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Schüsse bei Angriff auf Militärbasis

23. März 2014

Rigoros übernehmen russische Milizen die Militäreinrichtungen auf der Krim. Auch eines der letzten ukrainischen Marineschiffe wurde gestürmt. Die Lage ist explosiv. Bundesaußenminister Steinmeier ruft zum Dialog auf.

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Russische Soldaten übernehmen die Militärbasis Belbek auf der Krim (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Krim: Russland übernimmt militärische Kontrolle

"Ich glaube, es ist keine gute Idee, dass jetzt abschnittsweise Mannschaften entwaffnet werden oder technische Einheiten übernommen werden oder außer Funktion gesetzt werden", sagte Frank-Walter Steinmeier während eines Besuchs im ostukrainischen Donezk. Russland und die Ukraine müssten ihren künftigen Umgang miteinander klären. Der deutsche Außenminister warf Moskau vor, eine "Spaltung Europas" zu betreiben, und drohte mit schärferen Sanktionen, "sollte Russland über die Krim hinausgreifen". Zugleich mahnte er in der Zeitung "Welt am Sonntag" zu Vorsicht: Europa müsse seine Politik gegenüber Russland so gestalten, "dass es nicht zu gefährlichen Automatismen kommt".

Auch die USA haben beide Seiten zu Gesprächen über die Sicherheit ukrainischer Soldaten auf der Krim aufgefordert. "Berichte über anhaltende Übergriffe gegen ukrainisches Militärpersonal und Einrichtungen zeigen, wie gefährlich die von Russland geschaffene Situation ist", sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates, Laura Lucas Magnuson, in Washington. Die Lage widerspreche auch klar der Behauptung von Kremlchef Wladimir Putin, Russlands militärische Intervention auf der Krim habe in diesem Teil der Ukraine mehr Sicherheit gebracht.

Russland verdrängt ukrainisches Militär

Am Samstag waren russische Soldaten mit Gewalt in den ukrainischen Luftwaffenstützpunkt Belbek eingedrungen. Gepanzerte Fahrzeuge durchbrachen die Mauern am Fliegerhorst, es wurden Schüsse und Granaten abgefeuert. Bei der Erstürmung des Fliegerhorstes gab es nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums zwei Verletzte, einen Journalisten und einen ukrainischen Soldaten. Der Kommandant der Basis, Julij Mamtschur, sagte der Nachrichtenagentur Reuters, er werde "zu Gesprächen" abgeführt.

Damit verlor die Ukraine an einem Tag die Kontrolle über zwei Stützpunkte auf der Halbinsel, die inzwischen in die russische Föderation aufgenommen wurde: Ein ukrainischer Militärsprecher meldete auf Facebook, die Marinebasis Nowofederowka sei geräumt worden. Am Abend stürmten zudem prorussische Milizen eines der letzten ukrainischen Marineschiffe auf der Krim: "Informanten in Simferopol geben an, dass Milizionäre und russische Spezialkräfte die Slawutitsch unter ihre Kontrolle gebracht haben", schrieb ein Sprecher des Kiewer Verteidigungsministeriums auf seiner Facebook-Seite.

Das Schiff war seit Tagen von der russischen Marine im Krim-Hafen von Sewastopol blockiert worden. Die Korvette hatte sich vom Dock entfernt, um einer Erstürmung zu entkommen. Dadurch war die Slawutitsch jedoch isoliert und auf sich allein gestellt. Somit steht der Großteil aller Militäreinrichtungen auf der Krim sowie die ukrainische Flotte samt dem einzigen ukrainischen U-Boot unter russischem Kommando.

Der Westen will Russland stärker isolieren

Die Krim-Krise zeigt nach Ansicht der US-Regierung, wie notwendig das geplante Handelsabkommen mit der Europäischen Union ist. "Die jüngsten Entwicklungen unterstreichen nur die Bedeutung der transatlantischen Beziehungen", sagte US-Handelsvertreter Michael Froman. "Aus strategischer und auch wirtschaftlicher Sicht könnte das Argument für TTIP nicht stärker sein." TTIP ist die Abkürzung für eine transatlantische Freihandelszone. Die Verhandlungen darüber wurden vor acht Monaten aufgenommen, leiden aber insbesondere unter der NSA-Affäre.

Die Londoner Regierung möchte Moskau von allen Rüstungslieferungen aus dem Westen abschneiden. Angesichts der "empörenden Annexion" der Krim sei ein neuer Umgang mit Russland erforderlich, schreibt der britische Außenminister William Hague in der Zeitung "Telegraph". "Dies würde bedeuten, dass Russland nicht mehr Teil einiger internationaler Organisationen ist, mit dauerhaften Einschränkungen der militärische Kooperation und Waffenverkäufen konfrontiert wird sowie weniger Einfluss auf das übrige Europa hat."

Bundesaußenminister Steinmeier hatte in der ukrainischen Hauptstadt mit Ministerpräsident Arseni Jazenjuk auch über deutsche Unterstützung bei der Modernisierung der ukrainischen Streitkräfte gesprochen. Über das weitere Vorgehen dürfte der Westen am Rande des Nuklearen Sicherheitsgipfels beraten, der am Montag in Den Haag beginnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte in ihrem wöchentlichen Podcast, es müsse darüber gesprochen werden, wie die territoriale Integrität der Ukraine gesichert werden könne. Russland wird bei dem Gipfel von Außenminister Sergej Lawrow vertreten. Es wird sein erstes Treffen mit Vertretern des Westens sein, seitdem die Krim in die russische Föderation aufgenommen wurde.

rb/gri (afp, ape, dpa, rtr)