letzten Jahren ist schon viel passiert, die Länder und die Regeln haben sich immer weiter entwickelt und einander angeglichen", so Vesper. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass dieser Prozess jetzt im Vorfeld zu den Spielen in London und dann für Sotchi 2014 noch weiter geht." Übersetzt heißt das jedoch: Jetzt ist das Kontrollsystem noch nicht engmaschig genug, um einen Großteil derjenigen Sportler zu erwischen, die illegale Substanzen einsetzen. Von Wettbewerbsgleichheit kann damit immer noch nicht die Rede sein, auch nicht bei den 30. Olympischen Spielen, die Ende Juli 2012 beginnen.

Wie schwierig es ist, weltweit konsequent im Anti-Dopinng-Kampf vorzugehen, zeigt eine richterliche Entscheidung vom Oktober dieses Jahres. Der Internationale Sport-Gerichtshof CAS hat die sogenannte Osaka-Regel gekippt. Das Schiedsgericht bezeichnete die Regelung der IOC-Exekutive von 2008, derzufolge Athleten nach einer mehr als sechsmonatigen Doping-Sperre nicht an den darauffolgenden Olympischen Spielen teilnehmen dürfen, als "ungültig und nicht durchsetzbar". Die Begründung: Der Sportler würde doppelt bestraft werden.

Rückschlag

Labor-Arbeit mit Ampullen im Anti-Doping-Labor im Londoner King's College. Das Labor ist eines der führenden in der Welt im Kampf gegen das Doping im Sport. Foto: Katie Collins
Arbeit im Anti-Doping Labor im Londoner King's CollegeBild: picture-alliance/dpa

Einige Nationale Olympische Komitees, wie das britische oder das italienische, wollen weiterhin an der Osaka-Regel festhalten. Ob das rechtlich haltbar ist, ist fraglich. Eines jedenfalls steht fest: Dieser Rechtsbeschluss ist ein Rückschlag für den weltweiten Anti-Doping-Kampf und zeigt einmal mehr, wie die einzelne Sport-Organisationen, - verbände und -gerichte gegeneinander, und nicht miteinander arbeiten.

In der Doping-Debatte sollten jedoch nicht nur die Ahtleten im Fokus stehen, meint der Doping-Experte der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt ARD, Hajo Seppelt, und kritisiert die Heuchelei der Medien, Verbände, Sponsoren und auch Zuschauer: "Einerseits Höchstleistungen ständig zu fordern, andererseits aber immer mit dem erhobenen Zeigefinger zu behaupten, dass die Sportler doch bitte nicht dopen sollen." Dies, so Seppelt, sei ein klarer Interessenskonflikt.

"Dopen tut nur der Sportler"

Das Olympische Maskottchen Wenlock und das Paralympische Maskottchen Mandeville (r.) posieren für die Fotografen. Foto: dapd
Die Maskottchen der Olympischen Spiele 2012Bild: dapd

Doch der wird, seien wir ehrlich, in baldiger Zukunft nicht aufzulösen sein. Die “The-winner-takes-it-all-Mentalität” ist zu allgegenwärtig in der Gesellschaft, besonders bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften. Besonders auffällig wird das in der Sportler-Sponsoren-Beziehung: Unternehmen wollen sich über den Sportler profilieren und eine Botschaft transportieren. Natürlich passt Doping da nicht hin, deshalb finanziert die deutsche Sponsorenvereinigung S 20 auch Kampagnen gegen Doping. Doch die Ursache, warum Sportler zu illegalen Substanzen zurückgreifen - dass der Druck, die hohen Erwartungen vor allem seitens der Sponsoren immens hoch sind - dafür fühlen sich die Firmen nicht zuständig.

"Da sind wir völlig raus aus der Verantwortung. Dopen tut nur der Sportler", meint Josef Stadtfeld, Geschäftsführer der S20. Mit dieser Einstellung, die noch viel zu oft verbreitet ist, wird sich so schnell im Anti-Doping-Kampf nichts ändern.

Autorin: Sarah Faupel
Redaktion: Wolfgang van Kann