1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Syrien im Abseits

10. August 2011

Das Vorgehen des syrischen Präsidenten Assad stößt zunehmend auf Kritik - auch aus den arabischen Nachbarländern. Saudi-Arabien geht auf Distanz zum Assad-Regime - nicht ganz ohne Hintergedanken.

https://p.dw.com/p/12E9T
König Abdullah aus Saudi-Arabien (Foto: picture-alliance/dpa)
König AbdullahBild: picture alliance/dpa

Die arabische Welt scheint von Syrien abzurücken. Die Arabische Liga, ein Zusammenschluss von 21 arabischen Staaten, und der Golf Kooperationsrat, ein Bündnis von sechs Staaten, haben die Gewalt im arabischen Nachbarland verurteilt. Auch die Türkei - ein enger Verbündeter des syrischen Regimes - hat Präsident Baschar al-Assad bereits mehrfach ermahnt, das Blutvergießen zu beenden. Spätestens seit im Juni mehr als 10.000 syrische Flüchtlinge über die Grenze in die Türkei kamen, hat sich der Ton verschärft. Saudi-Arabien, Kuwait und Bahrain haben sogar ihre Botschafter aus Damaskus abgezogen.

Der saudische König Abdullah sagte im Fernsehen, dass die "Todesmaschinerie und das Blutvergießen" gestoppt werden müsse. Außerdem verlangte er umfassende und zügige Reformen von der Regierung in Damaskus. Deutliche Worte aus Riad, ebenso deutlich wie ungewöhnlich. Professor Abdel Khaleg Abdallah, Politologe aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, kommt zu dem Schluss, dass das syrische Regime mit der Krise nicht richtig umgehe. Die Gewaltanwendung gegen das Volk sei beängstigend, insbesondere während des heiligen Fastenmonats Ramadan. Dazu könne man nicht länger schweigen.

Welche Rolle spielte Saudi-Arabien bis jetzt?

Syrischer Panzer vor der Stadt Hama (Foto: picture-alliance/Abaca)
Syrischer Panzer vor der Stadt HamaBild: picture-alliance/abaca

Die ganze arabische Welt ist ins Wanken geraten. Das saudische Königreich hat bisher dabei keine eindeutige Rolle gespielt. In Bahrain haben saudische Truppen geholfen den Aufstand blutig niederzuschlagen. In Saudi-Arabien fand der jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh medizinische Versorgung und Zuflucht. Auch der geflohene tunesische Herrscher Zine el-Abidine Ben Ali wurde aufgenommen. Aus Libyen hat sich Saudi-Arabien völlig zurückgehalten, ebenso aus Tunesien und Ägypten. Offensichtlich mache Saudi-Arabien jetzt eine Kehrtwende, sagt der Nahost-Experte Michael Lüders. Die saudische Führung wolle ein Zeichen setzen, "um nicht allein auf Seiten der politischen Reaktion verortet zu werden." Saudi-Arabien wolle sich ein fortschrittlicheres Image geben und kritisiere Präsident Baschar al-Assad, vor allem aus Eigennutz. Denn Syrien sei ein enger Verbündeter des Iran. Und dieser sei bekanntlich ein Intimfeind Saudi-Arabiens, so Lüders.

Der Kampf zwischen dem Iran und Saudi-Arabien um die Vormachtstellung im Nahen Osten wird nicht erst seit Beginn des arabischen Frühlings geführt. In Syrien aber sieht König Abdullah seine Chance gekommen: dort stoßen die großen Gegensätze der Region aufeinander. Das säkulare Syrien ist bis heute ein treuer Partner des schiitischen Gottesstaates Iran. Ein Syrien nach Assad, also nach der Herrschaft der alawitischen Minderheit, die von den Schiiten abstammen, wäre höchstwahrscheinlich sunnitisch geprägt. So wie das Herrscherhaus in Saudi-Arabien und das wäre König Abdullah nur recht.

Der Ruf nach Reformen

Demonstration in Damaskus (Foto: DW)
Demonstration in DamaskusBild: DW

Wenn der saudische König Abdullah jetzt Reformen jetzt in Syrien fordert, dann bewegt er sich auf sehr dünnem Eis. Denn er selbst lehnt jede Veränderung seiner absoluten Monarchie rigoros ab. Nahost-Experte Michael Lüders meint, dass es zwar in Saudi-Arabien bisher keine nennenswerten Forderungen nach Demokratie gegeben habe. Dennoch habe die saudische Führung im April die Gesetze verschärft: Kritik an den Regierenden und an der islamischen Ordnung des Landes stünden seither unter zusätzlicher Strafe. "König Abdallah muss aufpassen, dass sein Ruf nach Reformen in Syrien nicht auch von den Menschen in Saudi Arabien gehört wird", sagt der Nahost-Experte.

Druck auf Assad

Der Westen und insbesondere auch die USA haben jedenfalls die eindeutige Stellungnahme der saudischen Führung begrüßt. Das politische und wirtschaftliche Schwergewicht der arabischen Welt hat dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad die rote Karte gezeigt. Damit ist der Druck auf das Assad-Regime erheblich gestiegen. Und ganz ohne finanzielle Unterstützung komme Syrien nicht zurecht, meint Lüders. Nach einem Wachstum im vergangenen Jahr ist die Wirtschaft jetzt auf Schrumpfkurs. Syrische Geschäftsleute sollen ihr Geld in Tüten über die Grenze in den Libanon bringen, heißt es. An ausländische Investoren ist derzeit nicht mehr zu denken. Sie sollten aber nach Vorstellungen von Assad, wie er sie zu Beginn dieses Jahres geäußert hatte, Milliarden ins Land bringen.

Die Wirtschaft stehe kurz vor dem Bankrott, urteilt Lüders, sie brauche dringend die Unterstützung der Saudis. Über diese finanzielle Schiene habe Saudi-Arabien viele Möglichkeiten, Druck auf Syrien auszuüben.

Autorin: Petra Nicklis
Redaktion: Diana Hodali