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Schock mit Ansage

14. Januar 2012

Wie erwartet hat Standard & Poor's zahlreiche Euro-Länder heruntergestuft. Frankreich und Österreich wurde die Höchstnote AAA entzogen. Die Märkte sind nervös. Dennoch besteht kein Grund zur Panik, meint Bernd Riegert.

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Themenbild Kommentar (Grafik: DW)

Die Herunterstufung großer Teile der Euro-Zone durch die amerikanische Ratingagentur haben die Anleger lange erwartet. Standard & Poor's hatte die scharfe Beobachtung der Europäer und den negativen Ausblick ja schon vor dem letzten EU-Gipfel angekündigt. Trotzdem ist es für die Euro-Retter, die gerade ihren neuen Fiskalpakt aushandeln, ein schwerer Keulenschlag. "Zu wenig, zu langsam!" heißt die Botschaft der Bewerter, und das obwohl die Politik für ihre Verhältnisse nun wirklich den Turbo bei den Verhandlungen zum Fiskalpakt eingeschaltet hat. Sparpakete und Reformen sind auf den Weg gebracht. Mehr kann die Euro-Zone im Moment nicht tun. Bis die Überschuldung eingedämmt ist, wird es noch viele Jahre dauern. Die Konjunkturaussichten für die Euro-Zone sind schlecht. All das wussten die Anleger schon lange. Kein Grund zu neuerlicher Panik. Die Märkte und Teile der Banken sind schon seit Monaten im Panik-Modus. Mehr geht nicht.

Die Frage ist jetzt, ob die Herabstufung durch eine der drei großen Agenturen tatsächlich steigende Zinsen für Staatsanleihen auf breiter Front nach sich ziehen wird. Den USA wurden von Standard & Poor's im August 2011 das dreifache A genommen, trotzdem stiegen die Zinsen für Staatsanleihen nicht an. Problematisch wird die Herabstufung Frankreichs für die Konstruktion der Rettungsfonds. Sie könnten ihr AAA einbüßen, weil ihre Anteilseigner ihr AAA verloren haben. Ausgleichen könnte das nur Deutschland, das die Höchstnote weiterhin hat. Deutschland müsste höhere Garantien übernehmen, um das Vertrauen der Anleger in den Rettungsfonds zu retten. Das bedeutet einen Stresstest für die Regierungskoalition in Berlin. Kanzlerin Merkel hatte zugesagt, dass die deutsche Beteiligung nicht mehr erhöht wird.

Cool bleiben

Bernd Riegert (Foto: DW)
Bernd RiegertBild: DW

Ein ernstes politisches Problem bekommt der französische Präsident Nicolas Sarkozy, der sich im April zur Wiederwahl stellt und sein politisches Überleben im vergangenen Jahr noch mit dem Erhalt der Höchstnote AAA für die "Grande Nation" verknüpft hatte. Davon ist jetzt keine Rede mehr. In Paris und Berlin wiegelt man ab. Es werde in Frankreich keine neuen Sparpakete geben. Die Märkte wüssten eh wie schlimm es um die Euro-Zone steht, ließ der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble wissen. Die Botschaft hier: Cool bleiben! Dem möchte man zustimmen, eine weitere Verschärfung der Krise durch Hysterie bringt niemanden etwas. Wahrscheinlich wird man auf die Ratingagenturen, die Übermittler der schlechten Nachrichten, einprügeln.

Beliebt ist auch das Rezept, das US-Präsident Barack Obama im August 2011 angewendet hat. Er hat einfach erklärt, er werde die Herabstufung ignorieren. Die stolzen USA würden immer ein Triple-A-Land bleiben. Ein ähnliches Selbstbewusstsein sollten die Europäer auch an den Tag legen.

Triple A stirbt aus

In der Euro-Zone sind nun nur noch vier Länder mit Höchstwertung übrig. Weltweit sind es auch nicht viel mehr. Wenn also alle herabgestuft werden, relativiert sich die Wertung natürlich. Irgendwo müssen die Anleger ihr Geld ja unterbringen, damit es Zinsen abwirft. Künftig gilt eben AA+ auch als Spitzenwert.

Ein Schlaglicht wirft die Herabstufung der Bonität auf Österreich. Auch die als solide geltende Alpenrepublik verliert ihr Spitzenrating. Das Problem sind die Banken, die sich übermäßig in Osteuropa engagiert und verschuldet haben. Eine Staatspleite Ungarns könnte Österreich mit in den Abgrund ziehen.

Bedrohlicher als das Rating-Ritual ist eigentlich eine andere Nachricht. Die Verhandlungen der Banken mit Griechenland über einen freiwilligen Schuldenschnitt sind vorerst gescheitert. Das gefährdet die filigrane Rettungsarchitektur für Griechenland. Die Mutter der Euro-Krise ist deshalb einem ungeordneten Bankrott im März wieder näher gekommen. Ein Austritt aus der Euro-Zone könnte der letzte Ausweg werden.

Autor: Bernd Riegert

Redaktion: Christian Walz