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Schlaflos in Nizza

Gerda Meuer30. April 2013

Gerda Meuer hat die letzte Etappe der EU-Osterweiterung als DW-Korrespondentin in Brüssel begleitet - eine zermürbende Zeit für Politiker und Journalisten.

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Porträt Gerda Meuer - Foto: DW
Gerda Meuer

Der EU-Gipfel in Nizza war nicht nur mein erstes Großereignis als neue Brüsseler Korrespondentin der DW sondern sollte gleich als der längste und vermutlich auch schwierigste Gipfel in der Geschichte der EU-Osterweiterung eingehen.

Wenn ich an die Tage an der Côte d'Azur zurückdenke, dann erinnere ich vor allem den permanenten Schlafmangel. Hinter verschlossenen Türen wurde tage- und nächtelang gestritten wie auf dem sprichwörtlichen Basar. Dabei ging es im Prinzip nur um eine Frage: Wie verteilt sich die Macht in einer EU neu, die statt 15 nahezu doppelt so viele Mitgliedsstaaten hat?

Zähes Ringen um die Macht

Uns Journalisten steckten die langen Nächte und Tage des Wartens in den Knochen, als Joschka Fischer, nach mehrmaliger Verlängerung des Gipfels, endlich nachts um halb vier mit tiefen Ringen unter den Augen kam, um uns das Verhandlungsergebnis mitzuteilen. Seine Ankunft riss mich aus tiefem Schlaf. Zu verlockend war die weich gepolsterte Bestuhlung in dem Auditorium gewesen, das der deutschen Delegation als Presseraum in den unwirtlichen Messehallen von Nizza zur Verfügung stand.

Abgeordnete stimmen im Europäischen Parlament in Straßburg ab. - Foto: Christophe Karaba/epa/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Heftig umstritten: Wer erhält wie viele Stimmen in der vergrößerten EU?Bild: picture-alliance/dpa

Es kostete einige Mühe, mich auf die Verhandlungsdetails zu konzentrieren, bei denen uns der damalige Außenminister in den frühen Morgenstunden zu Mitwissern machte. Ich kann mich nicht erinnern, wie lange wir in dem an einen Kinosaal erinnernden Raum zusammen saßen. Jedenfalls hatte Joschka Fischer keinen Durchbruch in dem Machtgerangel um Stimmengewichtung im Ministerrat und die Anzahl der Kommissare pro Land zu verkünden. Die meisten aus dem Journalistentross wollten ohnehin nur noch eines: ihre Berichte, Beiträge und Stücke absetzen und dann zurück ins Hotel um zu schlafen.

Übermüdet und ausgehungert

Als ich dann irgendwann am Vormittag ins Hotel kam, sollte aber genau das nicht möglich sein - ich musste nämlich ausziehen. Denn die Zimmer waren schon neu vermietet!

So fand ich mich dann später mit anderen Leidensgenossen in einem Restaurant an der Promenade des Anglais ganz in der Nähe des berühmten Hotels Negresco wieder. Die Sonne schien, es war Mitte Dezember, wir saßen draußen. Und ich habe dort in Frankreich die - gefühlt - besten Spaghetti meines Lebens gegessen. Denn auch das Essen war - für Frankreich-Aufenthalte ganz ungewöhnlich - in den letzten Tagen zu kurz gekommen.

Die Flaggen der 25 Mitgliedsländer der Europäischen Union wehen am 10.06.2004 vor dem Europa-Parlament in Straßburg im Wind. - Foto: Rolf Haid dpa
Wenn Kroatien am 1. Juli 2013 beitritt, wehen 28 Flaggen vor den EU-InstitutionenBild: Picture-alliance/dpa

Der Grund: Die französische Ratspräsidentschaft, die unter den Konferenzteilnehmern berühmt war für ihre Gastfreundschaft und ihr grandioses Essen, hatte logistisch nur mit der ursprünglich geplanten Zahl der Gipfeltage kalkuliert. Und so war den Gastgebern zum Schluss schlicht das Essen ausgegangen.