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Grimme-Preis-Verleihung

2. April 2009

Geld gibt es nicht, dafür aber Ehre. Der Adolf-Grimme-Preis gilt als die wichtigste deutsche Fernsehauszeichung. Gewinner sind diesmal vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender.

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Chinesische Arbeiter -Szene aus dem Film 'Losers and Winners' (Foto: filmproduktion loekenfranke)
Szene aus dem Film 'Losers and Winners'Bild: loekenfranke

Spielfilme, Dokumentarfilme und Unterhaltungssendungen - das sind die drei Bereiche, in denen der Adolf Grimme Preis verliehen wird. Die Entscheidungen werden in zwei Schritten getroffen: zunächst entscheiden die Jurys in den entsprechenden Kategorien, welche Film überhaupt nominiert werden. Eine Endjury bestimmt im zweiten Schritt die Preisträger. Über den – oft schwierigen – Entscheidungsprozess hat DW-World mit Gisa Funck gesprochen. Sie ist Mitglied der Nominierungsjury in der Kategorie Unterhaltung.

DW-World: Gisa Funck, was gehört eigentlich alles in den Bereich "Unterhaltung"?

Porträt der Journalistin Gisa Funck
Die Journalistin Gisa FunckBild: Gisa Funck

Gisa Funck: Im Grunde ist es die schwierigste Kategorie, weil da alles Mögliche drunter fällt. Das können Komödien sein, Comedy-Formate, Satiren oder Serien, aber auch kleine Clips. Man hat daher in der Unterhaltungskommission ein bisschen das Problem, dass man Äpfel mit Birnen vergleichen muss.

Wie viele Stunden Material mussten Sie sichten?

Dieses Jahr war es nicht ganz so viel. Letztes Jahr war ich in der Nominierungskommission in der Kategorie Information und Kultur, die immer den Hauptbatzen hat. Da waren es teilweise bis zu vierzehn Stunden am Tag. Dieses Jahr waren es nur sechs bis acht Stunden, weil es immer noch relativ wenig gute Unterhaltung im deutschen Fernsehen gibt.

Allgemein wird dem Großbereich Unterhaltung ja vorgeworden, dass es hier wenig Innovation und noch weniger kreativen Witz gebe. Würden Sie dem zustimmen?

Ja, das man muss leider sagen, trotz des Comedy Booms. Gerade in diesem Bereich macht sich auch die Finanzkrise bemerkbar. Bislang war der Bereich Unterhaltung eine Domäne der Privatsender. Doch in diesem Jahr waren viel weniger Privatformate da, die man hätte nominieren können, was anscheinend unter anderem damit zu tun hat, dass keine Geldmittel mehr vorhanden sind, um experimentelle, witzige Formate zu entwickeln.

Der einzige Grimme Preis für einen Privatsender wurde in diesem Jahr an RTL für "Doctor's Diary" verliehen. Worum geht es in der Serie?

Satellitenschüssel auf dem Dach des Fernsehsenders RTL (Foto: AP)
RTL ist in diesem Jahr der einzige Privatsender, der eine Auszeichnung erhältBild: AP

Es geht um die Ärztin Gretchen Haase. Sie ist eine Frau in mittleren Jahren, die ein bisschen übergewichtig ist und Liebesprobleme hat. Sie wird von ihrem Verlobten vor der Hochzeit verlassen und ist unsterblich verliebt in ihren Chef.

Was sind die Highlights in den anderen Bereichen? Dort haben ja die öffentlich-rechtlichen Sender besonders zugeschlagen.

Ein Highlight ist "Ihr könnt Euch niemals sicher sein". Es geht um eine Schüler, der sauer ist auf seine Deutschlehrerin und sie am liebsten umbringen würde. Das steht zumindest auf einem Zettel, den er verliert. Daraufhin wird eine hysterische Maschinerie in Gang gesetzt. Der Junge, der eigentlich gar kein Amokläufer ist, gerät in die Psychiatrie und in eine Gesellschaft mit überforderten Lehrern und Eltern, die ihn zum Kriminellen abstempeln. Das ist ein sehr beeindruckender Film, der natürlich angesichts des Amoklaufs von Winnenden an Aktualität gewonnen hat.

Wie sieht es aus im Bereich "Information und Kultur"?

Logo Adolf-Grimme-Preis
Logo Grimme-Preis

Hier war besonders interessant, dass es viel um Globalisierung ging. In dem Film "Losers and winners" zum Beispiel geht es um eine Dortmunder Kokerei, die 1992 aufgebaut und acht Jahre später bereits wieder geschlossen und nach China verkauft worden ist. Die Autoren dieses Films haben den Prozess über Jahre beobachtet. Es ist ein beeindruckendes Werk, in dem man auch sieht wie bizarr und verrückt diese wirtschaftlichen Zusammenhänge oft sind. Als Außenstehender versteht man das oft gar nicht.

Die Wirtschaft- und Finanzkrise ist also aus der aktuellen Verleihung des Grimme Preises nicht weg zu denken?

Ja, das kann man so sagen. Im Spielfilmbereich gibt es zum Beispiel auch das Drama "Das wahre Leben". Darin spielt Ulrich Noethen einen Manager, der 14 Stunden am Tag arbeitet und von einem Tag auf den anderen seinen Job verliert. Plötzlich hat er nichts mehr zu tun und damit bricht sein Familiengefüge auseinander. Zu Hause war man nämlich ganz froh, dass er oft nicht da war. Und am Ende steht dann wirklich die Explosion. Das ist die Finanzkrise im Privaten, die dort abgebildet wird.

Das Gespräch führte Petra Nicklis
Redaktion: Petra Lambeck