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Trübe Zeiten

Martin Schrader18. Juli 2008

Auch eine kurzfristige Erholung der Aktienmärkte täuscht nicht darüber hinweg: die Stimmung an den Börsen ist schlecht. Ein Aufschwung wird nach Analysen von Wirtschaftsforschern eine ganze Weile auf sich warten lassen.

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(Undatierte Aufnahme). Foto: Werner Nagel +++(c) dpa - Report+++,
Der Bär symbolisiert wegen seiner nach unten hauenden Tatze sinkende Kurse auf den AktienmärktenBild: picture-alliance / OKAPIA KG, Germany

Schrecksekunde bei Aktienkäufern: Der Deutsche Aktienindex DAX sackte am Mittwoch (16.07.2008) kurzzeitig unter die psychologisch wichtige Marke von 6000 Punkten. Er markierte damit den niedrigsten Stand seit Herbst 2006. Der EuroStoxx 50 ist ähnlich stark abgesackt. Seit seinem Hoch im Sommer 2007 sank das Börsenbarometer für die großen Aktiengesellschaften der Eurozone um 30 Prozent. Der EuroStoxx 50 notiert sogar fast ein Fünftel unter dem in den Augen von Börsianern wichtigen Durchschnittswert der vergangenen 200 Tage. Das zeigt wie stark derzeit der Abwärtssog ist.

Infografik EuroStoxx 50 Grafik: Olof Pock / DW Datum 17.07.2008
Der EuroStoxx 50 zeigt südwärts

Mehrheit der Marktbeobachter ist pessimistisch

Am Donnerstag legten DAX und EuroStoxx 50 zwar wieder etwas zu. Doch das bedeutet nach Ansicht vieler Finanzanalysten und Wirtschaftsforscher keine Umkehr des trüben Trends. Dies geht aus einer Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter 264 Analysten hervor. Sie wurden gefragt, wie die internationalen Börsen sich wohl bis zum Jahresende entwickeln werden. Die Ergebnisse präsentiert das ZEW in seinem aktuellen "Finanzmarktreport" (Juli 2008). Demnach glaubt eine Mehrheit der Befragten nicht an eine Erholung an den Börsen. Schlimmer noch: Die Zahl der Pessimisten stieg im Vergleich zum Vormonat.

Beim Stoxx 50 erwarten 26,2 Prozent der Befragten bis Jahresende weitere Verluste. Der Anteil der Pessimisten stieg damit im Vergleich zum Vormonat um 6,4 Prozentpunkte. Ein Viertel der Analysten setzt auf unveränderte Kurse, während 48,8 Prozent eine Verbesserung erwarten. Besonders düster sieht es für den Londoner Aktienmarkt aus: 31,6 Prozent erwarten ein weiteres Abrutschen des Leitindexes FTSE-100, genau ein Drittel tippt auf unveränderte Kurse, und nur 35,1 Prozent meinen, der Londoner Markt wird sich am Jahresende stärker präsentieren.

Verglichen damit steht der DAX sogar robust da: Genau die Hälfte der Befragten traut ihm eine Steigerung zu, während die andere Hälfte mit keiner Veränderung oder mit sinkenden Kursen rechnet. Freilich stieg auch beim DAX der Anteil der Pessimisten um 7,7 Prozentpunkte.

FINANZMARKT-REPORT Quelle: ZEW GRAFIK: DW 2008
Ergebnis der ZEW-Umfrage

Bernankes Schlüsselrolle

Hauptgrund für die Verluste ist nach Einschätzung des Finanzmarktexperten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Christian Dreger, nach wie vor die Immobilien- und Finanzmarktkrise in den USA. "Die ist noch nicht ausgesessen", meint Dreger. Das habe viele Marktteilnehmer, die bereits mit einem Ende der Krise gerechnet hätten, überrascht. Zudem drückten weitere Faktoren auf die Aktienkurse: eine Abschwächung der Konjunktur sowie steigende Inflation - insbesondere in den USA. Der hohe Ölpreis tut schließlich ein Übriges.

Thomas Lux, Wirtschaftsprofessor am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, bewahrt sich trotz dieses Gift-Cocktails für die Börsen ein Quäntchen Optimismus. "Die Welt wird im nächsten halben Jahr nicht untergehen", meint Lux. "Finanzmärkte haben die Tendenz zu überreagieren." Es bestehe zwar eine von den USA ausgehende Gefahr für die Weltwirtschaft. Lux ist jedoch zuversichtlich, dass die US-Zentralbank diese Gefahr in den Griff kriegen werde. Zentralbankchef Ben Bernanke sei ein ausgewiesener Experte für die Vorgänge während der Großen Depression, als solche Dinge schon einmal passierten. Deshalb gebe es kaum jemanden, der besser geeignet sei, die Wiederholung einer solchen Krise zu vermeiden.