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Schnellzug zum Erzfeind

Daniel Wortmann18. Februar 2003

Mit einem Aufruf zu "brennendem Hass" auf die USA hat Nordkorea den 61. Geburtstag seines Staatschefs Kim Jong Il gefeiert. Freundlichere Töne schlägt das Land dagegen in jüngster Zeit gegenüber dem Nachbarn Südkorea an.

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Annäherung trotz Aufrüstung: Vertreter Nord- und SüdkoreasBild: AP

Gegensätze beherrschen die Situation auf der koreanischen Halbinsel. Da ist zum einen die Mauer, die Nord- und Südkorea voneinander trennt, eine letzte Trennlinie aus der Zeit des Kalten Krieges. Die entmilitarisierte Zone am 38. Breitengrad ist eines der am stärksten bewachten Gebiete der Welt. Sogar der Kommunikationsweg zwischen den beiden Staaten erzählte bis vor kurzem die Geschichte einer nunmehr 50 Jahre währenden Eiszeit. Erst im Januar wurde ein russisches Kurbeltelefon aus den 50er Jahren, das als einziges Mittel zur Kontaktaufnahme vorgesehen war, durch ein modernes Telefon mit Faxfunktion ersetzt.

Grenzüberschreitende Bahnlinie

Dieses Stück Modernisierung ist mehr als nur eine Episode – es ist ein Zeichen, dass trotz der Jahrzehnte langen Feindschaft manches auf der Halbinsel in Bewegung gerät. So entstehen nördlich wie südlich der Mauer Eisenbahnschienen, die noch in diesem Jahr eine grenzüberschreitenden Verbindung bilden sollen. Ein Projekt, in welches jedoch große Hoffnungen im Rahmen der Annäherungspolitik gesetzt werden.

Bezeichnend für die Anstrengungen zur Entspannung ist auch eine Initiative des Roten Kreuzes in Zusammenarbeit mit den beiden koreanischen Regierungen. Ende Februar erhalten jeweils hundert Menschen aus Nord- und Südkorea die Möglichkeit, zum ersten Mal seit dem Koreakrieg ihre Angehörigen aus dem anderen Teil des Landes wiederzusehen. Zukünftig wird es sogar eine ständige Begegnungsstätte für Familien geben, die 1000 Menschen Platz bietet und regelmäßige Treffen möglich machen soll.

Gemeinsames Olympiateam

Schon erscheint vieles denkbar. Bereits bei den olympischen Spielen 2004 in Athen könnte es ein gemeinsames koreanisches Team geben. Dann würden bei Eröffnungs- und Schlusszeremonie Menschen zusammen einmarschieren, die im Alltag durch einen vier Kilometer breiten Todesstreifen voneinander getrennt sind.

Auch angesichts des aktuellen Konflikts um Nordkoreas Atomprogramm setzt sich der versöhnliche Kurs der südkoreanischen Regierung fort. Zwei Tage nachdem die Internationale Atomenergiebehörde die Problematik der atomaren Aufrüstung Nordkoreas an den UN-Sicherheitsrat verwiesen hat, wurde am Freitag (14. Februar 2003) die erste Landverbindung zwischen den Ländern seit dem Koreakrieg offiziell eröffnet. Südkoreanische Touristen sollen auf diesem Weg für zwei- bis dreitägige organisierte Gebirgstouren nach Nordkorea gebracht werden. Bei der Jungfernfahrt betonte der stellvertretende südkoreanische Vereinigungsminister Kim Hyung Ki, dass er ungeachtet des Atomstreits mit Nordkorea die innerkoreanische Kooperation weiterführen wolle.

Gemäßigte Außenpolitik

Die außenpolitische Reaktion Südkoreas auf die nukleare Bedrohung fällt unterdessen ebenso gemäßigt aus. Bereits vor einiger Zeit war die Regierung auf Distanz zu den mit 37.000 Soldaten im Land vertretenen USA gegangen. Den strikten Kurs gegen den Nachbarstaat trägt sie nun ebenso nicht mit. Man sehe keine Bestätigung, dass Nordkorea im Besitz von Atomwaffen sei. Mögliche wirtschaftliche Sanktionen müssten unbedingt verhindert werden.

Die Sorge des scheidenden Präsidenten Kim Dae Jung ist einleuchtend. Zum einen scheint die erfolgreiche Annäherung als Ergebnis seiner so genanngten "Sonnenscheinpolitik" in Gefahr. Zu oft hat Nordkorea damit gedroht, dass Sanktionen einer Kriegserklärung gleichkommen würden. Zum anderen drängen ökonomische Motive Südkorea zur Zurückhaltung. So wird Hyundai-Chef Kim Yoon Kyu nicht müde, für die Entspannungspolitik der vergangenen Jahre zu werben. Erst kürzlich war sein Unternehmen mit fragwürdigen Hilfszahlungen an den Nachbarstaat aufgefallen.

Wortattacken

Während die beiden Staaten aufeinander zugehen, bleibt der Ausgang des Verfahrens im UN-Sicherheitsrat ungewiss. Nicht wenige politische Akteure sehen in Nordkorea eine Bedrohung, die dem Irak in nichts nachsteht. Sie sehen sich bestätigt in ihrer Meinung durch die Wortattacken Nordkoreas anlässlich des 61. Geburtstags von Staatschef Kim Jong Il am Sonntag (16.02.03) auf die USA. In einem Leitartikel der Zeitung "Rodong Shinmun" der Arbeiterpartei Nordkoreas wurde den USA erneut unterstellt, den Konflikt um das nordkoreanische Atomprogramm als Vorwand für die Zerstörung des Landes auszunutzen. Die nordkoreanische Volksarmee wurde zur unablässigen Wachsamkeit aufgerufen. Die US-Imperialisten führten die koreanische Halbinsel an den Rand eines Kriegs, hieß es. Alle Parteimitglieder und Arbeiter müssten vor Hass und Feindseligkeit in ihren Herzen gegen die US-Imperialisten brennen.

Für eine Entspannung des Verhältnisses zu den USA und anderen westlichen Ländern, die zu Südkorea gute wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen pflegen, sind derlei Angriffe hinderlich. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Versöhnung von Nord- und Südkorea weitergehen kann.