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Berlinale Talent Campus

17. Februar 2011

Sie werden die Berlinale so schnell nicht vergessen: 350 junge Filmschaffende trafen sich eine Woche lang, um sich auszutauschen und gegenseitig zu inspirieren. Mit dabei auch Experten wie Wim Wenders oder Kerry Fox.

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"Global Speed Matching", erstes Kennenlernen während des Berlinale Talent Campus 2011 im Theater HAU 2, zwei Filmschaffende tauschen Email Adresse aus (Foto: DW/Nadine Wojcik).
"Und was machst Du so?" Nachwuchs beim Speed MatchingBild: DW/N.Wojcik

Das Geschnatter ist ohrenbetäubend: 350 Talente aus 88 Ländern wollen gleichzeitig Kontakte knüpfen. "Global Speed Matching" heißt dieses Kennenlernen am ersten Tag des Talent Campus. Zwei junge Filmeschaffende sitzen sich jeweiles für drei Minuten gegenüber, bis eine Tröte ertönt. Dann rutscht jeder einen Hocker weiter, trifft auf einen weiteren Teilnehmer aus Ländern wie Schweden, Indonesien oder Kanada.

Visitenkarten werden getauscht, Flyer von eigenen Projekten verteilt. Schauspieler, Regisseure, Drehbuchautoren, Kameramänner und Cutter, manche von ihnen haben schon erste eigene Filme gemacht, andere stehen noch am Anfang. Und der gilt im Filmgeschäft als besonders hart. Ohne Kontakte und gegenseitige Unterstützung ist es unmöglich, seine eigene Vision auf die Leinwand zu bringen.

Tomás Sheridan aus Edinburgh hat solche Kennenlern-Veranstaltungen schon auf anderen Festivals miterlebt. "Ich habe noch nie so viele interessante Leute aus so unterschiedlichen Bereichen kennengelernt, wie hier", sagt er. Der Dokumentarfilmer ist sich sicher, dass er auf dem Talent Campus viele neue Kontakte für seine filmische Zukunft knüpfen kann.

"Global Speed Matching", erstes Kennenlernen während des Berlinale Talent Campus 2011 im Theater HAU 2, 11.02.2011 Bild: Nadine Wojcik
Drei Minuten fürs den Erst-KontaktBild: DW/N.Wojcik

Filmprofis stehen Rede und Antwort

Doch im Filmgeschäft geht es nicht nur um Kontakte, sondern vor allem auch um einen eigenen Standpunkt. Der Titel des Talent Campus lautet in diesem Jahre daher: "Framespotting - Filmmakers positioning themselves". Wie der Nachwuchs die eigene Haltung in einem knallharten Geschäft finden und beibehalten kann, können die Talents während der Workshops lernen.

Zum Beispiel bei einem Werkstattgespräch mit Kerry Fox. In über 30 teilweise internationalen Produktionen hat die neuseeländische Schauspielerin bisher mitgewirkt, zuletzt spielte sie die Hauptrolle in "Sturm" von Hans-Christian Schmid. Trotz des formalen Settings - Rednerin auf der Bühne, Talente in den Zuschauerreihen - ist die Diskussion über das manchmal schwierige Vertrauensverhältnis zwischen Schauspielern und Regisseurin sehr offen und intim.

"Ich rede wirklich gerne mit Studenten über meine Arbeit. Ich fühle mich da auch in der Verantwortung", sagt Kerry Fox im Anschluss an die Diskussion. Die vielen Fragen von den Studenten und jungen Filmschaffenden hätten auch ihr etwas gebracht: "Bei manchen Antworten musste ich wirklich nachdenken. Und das bringt auch mich dazu, meine eigene Haltung und Arbeit zu hinterfragen."

4000 Bewerbungen aus 141 Ländern

Schauspielerin Kerry Fox beim Workshop "Directing Actors" während des Berlinale Talent Campus 2011 im Theater HAU 3, 12.02.2011 Bild: Nadine Wojcik
Schauspielerin Kerry Fox: "Die Fragen bringen mich zum Nachdenken."Bild: DW/N.Wojcik

Der Workshop "Directing Actors" von Kerry Fox ist einer von über zehn Workshops an denen die Talents teilnehmen können. Zusätzlich gibt es Podiumsdiskussionen mit Filmgrößen wie Wim Wenders, Isabella Rossellini oder Harry Belafonte. Teilnehmerin Laila Reischer, Schauspielerin aus Österreich, ist etwas erschöpft von dem Überangebot - zusätzlich können sich die Talents mit ihrer Akkreditierung nämlich auch noch Filme auf der Berlinale ansehen.

Laila Reischer genießt dennoch jeden Tag und kann gar nicht aufhören, vom Talent Campus zu schwärmen. "Es ist für mich wirklich eine Ehre aus den 4000 weltweiten Bewerbungen ausgewählt worden zu sein", sagt sie. "Ich versuche, so viel wie möglich mit zu nehmen und will dann zurück in Wien auch meinen Freunden und Bekannten aus der Filmbranche davon erzählen."

Abendessen mit Filmexperten

Dabei weiß Laila noch gar nicht, dass am Abend "Dine and Shine" auf sie wartet, ein gemeinsames Abendessen mit 150 Experten wie dem deutschen Regisseur Hannes Störr oder Ingeborg Berggreen-Merkel, der stellvertretenden Kulturstaatsministerin. Damit jeder mit jedem einmal ins Gespräch kommt, werden pro Gang die Sitzplätze getauscht, ähnlich wie schon beim morgendlichen Speed-Matching.

"Dine und Shine", 350 Talents treffen auf 150 Experten aus der Film- und Kulturbranche bei einem gemeinsamen Abendessen während des Berlinale Talent Campus im Berliner eWerk, Wilhelmstraße, 12.02.2011 Foto: Nadine Wojcik
Abendessen mit FilmexpertenBild: DW/N.Wojcik

Auf die Frage, ob es nicht schwierig war, im Trubel der Berlinale Filmprofis für das Abendessen zu verpflichten, winkt Matthijs Knol, Programm-Manager des Talent Campus, milde ab. "Ich habe heute Abend - und das ist nicht gelogen - schon acht Leute getroffen, die mir gestanden haben, dass sie lieber hier sind, als bei der heutigen Premiere im Berlinale-Palast."

Welche Zukunft den Nachwuchsfilmern irgendwann mal bevorstehen könnte, lässt sich mit einem Blick in das diesjährige Berlinale-Programm beantworten: 35 Filme sind da zu sehen, einer gar im Wettbewerb, bei denen ehemalige Teilnehmer des Campus mitgewirkt haben.

Autorin: Nadine Wojcik

Redaktion: Sabine Oelze