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Sie treten an, um zu gewinnen.

Vera Möller-Holtkamp16. Januar 2007

Die Schotten wollen die Scheidung - und das schon lange. Die Unionsvereinbarung mit England jährt sich zum 300. Mal. Rückenwind für den Wahlkampf der Nationalisten.

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Das schottische Andreaskreuz neben dem englischen Sankt-Georgs-KreuzBild: AP

Seit 300 Jahren besteht die Union zwischen Schottland und England. Mit der Zustimmung des schottischen Parlaments zum Vereinigungsvertrag "Act of Union" entstand 1707 das Königreich Großbritannien. Freudenfeste werden in Edinburgh deswegen nicht gefeiert. Im Gegenteil: Das Jubiläum ist ein guter Anlass für die Scottish National Party (SNP), die Unabhängigkeit Schottlands zu fordern. Und sie finden inzwischen auch Gehör.

Nicht mehr nur karierte Folklore

Der Wind dreht sich auf der Insel. Am 3. Mai wird in Schottland ein neues Regionalparlament gewählt, und die SNP liegt in den Umfragen mit etwa 33 Prozent vorn. "Wir wollen einen Staat wie andere freie Nationen auch," sagt SNP-Wahlkampfleiter Angus Robertson.

Angus Robertson
Angus Robertson ist der Wahlkampfchef der SNP.Bild: SNP

Eine Umfrage der "Daily Mail" zeigt, dass 51 Prozent der Schotten für den Austritt aus der Union sind. Sie lehnen es ab, vom fernen London regiert zu werden, obwohl Schottland seit 1998 wieder ein eigenes Parlament mit vielen Kompetenzen hat.

Immer mehr Engländer befürworten die Abspaltung Schottlands

Auf der anderen Seite haben laut der Umfrage fast die Hälfte der Engländer nichts gegen eine mögliche Abspaltung einzuwenden. Viele sind sogar genervt, dass die Schotten bei britischen, also auch bei englischen Fragen, mitentscheiden dürfen, die Schotten sich aber gegen jede Einmischung aus London wehren. Zudem verteilt der britische Staat mehr Steuergelder im Norden als in den anderen Teilen der Insel: Schotten erhalten pro Kopf und Jahr 1500 Pfund (etwa 2100 Euro) mehr Zuwendungen als Engländer. Das Gesundheitssystem, die Altersvorsorge und der Bildungsbereich werden in Schottland stärker subventioniert als im Süden der Insel.

Der britische Finanzminister Gordon Brown, ein Schotte, ist gegen eine Abspaltung. Schottland sei ohne die Ausgleichszahlungen aus London wirtschaftlich tot, sagen Browns Finanzexperten. "Das ist das Argument unserer Gegner", wehrt Angus Robertson ab. Er führt die großen Öl- und Gasvorkommen Schottlands ins Feld und meint die Einnahmen daraus könnten die Zahlungen aus London aufwiegen. Dass diese Energiereserven voraussichtlich im Jahr 2020 erschöpft sind, hindert Robertson nicht, die Unabhängigkeit Schottlands zu fordern. "Ein Volk, das unabhängig sein will, darf man nicht nach der Wirtschaftlichkeit fragen", sagt er.

Die Suche nach Koalitionspartnern hat begonnen.

Im Schottland gibt es ein Verhältniswahlrecht, das heißt für die SNP, dass sie sich mit einem oder zwei Koalitionspartnern zusammenfinden muss. Ihr Wunschkandidat sind die Grünen. Auch sie wollen die Unabhängigkeit. Die Liberalen allerdings sind dagegen. Die von der SNP angekündigte Volksbefragung hängt davon ab, ob die Nationalisten eine Mehrheitsregierung zustande bringen. Roland Sturm vom Europäischen Zentrum für Föderalismusforschung in Erlangen hält das für unwahrscheinlich. "Die Befragung entbehrt jeglicher rechtlichen Grundlage", sagt er. Sie hätte rechtlich keinerlei bindende Wirkung, gibt Sturm zu bedenken.

Großbritannien Scottland 2 Pfund Münze
Für 7.45 Pfund ist die Jubiläumsmünze zu haben.Bild: Royal Mint

Vielleicht entscheidet am Ende doch wieder die Zentralregierung. Und dort halten die beiden großen Parteien, die Labour und die Tories, an der Einheit Großbritanniens fest. Zum 300. Jubiläum des "Act of Union" wurde in London eine limitierte Anzahl von Zwei-Pfund-Münzen geprägt. Darauf sind die beiden stacheligen Nationalblumen der Insel zu sehen: die britische Rose, die schottische Distel - und natürlich die Queen.