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Schmutziger Öl-Kredit aus Deutschland

Johannes Beck26. September 2002

Greenpeace verklagt Landesregierung NRW wegen Pipeline-Kredit der öffentlich-rechtlichen WestLB in Ecuador

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Greenpeace-Aktivisten halten das Dach der Zentrale der Westdeutschen Landesbank in Düsseldorf besetzt. Damit wollen sie die Bank dazu bringen, ihren Kredit für eine neue Schwerölpipeline in Ecuador zu stoppen.Bild: AP

Seit Jahren protestieren Umweltschützer gegen die neue Ölpipeline Ecuadors. Diese Oleoducto de Crudos Pesados (OCP) genannte Rohrleitung soll das Land von Ost nach West durchqueren und Öl aus den Fördergebieten in der Amazonas-Region über die Anden zum Export an den Pazifik bringen. Dabei bedroht die Pipeline einzigartige Naturreservate wie das Vogelschutzgebiet Mindo, eines der artenreichsten Vogelgebiete der Welt. Finanziert wird die 1,2 Milliarden Dollar teuere OCP durch einen Kredit eines internationalen Bankenkonsortiums unter Führung der öffentlichen Westdeutschen Landesbank. Sie gehört zum Großteil dem Land Nordrhein-Westfalen. Doch obwohl das Land von einer rot-grünen Koalition regiert wird, hat diese bisher nichts gegen das Projekt unternommen.

Am Mittwoch (25.09.) hat Greenpeace nun die Landesregierung Nordrhein-Westfalens vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf verklagt. Sie hätte als Eigentümerin der Bank tätig werden müssen, sagt Greenpeace-Waldexperte Martin Kaiser: "Dieser von der WestLB finanzierte Kredit verstößt eklatant gegen internationale Umweltschutzabkommen. Vor allem verstößt er gegen die Gemeinwohlpflicht, der sich die WestLB als öffentliche Bank unterworfen hat."

Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens hätte genug Einfluss bei der öffentlich-rechtlichen WestLB, sagt Martin Kaiser von Greenpeace. Schließlich sei sie mit knapp 43 Prozent der größte Anteilseigner der Bank. Außerdem säßen sowohl der Wirtschafts- als auch der Innenminister des Landes im Verwaltungsrat der WestLB: "In dieser Funktion hätten sie darauf drängen müssen, dass dieses Projekt von der WestLB zurück gezogen wird, nachdem bekannt geworden ist, dass es gegen internationale Umweltstandards wie beispielsweise die der Weltbank verstößt."

Neues Gutachten belastet die West-LB

Der kanadische Tropenökologe Robert Goodland hat vor zwei Wochen ein neues Gutachten vorgelegt, das dem Oleoducto de Crudos Pesados (OCP) genannten Pipelineprojekt gravierende Verstöße gegen die Weltbank-Standards vorwirft. Goodland hat zu seinen Weltbank-Zeiten selbst deren Umwelt-Standards maßgeblich mitentwickelt. Er wirft der OCP-Betreibergesellschaft vor, sie habe mögliche Alternativrouten nicht ausreichend überprüft. Die jetzige, umstrittene Route sei bereits 1999 beschlossene Sache gewesen. Auch erste Bauarbeiten habe die OCP damals bereits begonnen. Das war aber über ein Jahr vor der Umweltverträglichkeitsstudie. Damit habe die OCP die Weltbank-Standards verletzt, nach denen die Entscheidung für eine bestimmte Route erst nach der Umweltverträglichkeitsstudie fallen dürfe.

Doch die OCP, zu der internationale Ölfirmen wie die italienische AGIP oder die spanische Repsol-YPF gehören, hat nach dem Gutachten noch weitere Weltbank-Standards verletzt: Die OCP-Umweltverträglichkeitsstudie ignoriert beispielsweise die Folgen der durch die Pipeline erhöhten Ölproduktion in der Amazonas-Region. Dort müssen große Ölfelder in bisher weitgehend unberührten Regenwald-Gebieten neu erschlossen werden, um die neue Pipeline zu füllen. Die ecuadorianische Regierung hat bereits neue Ölkonzessionen im Amazonas-Gebiet vergeben - teilweise auf Indianer-Territorium und in Naturschutzgebieten.

Das Goodland-Gutachten setzt die WestLB unter erheblichen Druck. Denn die Bank hatte versichert, die Einhaltung der Weltbank-Standards sei unabdingbare Voraussetzung für den Kredit an die Pipeline-Bauer. Zum Gutachten wollte die WestLB aber nicht vor dem Mikrofon Stellung nehmen. Ein Bank-Sprecher versicherte nur, man prüfe die Vorwürfe.

Grüne: Weltbank-Standards verletzt

Die WestLB müsse endlich handeln: Das fordert die grüne nordrhein-westfälische Landtagsabgeordneten Ute Koczy, die sich auf zwei Ecuador-Reisen selbst ein Bild von der Pipeline gemacht hat: "Die WestLB muss hier die Konsequenzen ziehen. Es geht darum, ob die Weltbank-Standards eingehalten werden. Robert Goodland bestätigt die Meinung und Position, die wir Grünen schon immer hatten, dass die Weltbank-Standards nicht eingehalten wurden."

Am kommenden Montag (30.09.) tagt der zuständige Landtags-Ausschuss "Europa- und Eine Welt-Politik" unter Vorsitz von Ute Koczy. Die Ausschuss-Mitglieder wollen dabei eine Stellungnahme der Landesregierung zum Pipeline-Projekt erreichen. Für Greenpeace ein guter Zeitpunkt, Farbe zu bekennen. Dies zumal die Zeit drängt: Die Pipeline ist bereits im Bau und zu fast einem Drittel fertig gestellt. Vor der Sitzung des Landtags-Ausschusses am 30. September war die nordrhein-westfälische Landesregierung übrigens nicht bereit, sich zu dem Thema zu äußern.

Wirtschaftliche Risiken

Zu den Umweltgefahren rücken inzwischen auch die wirtschaftlichen Risiken des 1,2 Milliarden Dollar teuren Projektes immer stärker in den Vordergrund. So befürchten die Kritiker, dass ein Teil der Investitionssumme in Korruption fließen könnte. Außerdem bezweifeln sie, ob der wirtschaftliche Nutzen der Pipeline wirklich so groß ist, wie von ihren Befürwortern angegeben. Dazu Irene Knoke, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut Südwind in Bonn, kritisiert, dass nur rund 20 Prozent der zusätzlichen Exporteinnahmen in den Staatssektor flössen – das meiste käme den privaten Ölfirmen zu Gute. Und von den Staatseinnahmen durch die OCP müssten 70 Prozent in den Schuldendienst fließen, das sei in Ecuador jetzt auf Drängen des Internationalen Währungsfonds (IWF) per Gesetz festgelegt worden. "Das Land hat praktisch keine Möglichkeiten mehr, den begrenzten Reichtum, den es hat, wirklich in die eigene Entwicklung zu stecken", so die nüchterne Bilanz von Irene Knoke.