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Schicksal der deutschen Geisel offen

30. November 2005

Fünf Tage nach ihrer Entführung im Irak ist das Schicksal von Susanne Osthoff weiter offen. Die Bundesregierung verweigert sich den Forderungen der Geiselnehmer, bemüht sich aber weiter um Aufklärung.

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Als Archäologin und Helferin im Irak: Susanne OsthoffBild: dpa

Am Mittwochmorgen (30.11.2005) ist in Berlin erneut der Krisenstab unter Leitung von Staatssekretär Klaus Scharioth zu Beratungen zusammengekommen. Man sei weiter in Kontakt mit "allen relevanten Stellen" im Irak. Es gebe intensive Bemühungen um Aufklärung vor Ort.

Bisher unbekannte Geiselnehmer hatten die Archäologin aus Bayern und ihren irakischen Fahrer bereits am Freitag verschleppt. In einem am Montagabend der ARD in Bagdad übermittelten Videoband hatten die Täter ein Ultimatum gestellt und Deutschland aufgefordert, die Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung einzustellen. Ansonsten würden die Geiseln getötet.

Politisch motivierte Entführung

Osthoff ist die erste Deutsche, die seit dem Sturz von Saddam Hussein vor zweieinhalb Jahren im Irak entführt wurde. Nach Angaben eines hochrangigen Sicherheitsbeamten spricht einiges für eine politisch motivierte Entführung, berichtete die "Berliner Zeitung". Dafür sprächen die politischen Forderungen, die weit detaillierter seien als bislang in der Öffentlichkeit bekannt. Die Behörden seien nach Angaben des Sicherheitsbeamten auch zu dem Schluss gekommen, dass die Entführung der Archäologin nicht kurzfristig entschieden, sondern gründlich vorbereitet worden sei.

Politiker der Großen Koalition unterstützten den Kurs von Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der die Forderung nach einer Beendigung der Zusammenarbeit mit der irakischen Regierung zurückgewiesen hatte. "Deutschland darf sich nicht erpressen lassen", erklärte Unions-Fraktionschef Volker Kauder.

Osthoff hatte Drohungen erhalten

Nach Informationen der ARD hat Osthoff persönliche Drohungen der Extremistengruppe El Kaida von Abu Mussab al-Sarkawi erhalten. Darin soll sie aufgefordert worden sein, ihre Aktivitäten in und um die Stadt Mossul einzustellen. Schon im Sommer war sie von US-Spezialeinheiten aus dem Gebiet herausgeholt worden. Auch sei Osthoff mehrfach von der deutschen Botschaft gewarnt worden.

Nach Ansicht des stellvertretenden Leiters des Instituts für Terrorismusforschung in Essen, Kai Hirschmann, besteht ein Zusammenhang zwischen der Entführung und dem Regierungswechsel in Berlin. "Der Zeitpunkt der Entführung ist kein Zufall", sagte er dem "Münchner Merkur".

Entführung als Warnung an Berlin

Die Terroristen wollten eine Warnung an Berlin senden: "Arbeitet nicht mit den Amerikanern und der neuen Regierung in Bagdad zusammen - das ist ihre Botschaft", sagte Hirschmann. Die Tat deute auf die Gruppe um El-Kaida-Terrorist al-Sarkawi hin. "Er hat der so genannten Kreuzfahrer-Allianz, also den Amerikanern und ihren Verbündeten, den Kampf angesagt", sagte Hirschmann.

Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt eine Erklärung zur Geiselnahme der deutschen Archäologin Susanne Osthoff im Irak im Bundeskanzleramt in Berlin
Im Bundeskanzleramt fordert Angela Merkel die Freigabe der GeiselnBild: AP

Die rot-grüne Bundesregierung unter Kanzler Gerhard Schröder hatte das militärische Vorgehen der USA gegen Irak abgelehnt, Merkel hatte es als damalige Oppositionsführerin unterstützt. Deutschland ist nicht bereit, Soldaten im Irak zu stationieren, unterstützt aber die Ausbildung irakischer Polizisten außerhalb ihres Heimatlandes.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatten am Dienstag die sofortige Freilassung Osthoffs gefordert. Steinmeier sagte in Washington nach einem Gespräch mit US-Außenministerin Condoleezza Rice, man werde auf das Wissen und die geografische Kenntnis der US-Behörden zurückgreifen. (daw)