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Schuldenerlass Griechenlands

9. Juni 2011

Für das hochverschuldete Griechenland gibt es wohl nur noch eine Rettung: die Schulden zu erlassen. Dafür plädieren führende Ökonomen. Banken und Versicherungen haben sich offensichtlich bereits darauf eingestellt.

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Symbolbild Finanzkrise Griechenland (DW / Per Sander)
Bild: DW

Die finanzielle Lage Griechenlands ist schlechter als bislang angenommen. Das geht aus dem Prüfbericht der EU-Kommission, der Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalem Währungsfonds hervor. Dieser Bericht war am vergangenen Freitag (03.06.2011) vorgelegt worden, jetzt wurde er veröffentlicht. Die 110 Milliarden Euro, die Griechenland vor einem Jahr als Notkredite bekommen hat, reichen offensichtlich nicht aus. Der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, schätzt, dass das Land zusätzliche Hilfen in Höhe von 90 Milliarden Euro benötigen wird. Und er plädiert für eine "sanfte" Umschuldung, an der sich auch die privaten Gläubiger – sprich: Banken und Versicherungen beteiligen sollen. Eine "sanfte Umschuldung" liegt dann vor, wenn alte Staatsanleihen gegen neue mit längerer Laufzeit getauscht werden.

Längere Anleihe-Laufzeiten retten Griechenland nicht

Hans-Werner Sinn, Chef des Ifo-Instituts München (Foto: AP)
Griechenland ist pleite: Ifo-Chef Hans-Werner SinnBild: AP

Dass Griechenland ein Fass ohne Boden ist – davor haben bereits frühzeitig führende Ökonomen gewarnt. Nun wird ihr Ruf lauter: Griechenland sei beispielsweise auch mit einer Laufzeitverlängerung für bestehende Staatsanleihen nicht vor der Pleite zu retten, sagt der Chef des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung, Hans-Werner Sinn in einem Zeitungsinterview vom Donnerstag (09.06.2011).

Banken und Versicherungen haben für den Fall einer Umschuldung – wie auch immer sie ausfallen wird - offensichtlich schon Vorsorge getroffen und bereits einen Teil griechischer Anleihen abgestoßen. Das belegen laut Zeitungsberichten neueste Zahlen der Bundesbank. Das allerdings würde einer Zusage aus dem vergangenen Jahr widersprechen. Demnach wollte die deutsche Finanzbranche ihre bestehenden Kreditlinien an Griechenland und griechische Banken bis 2012 aufrechterhalten. Die Deutsche Bank teilte auf entsprechende Meldungen nun mit, ihr Engagement in griechische Staatsanleihen "nicht im großen Stil" zurückgefahren zu haben.

Die EZB ist ein großer Gläubiger

Max Otte, Fachhochschule Worms (Foto: dpa)
EZB ist längst Bad Bank: Max OtteBild: picture-alliance/dpa

Anleihen aus Hellas befinden sich inzwischen vor allem im Besitz öffentlicher Institute - wie Landesbanken und der Europäischen Zentralbank. Da wundert es nicht, dass die EZB vor allem mit einer "harten" Umschuldung, bei der die Gläubiger auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen, nicht eben glücklich ist. Denn seit Mai letzten Jahres kauft die EZB, ein großer Gläubiger aller Schuldenländer, Staatsanleihen von Portugal, Irland und Griechenland auf. Zusätzlich stattet sie die Geschäftsbanken dieser Länder mit Geld aus. Das bedeutet: Im Falle einer Umschuldung kämen auf die EZB Milliardenverluste zu. Mit dem Aufkauf der Anleihen, so Max Otte, Wirtschaftsprofessor an der Fachhochschule Worms gegenüber DW-WORLD.DE, hat sich die Zentralbank zur "Bad Bank" gegenüber den Schuldenländern gemacht.

"Griechenland ist pleite, die EZB hat diese Anleihen gekauft, die können nie bedient werden", davon ist Max Otte überzeugt. Es müsse ein Schuldenschnitt her, obwohl sich die EZB dagegen vehement wehre. "Wenn wir einen Schuldenschnitt, einen sogenannten Haircut, machen, dann haben wir wenigstens die Hoffnung, aus dieser Spirale herauszukommen." Aus eigener Kraft könne Griechenland das nicht mehr schaffen. Und, so Otte weiter, da die EZB letztendlich nicht Schuld an der Misere sei, müssten private Gläubiger unbedingt mithaften.

Umschuldung – nur noch eine Frage der Zeit

Eine griechische Fahne wird von einem Rettungsring in deutschen Farben gehalten (Foto: Bilderbox)
Auch der deutsche Steuerzahler rettet mitBild: Bilderbox / DW / Montage

Für den Wirtschaftsweisen Lars Feld ist eine Umschuldung Griechenlands nur noch eine "Frage des Wann und Wie." Mit einer "sanften Umschuldung", so Feld, werde möglicherweise die Beurteilung eines Zahlungsausfalls vermieden: Die Ratingagenturen sprächen in diesem Fall von einem Zahlungsausfall von einem "credit event" und würden Griechenland weiter herabstufen. Das aber alles reiche nicht aus, um das Land zu sanieren: "Wir müssen einfach feststellen, dass Griechenland keine Chance hat, seine Schulden zurück zu zahlen." Ein neues Hilfspaket rette das Land auch nicht, davon ist der Ökonom überzeugt, sondern verhindere allenfalls eine "harte" Umschuldung: "Man möchte also auf keinen Fall, dass Griechenland unkoordiniert, ohne dass die Partner vorbereitet sind, den Zahlungsausfall erklären muss."

Eine Umschuldung des Landes wird Feld zufolge auch den deutschen Bundeshaushalt treffen, da Deutschland Garantien und Bürgschaften abgegeben habe und sich außerdem an den Verlusten der Europäischen Zentralbank (EZB) beteiligen müsse.

Autorin: Monika Lohmüller (mit rtr, dpa)
Redaktion: Henrik Böhme