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Wahl ohne Überraschungen

9. Oktober 2008

In der russischen Kaukasus-Republik Tschetschenien wird am 12. Oktober vorzeitig ein neues Parlament gewählt. Die Regierung sieht in der Wahl ein Zeichen von Stabilität, mit Überraschungen rechnet indes niemand.

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Unter Präsident Ramsan Kadyrow ist kein Kurswechsel zu erwartenBild: AP

Auf den ersten Blick sieht tatsächlich alles nach einer gewissen Stabilität aus in Tschetschenien: Der Wiederaufbau läuft, die regelmäßigen Meldungen über Zusammenstöße mit russischen Truppen und Anschläge sind weniger geworden, auch der Menschenrechtskommissar des Europarats, Thomas Hammarberg, bescheinigt Fortschritte.

Aber andere Meldungen trüben das Bild: Da beträgt die Wahlbeteiligung beim Verfassungsreferendum im vergangenen Dezember angeblich 99 Prozent. Ein prominenter Gegner des tschetschenischen Präsidenten wird in Moskau auf offener Straße erschossen. Und eine bekannte Einkaufsstraße in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny wird umbenannt in Putin-Prospekt – zu Ehren des Mannes, der heute russischer Ministerpräsident ist und unter dessen Befehl 1999 der zweite Krieg in Tschetschenien begann.

Klare Mehrheiten

Wladimir Putin und das ferne Moskau sind schon lange kein Feindbild mehr in Tschetschenien – zumindest nicht, seit der pro-russische Präsident Ramsan Kadyrow im Amt ist. Er betont immer wieder, wie viel das tschetschenische Volk Russland im Allgemeinen und dem ehemaligen Präsidenten Putin im Speziellen zu verdanken hat.

Solange Ramsan Kadyrow Präsident ist, erwartet niemand einen politischen Kurswechsel in Tschetschnien. Auch nicht bei den jetzt stattfindenden Wahlen. Schon heute hält die Putin-Partei "Einiges Russland" fast sechzig Prozent der Sitze im tschetschenischen Parlament. Kaum jemand rechnet damit, dass sich etwas an dieser Mehrheit ändern könnte – im Gegenteil.

Ein-Kammer-Parlament mit weniger Abgeordneten

Neben "Einiges Russland" – der Partei, die auch im gesamtrussischen Parlament, der Duma, die absolute Mehrheit hat - treten noch sechs weitere Parteien an, denen allerdings niemand große Chancen einräumt. Neu ist, dass die Abgeordneten ausschließlich nach Parteilisten gewählt werden. Die Zahl der Kammern wird von zwei auf eine reduziert, statt bisher 61 Abgeordnete wird es nur noch 41 geben.

Die vorzeitigen Parlamentswahlen in Tschetschenien waren notwendig geworden, weil sich das bestehende Parlament im Juni dieses Jahres selbst aufgelöst hatte. Die letzten Wahlen in Tschetschenien fanden 2005 statt – sie wurden damals von Menschenrechtlern und Beobachtern als "Farce" bezeichnet.

Wie schon 2005 werden auch diese Wahlen von zahlreichen Sicherheitskräften geschützt. Internationale Beobachter von OSZE oder Europarat werden nicht vor Ort sein.

Für Moskau bedeutet die Wahl in Tschetschenien offiziell nichts Besonderes: Außer in der Kaukasus-Republik wird am Wochenende in vier weiteren russischen Regionen gewählt.

Britta Kleymann