Sprach-Ausstellung
16. Januar 2009Um eine Sprache, der gleich zu Beginn der Ausstellung ein roter Teppich ausgerollt wird, kann es nicht so schlecht bestellt sein. Immerhin gibt es die Sprache Deutsch seit gut 1200 Jahren. Aber viele Bürger beklagen ihren Verfall und fühlen sich durch Anglizismen bedroht. Im Gegensatz zum Französischen hatte die deutsche Sprache nie eine zentrale Instanz, nie eine offizielle Regulierungsbehörde.
Bedeutungsriese und Geltungszwerg
Deutsch mit seinen 120 Millionen Sprechern sei ein "Bedeutungsriese", meint Hans Ottomeyer, der Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums. Aber da sie nicht richtig vertreten werde, sei sie ein "Geltungszwerg". Und so rührt man nun die Werbetrommel für eine Sprache, die mit 300.000 Worten wahrlich nicht klein ist. Und zu der pro Jahr ungefähr 1000 neue Begriffe hinzukommen. Die Ausstellung zeigt bibliophile Kostbarkeiten, so das älteste deutsche Buch, den sogenannten "Abrogans" – ein Wörterbuch aus dem 8. Jahrhundert, das der Lektüre biblischer Texte diente. Und von Martin Luther ist die erste Schrift in deutscher Sprache zu sehen.
Auf dem Weg zur Nationalsprache
Immer wieder in ihrer Geschichte war die deutsche Sprache vom Untergang bedroht, zum Beispiel während des 30-jährigen Krieges. Französische, spanische und italienische Sprachelemente dominierten. Sprachgesellschaften entstanden, auf Flugblättern agitierte die Figur des "Deutschen Michel" gegen die fremden Einflüsse.
Sprache und Spracherwerb, Sprachgeschichte, Dichtkunst und Sprache, Sprache und Technik sowie Lebendige Sprache – auf engem Raum präsentiert das Deutsche Historische Museum (DHM) diese fünf Kapitel. Der Besucher treibt von einer Station zur nächsten, von einer zeitgenössischen Installation zu einem kreisrunden Raum, in dem sämtliche Titel des berühmten Reclam-Verlages mit seinen handlichen Heften zum Lesen einladen.
Sprache zum Hören
Aber kann man eine Sprache überhaupt ausstellen? Wie das sichtbar machen, was zwischen zwei Buchdeckeln steht? Damit "Die Sprache Deutsch" nicht zu einer spröden Leseausstellung wird, soll das gesprochene Wort in Form von Videoprojektionen und Tonaufnahmen Sinnlichkeit vermitteln. Die Literatur nimmt dabei einen zentralen Platz ein. Texte von Walter von der Vogelweide und Johann Wolfgang von Goethe sind ebenso mittels eines Audioguides zu hören wie die Originalstimmen des Dada-Dichters Kurt Schwitters oder des Nobelpreisträgers Thomas Mann. Dessen gegen das Nazi-Regime gerichtete Radioansprachen "Deutsche Hörer" liegen übrigens neben einem Zeitungsartikel vom Februar 1943 über die Rede des damaligen Propagandaministers Joseph Goebbels zum "totalen Krieg".
Ein guter Zeitpunkt
Seit Dezember vergangenen Jahres wird darüber diskutiert, die deutsche Sprache im Grundgesetz zu verankern. Glaubt man den Ausstellungsmachern, ist das vollkommen überflüssig. Denn sie präsentieren die deutsche Sprache als äußerst lebendig und vielseitig. Da sie sich immer wieder durch die Wirrnisse der Zeiten laviert habe, werde sie auch kommenden Anfeindungen zu begegnen wissen.