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Schnäppchen auf dem Zeitungsmarkt

Thomas Kirschning

Große Medienunternehmen strecken ihre Fühler gen Osten aus. Die neuen Märkte bieten lukrative Expansionsmöglichkeiten. In Osteuropa wird dies kritisch beäugt.

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Viel Neues im Osten: Die WAZ kauft Zeitungshäuser auf.Bild: AP

Die deutsche Mediengruppe WAZ kauft immer mehr Zeitungen in Südosteuropa. Durch diese Expansionspolitik sieht sich das Essener Medienhaus dem Vorwurf der Monopolbildung ausgesetzt. Die WAZ-Gruppe versuche in einzelnen Staaten der Region Meinungsmonopole zusammenzukaufen und Konkurrenten mit der so erworbenen wirtschaftlichen Macht an die Wand zu drücken, lautet der Vorwurf der Kritiker. Es bestehe die Gefahr, dass die gerade beseitigten politische Meinungs-Monopole nun durch neue – wirtschaftliche - Monopole ersetzt würden.

Expansionskurs im Osten

Gerade gewonnene publizistische Freiheiten könnten dadurch gefährdet werden. Schon bald nach der Öffnung der Mauer begannen die Essener, sich auch auf den Medienmärkten Osteuropas umzuschauen. Mit Erfolg: Heute ist der Konzern in Tschechien, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Kroatien und Jugoslawien an 23 Zeitungen, 38 Zeitschriften und zehn Anzeigenblättern beteiligt. Außerdem soll es Verhandlungen über weitere Zukäufe in Montenegro und Bosnien gegeben haben.

Zuletzt sorgte die Nachricht, dass die WAZ-Gruppe zusammen mit kroatischen Kapitalgebern die renommierte serbische Tageszeitung "Politika" übernimmt, für heftige Kritik. Srdjan Bogosavljevič hingegen hält die Aufregung über die Übernahme von "Politika" durch die WAZ-Gruppe für übertrieben. “Kritische Diskussionen finden allenfalls zwischen den politischen Eliten statt”, relativiert der Medienwissenschaftler und Leiter des "Strategic Marketing and Research Institute" in Belgrad.

Furcht um die Meinungsfreiheit

Weite Teile der Bevölkerung würden diese medienpolitische Debatte gar nicht wahrnehmen, meint Bogosavljevič. Dennoch räumt er ein, dass einige Nichtregierungs-Organisationen um die Meinungsfreiheit im Lande fürchten. "Die Leute machen sich Sorgen, wie ‚Politika‘ als unabhängige serbische Tageszeitung überleben kann, wenn sie in den Händen der WAZ ist. Einige Gruppierungen befürchten insgesamt die Dominanz großer internationaler Verlagshäuser."

Ein weiteres Beispiel ist Bulgarien. Dort kontrolliert die WAZ-Gruppe heute rund drei Viertel des Zeitungsmarkts. Ognian Zlatew vom "Media Development Center" in Sofia nennt die drei häufigsten Argumente, die Kritiker gegen das Auftreten des WAZ-Konzerns ins Feld führen: "Vor allem anderen geht es darum, dass sie den Anzeigenmarkt der Zeitungen monopolisieren und kontrollieren. Das Zweite ist: Sie zerstören die angestammten Lokalzeitungen. Und das Dritte: Sie monopolisieren sozusagen die freie Meinungsäußerung."

Formal betrachtet kein Monopol

Allerdings habe die bulgarische Kommission zum Schutz des Wettbewerbs die Monopol-Vorwürfe widerlegt, berichtet Zlatew. Bei der Überprüfung einiger Fälle sei sie zu dem Schluss gekommen, "dass die WAZ auf dem Markt kein Monopolist ist". "Zumindest formal betrachtet nicht", fügt der Leiter des "Media Development Center" hinzu.

Allerdings sei es der WAZ-Gruppe in Bulgarien gelungen, Wettbewerber im Kampf um Werbekunden durch ein geschicktes Management des Anzeigengeschäfts an die Wand zu drücken. Zlatew erläutert: "Sie haben das Anzeigen-Geschäft der führenden Tageszeitungen zusammengeführt." So könnten die Anzeigen in mehreren Zeitungen gleichzeitig erscheinen. Das sei für Zeitungen, die nicht diesem Werbungs-Konsortium angehören, sehr hart. "Wenn die im Wettbewerb um Anzeigenkunden bestehen wollen, dann müssen sie ihre Preise senken", schätzt er die Lage ein.

Trotz seiner Kritik am wirtschaftlich massiven Auftreten der WAZ-Gruppe glaubt Zlatew nicht an eine politische Einflussnahme der Herausgeber. Er vertritt die Ansicht, dass die Essener Medienmacher keineswegs versuchen, "die Meinungsvielfalt im Lande zu unterdrücken" oder anderweitig die Inhalte der ihr gehörenden Zeitungen zu bestimmen. (Bericht vom 19.08.2002)