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Saudi-Arabien versucht sich an der Demokratie

Peter Philipp, z. Zt. Riad10. Februar 2005

Am 10. Februar beginnen in Saudi-Arabien die ersten Kommunalwahlen des Königreichs. Gewählt wird jeweils die Hälfte der kommunalen Parlamente. Die Hoffnungen sind groß.

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Wahlkampf im Beduinenzelt: Kandidat Sultan Bin HalalBild: Peter Philipp

Auf der breiten, achtspurigen Straße rauscht der abendliche Verkehr durch Riad: Auch hier wird es im Februar um diese Zeit kühl. Zu kühl, um in einem der offenen Straßencafés zu sitzen. Auf einem offenen Platz aber steht ein Beduinenzelt und dort beginnt reger Publikumsverkehr: Junge Männer kommen auf einen Tee oder Kaffee, essen ein paar Häppchen und führen ein kurzes Gespräch mit Sultan Bin Halal.

Der Computerfachmann kandidiert für diesen Stadtteil und hat sich zum Ziel gesetzt, den jungen Leuten zu helfen: "Wir wollen ihnen viele Plätze schaffen, denn wir haben hier in Riad nichts für junge Leute. Nur Coffee-Shops und mal ein Fußballspiel, das ist alles." Die jungen Leute verschwendeten ihre Zeit, indem sie ziellos die Straße auf und abfahren. Ihnen sei langweilig und da müsse man doch Sport- und Jugendzentren bauen.

Sultan Bin Halal denkt auch an eine moderne Stadtverwaltung - mit E-Government und allem, was das Leben leichter macht. Es ist schwer einzuschätzen, ob er seine Zelt-Besucher damit überzeugt. Aber seine Brüder und Cousins, die ihm beim Wahlkampf helfen, sind überzeugt, dass er gute Chancen hat.

Spendabler Nebenbuhler

Ein Gegenkandidat, der in den Zeitungen ganzseitige Anzeigen schaltet, hat gleich einen kleinen Palast gemietet, wo er zu Essen und Trinken einlädt und wo er Dichter und Geschichtenerzähler aufbietet. Das ziehe die Leute natürlich an, aber wählen werde man schließlich doch Sultan Bin Halal, meinen die Wahlhelfer zuversichtlich.

Kostspielige Wahlversprechen

Manche Kandidaten haben viel in diese Wahl investiert. Besonders Grundstücksmakler, denn dies ist ein boomender Markt und man verspricht sich bessere Marktchancen, wenn man gleich im Gemeinderat mit entscheiden kann.

Grund für manche Bürger, sich gar nicht erst als Wähler zu registrieren: Da versprächen Kandidaten Dinge, die nicht interessierten und die nie eingehalten werden, meint zum Beispiel resignierend ein Leserbriefschreiber in einer Tageszeitung.

Wahlen als Test

Der Riad Bürochef der "Saudi Gazette", Mohamed Al Ghamdi, sieht das nicht so pessimistisch. Die Wahlen seien doch auch eine Art Test: "Na ja, wenn Sie das ein Experiment nennen: Sie sind die ersten Wahlen, aber sie sind auch ein erster Schritt auf mehr demokratische Erfahrung im Land."

Die Tatsache, dass dies eine Demokratisierung von oben ist und dass alles nur schrittweise vorgeht, stört Al Ghamdi nicht. Man müsse langsam vorgehen, weil dies eine konservative Gesellschaft sei, die ein zu rasches Vorpreschen wohl nicht verkraften könne. Deswegen wird jetzt nur die Hälfte der Ratsmitglieder gewählt, später vielleicht der gesamte Gemeinderat.

Und wenn sich dies bewährt, dann werde es wohl auch Wahlen für ein Parlament geben, das dann den "Madschlis Aschura" ablösen wird, den Konsultativrat, der zwar immer mehr ausgeweitet wird, aber immer noch nur aus ernannten Mitgliedern besteht.

Und auch was die Frauen betrifft, so werde es sicher Fortschritte geben: Offiziell dürfen auch heute schon "saudische Bürger" wählen und gewählt werden und Frauen gehörten natürlich dazu. Und es gebe deutliche Anzeichen, dass Frauen beim nächsten Mal mit dabei sein werden. Diesmal habe die Zeit nicht gereicht für die Vorbereitung einer solchen Ausweitung des Wahlrechts.