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Schatten über der Regenbogennation

Theresa Krinninger, Mark Caldwell 21. April 2015

Die Regierungen von Malawi und Simbabwe holen hunderte ihrer Staatsbürger in Bussen aus Südafrika zurück in die Heimat. Derweil soll die südafrikanische Armee in den Brennpunkten für Ordnung sorgen.

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Flüchtlinge in Südafrika Foto: MARCO LONGARI/AFP/Getty Images
Bild: AFP/Getty Images/M. Longari

Die Gewalt geht weiter. Am Montagabend (20.04.2015) wurde in Alexandra, einem Township von Johannesburg, ein Paar aus Simbabwe angeschossen. Am Samstag war dort ein Mosambikaner getötet worden. Nun soll die Armee der Polizei helfen, die Gewalt in Alexandra und anderen Teilen der Provinz KwaZulu-Natal unter Kontrolle zu bringen.

Die Regierung Simbabwes will rund 400 ihrer Staatsbürger in Bussen heimholen. Bereits am Montag brachte die malawische Regierung 390 ihrer Landsleute in angemieteten Bussen zurück in die Heimat. In den Städten Blantyre und Lilongwe werden die Ankömmlinge in Aufnahmestationen versorgt. Der malawischen Sozialbehörde zufolge müssen sich die Heimkehrer zuerst bei der Sozial- und Einwanderungsbehörde registrieren, bevor sie zu ihren Zielorten weiterreisen dürfen. Denn die Rückkehrer hätten "alles verloren, einschließlich ihrer Ausweisdokumente", sagte der malawische Minister für Information, Tourismus und Kultur, Kondwani Nankhuma.

Neue Gewalt - altes Problem

Mindestens sieben Menschen wurden vergangene Woche in einer fremdenfeindlichen Gewaltwelle in der südafrikanischen Stadt Durban getötet, mehr als 5000 Einwanderer wurden vertrieben. Die Ausschreitungen breiteten sich auch auf andere Kleinstädte und bis nach Johannesburg aus. Bislang nahm die Polizei 307 Personen fest, die für die Gewalt verantwortlich sein sollen. Die jüngsten Ausschreitungen gegen Ausländer sind die schlimmsten seit 2008, als 62 Menschen bei fremdenfeindlichen Angriffen hauptsächlich in Johannesburgs ärmeren Bezirken getötet wurden.

Ein afrikanischer Immigrant rennt weg, als ein Polizist eine Gruppe von Männern vertreibt Foto: REUTERS/Siphiwe Sibeko
Afrikanische Migranten müssen in Südafrika vielerorts um ihr Leben rennenBild: Reuters/S. Sibeko

Südafrika konnte die Grundversorgung seiner Bürger seit dem Ende des Apartheidregimes im Jahr 1994 maßgeblich verbessern. Dennoch leben Millionen Menschen der schwarzen Mehrheit in Elendsvierteln. Das Land zählt 50 Millionen Einwohner, jeder zehnte von ihnen ist Immigrant. Die meisten Zuwanderer stammen aus den afrikanischen Nachbarländern.

Jeder vierte Südafrikaner im arbeitsfähigen Alter hat keinen Job, die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei 60 Prozent. Viele Südafrikaner machen Immigranten aus Ländern wie Simbabwe, Malawi oder Mosambik für die hohe Arbeitslosigkeit und das schleppende Wirtschaftswachstum verantwortlich.

Gekommen, um (nicht) zu bleiben

Die Einwanderer kamen mit dem Ziel, sich im wirtschaftsstarken Südafrika ein besseres Leben aufzubauen. Dem südafrikanische Politikberater Ralph Mathekga zufolge würden nun insbesondere jene Ausländer angegriffen werden, die erfolgreiche Geschäfte führten und gut in die Gesellschaft integriert seien.

Hunderte Menschen aus Malawi und Simbabwe kehren in ihre Heimat zurück Foto: REUTERS/Rogan Ward
Hunderte Menschen aus Malawi und Simbabwe kehren in ihre Heimat zurückBild: Reuters/R. Ward

Ein Migrant aus Simbabwe schilderte der Nachrichtenagentur Reuters in einem überfüllten Auffanglager am Stadtrand von Johannesburg, er sei aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage in Simbabwe nach Südafrika gekommen. "Es gibt dort keine Jobs, es ist schwer, genug zu Essen zu bekommen", sagt er. "Wenn ich zurück nach Simbabwe gehe, werde ich verhungern."

Fragwürdige Botschaft

Der Zulu-König Goodwill Zwelithini hat die Verantwortung für die jüngsten fremdenfeindlichen Angriffe zurückgewiesen. Die tödlichen Unruhen seien nicht auf seine Äußerungen zu Ausländern zurückzuführen, erklärte er am Montag. Wenn er tatsächlich zu einem Kampf aufgerufen hätte, dann würde jetzt Krieg herrschen, sagte Zwelithini in einer Rede vor mehreren tausend Menschen in Durban.

Der einflussreiche Monarch wird beschuldigt, die Aggressionen provoziert zu haben, als er in einer Rede Mitte März Ausländer aufforderte, "ihre Sachen zu packen und nach Hause zu gehen." Seine Verteidiger behaupten, die Bemerkung sei aus dem Zusammenhang gerissen, da Zwelithini sich damit angeblich nur an illegale Einwanderer gerichtet habe. Bei einem Treffen gegen Ausländerhass am Montag in Durban beschuldigte Zwelithini Journalisten, seine Äußerungen manipuliert zu haben.

Afrika reagiert

Dem englischen Nachrichtensender BBC zufolge fühlen sich viele afrikanische Nationen angesichts der Angriffe gekränkt. Sambias größter Radiosender Q FM hat auf seiner Facebook-Seite angekündigt, aus Protest keine südafrikanische Musik zu spielen. In Mosambik haben Demonstranten eine Straße nahe der Grenze zu Südafrika blockiert und Autos mit südafrikanischem Nummernschild angehalten und mit Steinen beworfen.

In Malawi rief der Leiter des Verbraucherverbands CAMA, John Kapito, dazu auf, südafrikanische Waren und Dienstleistungen zu boykottieren. In Simbabwe musste die Polizei aufgebrachte Demonstranten davon abhalten, in die südafrikanische Botschaft in der Hauptstadt Harare einzudringen. Und in Nigeria wollten Abgeordnete den nigerianischen Botschafter in Südafrika nach Nigeria bitten, um über die Gewaltausbrüche zu beraten. Sie beantragten auch, die diplomatischen Beziehungen mit Südafrika zu beenden, was jedoch abgelehnt wurde.

Ein Mosambikaner wird in Südafrika zusammengeschlagen Foto: REUTERS/James Oatway/Sunday Times
Dieser Mosambikaner überlebte den Angriff nichtBild: REUTERS/James Oatway/Sunday Times

Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma verschob wegen der Krise eine geplante Reise nach Indonesien und appellierte an alle Südafrikaner, von weiterer Gewalt abzusehen. Und der südafrikanische Nobelpreisträger und Erzbischof Desmond Tutu konstatierte: "Unsere Regenbogennation, die der Welt so viel Hoffnung gab, ist zu einem schmutzigen Schatten seiner selbst geworden."