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Politik

Schüsse auf Abgeordnete der Republikaner

Miodrag Soric
14. Juni 2017

Morgens um 7 Uhr wollten republikanische Politiker für ein Baseball-Spiel gegen die Demokraten trainieren. Ein 66-Jähriger schoss auf sie. DW-Korrespondent Miodrag Soric berichtet aus Alexandria.

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USA Schüsse auf Kongressabgeordnete in Alexandria, Virginia
Bild: DW/M. Soric

US-Abgeordneter angeschossen

Es ist 7.09 Uhr in der Früh. Die Sonne strahlt über dem Sportplatz in Alexandria, Virginia, etwa eine halbe Autostunde vom Kongress in der Hauptstadt Washington entfernt. Es verspricht, ein heißer Sommertag zu werden. Der mutmaßliche Täter fragt zuerst, ob auf dem Baseballplatz Republikaner oder Demokraten trainieren. Jemand, der den Ort verlässt, antwortet dem Fragesteller im Vorbeigehen: "Republikaner".

Kurz darauf eröffnet - wie man mittlerweile weiß - der 66-jährige James T. H. mit einem Gewehr das Feuer auf die Spieler, darunter Abgeordnete, Senatoren, Parlamentsmitarbeiter. Sie trainieren für ein Benefizspiel gegen die Demokraten, das an diesem Donnerstag stattfinden soll. Es ist eine jahrzehntealte Tradition.

Polizeibeamte erwidern das Feuer

Der Täter verwundet den 51-jährigen Abgeordneten Steve Scalise sowie weitere Personen, die in benachbarten Krankenhäusern medizinisch behandelt werden. Fast wäre es zu einem Massaker gekommen. Doch Scalise steht als "House Majority Whip" - eine Art Geschäftsführer unter den republikanischen Kongressabgeordneten - neben den Leibwächtern Polizeischutz zu. Zwei Beamte am Rand des Spielfeldes erwidern das Feuer. Sie werden dabei selbst verletzt.

Inzwischen ist der Täter seinen Verletzungen erlegen, das verkündete US-Präsident Donald Trump in einer Stellungnahme. Trump lobte ausdrücklich den Einsatz der Sicherheitskräfte.

USA PK Donald Trump nach Schießerei in Alexandria, Virginia
Lob für die Sicherheitskräfte: US-Präsident Donald Trump nach dem Angriff auf seine Parteikollegen in AlexandriaBild: Reuters/K. Lamarque

Der Politiker Steve Scalise wurde an der Hüfte getroffen und schleppte sich schwer verletzt in Sicherheit. Nach dem Ende der etwa 10-minütigen Schießerei wurde er zunächst von anderen Abgeordneten und schließlich vom Notarzt behandelt. Er musste operiert werden und nach dem Eingriff nannten die Ärzte seinen Zustand kritisch. Die Polizisten wurden nicht lebensgefährlich verletzt.

Suche nach dem Motiv des Täters

Inzwischen hat das FBI die Ermittlungen übernommen. Sie konzentrieren sich auf zwei Fragen: Woher hat der Täter die Waffe und was war sein Motiv? Offenbar war James T. H. ein glühender Verehrer und freiwilliger Wahlkampfhelfer des amerikanischen Senators Bernie Sanders.

H. schien die derzeit regierenden Republikaner und US-Präsident Donald Trump geradezu zu hassen. Entsprechende Hinweise finden sich in den sozialen Medien. Bernie Sanders hat sich wenige Stunden nach der Tat von dem Schützen distanziert: Gewalt sei nie ein Mittel der gesellschaftlichen Auseinandersetzung, heißt es in einer Stellungnahme des Senators.

Kurz nach der Schießerei haben Sicherheitskräfte den Tatort großräumig abgeriegelt. Beamte befragten Zeugen und werteten Videomitschnitte von Sicherheitskameras aus.

USA Schüsse auf Kongressabgeordnete in Alexandria, Virginia
Noch herrscht Unklarheit über die Motive des Schützen in Alexandria. Ermittler befragen die Zeugen der TatBild: Getty Images/A. Wong

"Es hätte mich treffen können", sagt Kathrine Rand der Deutschen Welle. Sie lebt nur wenige Hundert Meter vom Sportplatz entfernt und trainiert im YMCA-Fitness-Studio gleich neben dem Baseball-Spielfeld, wo sich die Schießerei ereignete. Heute habe sie wegen ihrer neuen Katze zu Hause bleiben müssen: "Ich habe einfach nur Glück gehabt."

Sollte es strengere Waffengesetze geben? Brian Wood ist dagegen. Er lebt ebenfalls in einem der modernen Apartment-Häuser in der Nachbarschaft und ist überzeugter Republikaner. Wie seine Frau arbeitet er für das Pentagon, das nur wenige Autominuten entfernt ist. Heute hat er einen freien Tag - und blieb deshalb zu Hause. Doch auch er gibt zu: Im US-Bundesstaat Virginia ist es sehr leicht, Waffen zu erwerben.

Die USA, eine Mischung aus "Glauben, Apfelkuchen und dem Besitz einer Waffe"

"Zu leicht", sagt der 44 Jahre alte Mark Cattell der DW. Auch er lebt nur wenige Viertel von dem Baseball-Spielfeld entfernt. "Auf Waffenmessen kann sich fast jeder halbautomatische Waffen kaufen", beklagt er. Da er im Süden der USA aufgewachsen sei, könne er aber gut nachvollziehen, dass vielen Amerikanern der Waffenbesitz wichtig sei. "Das ist ein Teil ihrer Identität", erklärt er. Für viele seien die USA eine Mischung aus "Glauben, Apfelkuchen und dem Besitz einer Waffe".

Das US-Abgeordnetenhaus setzte alle für Mittwoch geplanten Abstimmungen aus. Die demokratische Politikerin Gabrielle Giffords, die 2011 als Abgeordnete bei einem Attentat schwer verwundet wurde, reagierte unmittelbar auf die Schüsse von Virginia. Sie schrieb auf Twitter, sie fühle mit ihren früheren Kollegen, deren Familien und Mitarbeitern sowie der Polizei. Sie seien Helden. Giffords wurde im Januar 2011 in den Kopf geschossen. Damals starben sechs Menschen.