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Scharon bewegt auch linke Körperhälfte

10. Januar 2006

Ariel Scharon kann wieder beide Körperhälften bewegen. Es hatte zunächst Befürchtungen gegeben, der israelische Ministerpräsident könnte halbseitig gelähmt sein.

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Orthodoxe Juden beten an der KlagemauerBild: AP

Der schwer kranke israelische Regierungschef Ariel Scharon hat sein linkes Bein und seinen linken Arm leicht bewegt. Der 77-Jährige habe auf Schmerzreize reagiert, die die Ärzte ihm versetzten, meldete am Dienstag (10.1.2006) der israelische Militärrundfunk. Die Internet-Ausgabe der israelischen Tageszeitung "Jediot Ahronot" berichtete, auch die bereits am Montag beobachteten Regungen der rechten Körperhälfte Scharons seien "stärker" gewesen. Außerdem könne der Ministerpräsident immer selbstständiger atmen.

Die Ärzte hatten am Montag begonnen, Scharon langsam aus dem künstlichen Koma zu holen. Da er nur seinen rechten Arm und sein rechtes Bein bewegte, sahen Beobachter das als Hinweis auf eine mögliche halbseitige Lähmung. Scharons rechte Gehirnhälfte, die für die Kontrolle der linken Körperhälfte zuständig ist, ist von dem schweren Schlaganfall den Ärzten zufolge stärker betroffen. Scharon war in der vergangenen Woche nach seinem Schlaganfall drei Mal notoperiert worden.

Mozart zum Erwachen

Laut Klinikdirektor Schlomo Mor-Josef wird die Aufhebung der Narkose mehrere Tage dauern. Anschließend wollen die Mediziner dann Klarheit über das Ausmaß der Hirnschäden nach Scharons Schlaganfall in der vergangenen Woche haben. "Der Ministerpräsident ist aber noch immer in einem kritischen Zustand", sagte Mor-Josef. Seit Mittwoch (5.1.) hatten die Mediziner mit drei Notoperationen um das Leben ihres Patienten gekämpft.

Zeitungsbericht zufolge wird Scharon zum Aufwachen aus dem Koma Musik seines Lieblingskomponisten Mozart vorgespielt. Die Scharon-Söhne Omri und Gilad hätten mit Zustimmung der Ärzte im Krankenzimmer ihres Vaters ein kleines Abspielgerät aufgestellt. Dieses spiele in einer Endlosschleife leise die Werke des österreichischen Musikgenies.

Staatsanwalt entscheidet über Regierungsfähigkeit

Sobald absehbar ist, wie stark die Hirn-Blutungen Scharon beeinträchtigt haben, informieren die Ärzte Generalstaatsanwalt Meni Masus. Dieser entscheidet dann, ob der Regierungschef seine Amtsgeschäfte wieder aufnehmen kann. Sollte Masus Scharon eine dauernde Amtsunfähigkeit bescheinigen, muss das Kabinett innerhalb von 24 Stunden einen Übergangsministerpräsidenten bestimmen. Dass der Regierungschef in sein Amt zurückkehren könnte, schloss Jose Cohen, einer seiner Chirurgen, bereits am Sonntag aus. Scharons Überlebenschancen seien hoch, aber sein Denkvermögen werde beeinträchtigt sein.

Israel Ehud Olmert neben Stuhl von Scharon
Ehud Olmert während einer Kabinetssitzung - daneben Scharons SesselBild: AP

Ein neuer Ministerpräsident müsste nach Angaben des Justizministeriums aus dem Kreise von fünf Ministern aus Scharons Kadima-Partei gewählt werden, die zugleich über ein Abgeordnetenmandat verfügen. Favorit wäre Vizeregierungschef Ehud Olmert, der derzeit die Geschäfte führt. Er bliebe bis zur Parlamentswahl am 28. März im Amt. Eine Entscheidung über die Regierungsfähigkeit Scharons ist nach Angaben eines Justizsprechers aber nicht dringend: Olmert kann zunächst 100 Tage lang amtierender Regierungschef bleiben. Olmert hat versichert, die politische Linie Scharons fortzuführen.

Wahlen in Israel und in den Palästinensergebieten

Einer neuen Umfrage zufolge hat die Kadima-Partei leicht an Zuspruch verloren, liegt aber immer noch in Führung. Nach der Befragung für das zweite israelische Privatfernsehen würde Kadima unter Olmert 37 von 120 Sitzen im Parlament erringen. Die Arbeitspartei käme auf 20 Mandate, der Likud auf 17.

Ob die israelische Regierung den palästinensischen Einwohnern im von Israel 1967 besetzten und später annektierten Ost-Jerusalem die Beteiligung an den für den 25. Januar geplanten Parlamentswahlen gestattet, blieb zunächst weiter offen. Der Minister für die innere Sicherheit, Gideon Esra, bestätigte aber, dass Kandidaten dort nach vorheriger Anmeldung bei der Polizei "unter Bedingungen" Wahlkampf betreiben könnten. Die radikalislamische Hamas werde jedoch keine Genehmigung bekommen. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hat gedroht, die Wahl komplett abzusagen, sollte der Urnengang in Ost-Jerusalem nicht stattfinden können. (wga/stu)