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Schluss mit dem europäischen Wanderzirkus

11. Mai 2006

Mehr als 100 Europa-Abgeordnete aus 14 Ländern haben eine Unterschriftenaktion für den Sitz des Europäischen Parlaments nur noch in Brüssel gestartet. Der "Wanderzirkus" müsse beendet werden.

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Gebäude des Europäischen Parlaments in Straßburg

Die Gruppe von jungen EU-Parlamentariern startete einen neuen Anlauf für eine Aufgabe des Straßburger EU-Parlamentssitzes. Im Internet (www.oneseat.eu) sollen eine Millionen Unterschriften für die erste europäische Bürgerinitiative gesammelt werden, kündigte die Initiatorin, die liberale schwedische Abgeordnete Cecilia Malmström, am Mittwoch (10.5.) an. Derzeit pendeln die 732 Abgeordneten zwischen den beiden Parlamentssitzen Straßburg und Brüssel.

200 Millionen Euro jährlich

Gebäude des Europäischen Parlaments in Straßburg EU-Verfassung
Gebäude des Europäischen Parlaments in StraßburgBild: presse

In Straßburg finden zwölf Mal im Jahr für vier Tage Parlamentssitzungen statt. In Brüssel hält die EU-Kommission ihre Sitzungen ab. Die Kosten für das Pendeln belaufen sich alljährlich auf mehr als 200 Millionen Euro und sind ein Grund für den öffentlichen Unmut über das Parlament.

"Es ist nicht nur eine Frage des Geldes", sagte der Vorsitzende der Initiative, der deutsche Liberaldemokrat Alexander Alvaro der Nachrichtenagentur Reuters. "Als George Bush im vergangenen Jahr nach Brüssel kam, wo waren da die Abgeordneten? In Straßburg. Das alles summiert sich." Vor allem Frankreich hat sich lange für einen Verbleib des Parlaments in Straßburg stark gemacht, da es die einzige größere EU-Institution auf französischem Boden ist. Aber auch viele deutsche Abgeordnete, insbesondere die nahe der französischen Grenze wohnen, unterstützen Straßburg. Widerstand kommt vor allem von britischen Parlamentariern.

Post von Martin Schulz

Martin Schulz
Martin SchulzBild: dpa

Am Donnerstag (11.5.2005) haben sich auch die Fraktionschefs im Europa-Parlament mit der Frage befasst. Der Fraktionsvorsitzende der Sozialisten, der deutsche SPD-Politiker Martin Schulz, hatte Parlamentspräsident Josep Borrell in der vorigen Woche in einem Brief aufgefordert, das Thema auf dem Gipfel der EU-Staats- und Regierungschefs im Juni anzuschneiden. Die in den Europa-Verträgen vereinbarten zwei Arbeitsorte Straßburg und Brüssel führten zu "praktischen Schwierigkeiten" bei der Organisation der Parlamentsarbeit.

Frankreich habe "mit Verwunderung" von Schulz' Brief erfahren, erklärte das Außenamt in Paris. Der französische Außenamtssprecher verwies darauf, dass der Sitz des EU-Parlaments vertraglich festgelegt sei; daran seien alle EU-Mitgliedstaaten gebunden.

Paris wundert sich

Straßburg wurde im Amsterdamer Vertrag als Sitz des Europaparlaments verankert. Zahlreiche Abgeordnete fordern seit Jahren einen vollständigen Umzug nach Brüssel, wo sich die Parlamentarier die meiste Zeit für Ausschuss- und Fraktionssitzungen aufhalten.

Überhöhte Mieten?

Das Ringen um den Parlamentssitz hatte Anfang Mai an Schärfe gewonnen. Grund ist ein Mietstreit zwischen Straßburg und dem Parlament. Die EU-Volksvertretung wirft der Stadt vor, seit mehr als 25 Jahren deutlich überhöhte Mieten kassiert zu haben. Nach Angaben des Haushaltsausschusses liegt die Jahresmiete derzeit um fast drei Millionen Euro über der Pacht, die die Stadt selbst an den Eigentümer - einen niederländischen Rentenfonds - zahlt. Das Parlament prüft, ob es das EU-Amt zur Betrugsbekämpfung OLAF einschalten soll. Bis auf weiteres wurden die Mietzahlungen ausgesetzt. (sams)