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Schlösser preiswert abzugeben

21. Februar 2005

Frankreich will 178 historische Monumente und Denkmäler privatisieren. Doch ausgerechnet in dem Land, wo Schlossbesitzer hohes Ansehen genießen, will sie keiner haben. Es fehlt an Geld und Perspektive.

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Haut-Koenigsbourg im ElsassBild: dpa


Das Kloster von Montmajour mit seinem mächtigen Donjon aus dem 14. Jahrhundert unweit der südfranzösischen Stadt Arles ist schon von weitem zu sehen - und eine Berühmtheit. Viele Male wurde es von Van Gogh gemalt. Dennoch bringt es kein Geld ein: Im Jahr 2002 stand es mit einem Defizit von 46.000 Euro in der Kreide, im Jahr 2003 waren es bereits 131.000 Euro. Ein Zuschussgeschäft, das der französische Staat gerne loswäre.

Frankreich Elsass Landschaft
Blick vom Grand Ried über ein Rapsfeld auf die Haut-KoenigsbourgBild: dpa

Frankreich versucht derzeit, im Rahmen seiner Dezentralisierungspolitik Teile des nationalen Kulturerbes in die Verwaltungshoheit der Regionen, Departements und Gemeinden abzutreten. Kostenlos. Aber: "Dieses Gesetz wurde ohne Absprache mit den betroffenen Körperschaften erlassen", erklärte die Vereinigung der Regionen Frankreichs. Denn die Angst geht um vor den hohen Unterhalts- und Restaurierungskosten. "Das ist ein vergiftetes Geschenk", sagen viele Lokalpolitiker. Keiner weiß, ob der Staat bei der Renovierung der Gebäude finanziell helfen wird.

Unklare Zukunft

Im Dezentralisierungsgesetz von 2004 steht zwar, dass die Restaurierung "vom Staat subventioniert werden könnte". Den meisten missfällt der Konjunktiv. Das gilt zum Beispiel auch für die Villa Cavrois in der Nähe der nordfranzösischen Industriestadt Roubaix. Die 1932 von dem Architekten Robert Mallet-Stevens erbaute Villa ist völlig zerfallen und wird gerade vom Staat renoviert. "Wir haben nicht die nötigen Mittel dazu, um die Villa zu übernehmen", ließ die Gemeinde von Croix wissen.

Insgesamt befinden sich 400 historische Monumente im Besitz des französischen Staates. "Der Staat will uns alle Monumente unterschieben, die er nicht mehr will", klagt Michel Vauzelle, Präsident der Region Provence-Alpes-Côte-d'Azur. Vor zwei Jahren war er noch völlig begeistert von der Idee, die Schlösser und Kirchen zum Eigentum der Regionalverwaltungen zu machen. Inzwischen sieht er die Sachlage komplett anders. "Dieses Gesetz führt zum Zerfall eines bedeutenden Teils unserer Kulturlandschaft."

Wenige Erfolge …

Schloss Haut-Koenigsbourg im Elsass ist eines der wenigen Gebäude, das bereits einen "Käufer" gefunden hat und das eine Erfolgsgeschichte vorweisen kann: Es wurde vollständig restauriert und lockt jährlich 500.000 Besucher an. "Der Erwerb ist Teil unserer Politik zu Gunsten der Schlösser und Ruinen der Vogesen. Wir wollen aus Schloss Haut-Koenigsbourg unsere Lokomotive machen", sagt Philippe Richert, der Präsident des Regionalrates für den Niederrhein. Er hat gut reden: Schloss Haut-Koenigsbourg ist rentabel - etwas, das nur wenige der historischen Gemäuer von sich sagen können.

… viele Probleme

Auf der Liste der "historischen Monumente zum Verkauf" stehen unter anderem auch die Abtei von Silvacane, der Palast Jacques Coeur in Bourges und das Schloss von Chaumont-sur-Loire. Im Jahr 2000 hat die UNESCO das Loire-Tal zwischen Sully und Chalonnes zum Weltkulturerbe erklärt - um die Einzigartigkeit von Naturraum und Kulturlandschaft zu erhalten. Tagesausflugmassentourismus ist hier unangebracht. Besonders schön sind die kleinen Schlösser, die zum Teil noch in Privatbesitz sind. Die Eigentümer wissen aus leidvoller Erfahrung, was es heißt, das Anwesen zu erhalten: Das Château de Villesavin zum Beispiel hat 20.000 Gäste pro Jahr. Zu wenig, um das Geld für die Restaurierung zusammenzubekommen. (arn)