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Marianne Rosenberg ist 60

Rick Fulker10. März 2015

Mit 50 Singles und über 20 Alben ist sie eine der erfolgreichsten Frauen im deutschen Musikgeschäft. Dabei hat die Schlager-Queen in ihrer mehr als 40-jährigen Karriere auch mit Experimenten verblüfft.

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Deutschland Marianne Marianne Rosenberg im Januar 2005 bei der Fernsehshow "Wetten Dass" (Foto: Getty Images/C. Koall)
Bild: Getty Images/C. Koall

Ihre Schlager der 1970er Jahre wie "Er gehört zu mir" und "Marleen" werden immer noch auf Partys gespielt. Ihre Lieder kennt man halt. Dennoch ist die Schlagerkönigin immer mit dem Zeitgeist gegangen, hat sich in der Neuen Deutschen Welle, im Punk, Techno, Jazz und Chanson versucht.

Privates und Öffentliches

Marianne Rosenberg stammt von Sinti ab und wurde am 10. März 1955 als drittes von sieben Kindern in Berlin geboren. Ihr Vater Otto Rosenberg hatte als einziges Familienmitglied Auschwitz überlebt.

Marianne Rosenberg Anfang der 70er Jahre (Foto: picture-alliance/KPA)
Anfang der 70er JahreBild: picture-alliance/KPA

In der Öffentlichkeit schwieg man über die Vergangenheit, zu Hause war das Thema jedoch stets präsent: "Meine Eltern hatten immer Angst um uns", sagte Marianne Rosenberg 2006. "Wir mussten immer direkt nach Hause kommen und durften uns nicht mit Freunden verabreden."

Bereits mit sechs Jahren wollte Marianne Sängerin werden. Mit 15 wurde sie bei einem Nachwuchswettbewerb entdeckt. Ihre erste Single, "Mr. Paul McCartney", erschien 1969, wurde ein Hit und die Sängerin ein Star, der seiner Familie half, der Armut zu entkommen. "Die ganze Familie hat auch immer an meiner Karriere mitgearbeitet", erklärte sie später.

In den Anfangsjahren als Sängerin hatte man Rosenberg geraten, ihre Familiengeschichte für Publicity-Zwecke einzusetzen. Sie lehnte das konsequent ab. "Mein Vater dachte, es würde meiner Karriere schaden, wenn man darüber spricht," sagte sie in einem Interview anlässlich der Veröffentlichung ihrer Autobiographie "Kokolores" im Jahr 2006. Die Sängerin, die ihr Privatleben von der Öffentlichkeit immer konsequent abgeschirmt hatte, setzte diesen Kurs fort, auch nachdem Otto Rosenberg den Landesverband für Sinti und Roma in Berlin gegründet hatte und zum Aktivisten wurde. Einen gemeinsamen Auftritt mit ihm in einer Fernsehshow lehnte sie 2000 empört ab: "Die wollen Rosenberg-Schlager garniert mit einer Prise Auschwitz. Das ist eine Respektlosigkeit gegenüber meinem Vater."

Sängerin Marianne Rosenberg 1977 (Foto: picture-alliance/KPA Copyright)
Auf der Höhe des Schlagererfolgs 1977Bild: picture-alliance/KPA Copyright

Schlagerkönigin satt

Siebzehn Alben und einen endlosen Reigen von Konzert- und Fernsehauftritten gab es zwischen 1971 und 1980. Hochprofessionell stand die junge Frau alles durch. "Ich lernte damals, dass eine Sängerin letztendlich nur ein Zusammenschnitt ihrer Posen im Fernsehen ist", schrieb sie in ihrer Autobiographie. "Zu beklagen gibt es nichts, und es wäre wohl auch undankbar. Das Singen wurde mein Beruf und ist es nun mehr als 30 Jahre", resümierte sie nüchtern.

Fünfmal - 1975, 1976, 1978, 1980 und 1982 - versuchte Marianne Rosenberg, in den nationalen Vorentscheiden in Deutschland und Luxemburg zur Kandidatin des Grand Prix – dem heutigen Eurovision Song Contest - gekürt zu werden. Ohne Erfolg - aber die Songs, die sie sang, wurden Hits.

Mit Liedern wie "Fremder Mann", "Er gehört zu mir", "Lieder der Nacht" und "Marleen" sang die zierliche Frau von Liebeskummer und Trennungsschmerz. Durch den Wortgehalt der Lieder und die Intensität, mit der sie sie vortrug, bescheinigte man ihr eine authentisch wirkende Emotionalität.

Dann, in den späten 70er Jahren, kam die Identitätskrise: "Ich konnte mich mit dieser Frau auf den Plakaten nicht identifizieren. Ich musste herausfinden, wie viel von ihr ich selbst war," sagte sie später. "Es war wichtig, die Persönlichkeit zu retten und der Marionette die Fäden abzuschneiden."

Auf der Höhe ihres Erfolgs wandte Marianne Rosenberg sich vom Schlager ab: "Ich dachte, es war alles schrecklich, was ich gemacht hatte. Es hat einige Jahre gedauert bis ich erkannt habe, dass es die erste deutsche Popmusik war."

Mit dem Zeitgeist gegangen

Etwas völlig anderes wollte sie nun singen. Mit dem Popsänger und Liedermacher Rio Reiser machte sie zusammen Musik; er ermutigte sie, selber Songs zu schreiben. 1982 - auf dem Höhepunkt der "Neuen Deutschen Welle" - trat sie mit Kai Hawaii, Sänger der Gruppe Extrabreit, als "Duo Infernal" auf.

Die wandlungsfähige Künstlerin 1986 (Foto: imago/teutopress)
Die wandlungsfähige Künstlerin 1986Bild: imago/teutopress

Ende der Achtziger legte sie sich wieder ein neues Image zu. Die Bühnenauftritte wurden schriller, die Sängerin bezog zu politischen Themen Stellung, setzte sich für Minderheiten ein und wurde völlig unerwartet zur Ikone der Schwulen- und Lesbenszene in Deutschland und den Niederlanden. In den letzten Jahren trat sie auch häufig bei Christopher-Street-Day-Paraden in Köln und München auf.

Mit diversen Musikern wie Xavier Naidoo, Mousse T., Nena und Fettes Brot arbeitete Rosenberg ab 2000 zusammen, legte 2007 ein Album mit Chansons und Jazzsongs vor: "I'm a Woman" – dazu kam eine entsprechende Tournee. 2013 dann abermals ein Stilwandel: "Mystic-Glam-Pop" nannte Rosenberg die neue Richtung, die sie mit von ihr und dem Produzenten Dirk Rieger gegründeten Band "Schattenherz" schuf.

Die Künstlerin 2008 in München (Foto: picture-alliance/dpa/U. Düren)
Die Künstlerin 2008 in MünchenBild: picture-alliance/dpa/U. Düren

Die Künstlerin ging stets mit technischen Entwicklungen mit, präsentierte 1997 als erste deutsche Musikerin einen Song ("Männer") exklusiv und kostenlos im Internet. Aufgrund der neuen Datenregelungen von Facebook stieg sie im Januar 2015 aus dem sozialen Netzwerk aus, verkündete aber in ihrer letzten Nachricht dort, sie arbeite "...in einer sehr abgeschiedenen Gegend in Nordeuropa, um in Ruhe und ohne Ablenkung an Texten und Kompositionen..., denn es wird ein neues Solo-Album geben. Aber fragt mich jetzt bitte nicht wann, ich lasse mir soviel Zeit, wie es braucht."