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Schreiben im Exil

Mahmood Salehi26. Juni 2012

In seinem Blog "Fenster der Angst" schreibt der iranische Blogger Arash Sigarchi über die politischen Entwicklungen im Iran. Für sein Engagement gewann er den Hauptpreis der BOBs – Deutsche Welle Blog Awards 2012.

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Der iranische Blogger und Jounalist Arash Sigarchi
Bild: privat

Die Gewinner der BOBs - Deutsche Welle Blog Awards nahmen am Dienstag, den 26. Juni 2012, auf dem Deutsche Welle Global Media Forum ihre Preise entgegen. Der iranische Blogger und Journalist Arash Sigarchi ist stolz über den Hauptgewinn und sagt: "Als ich vor zehn Jahren angefangen habe zu bloggen, gab es keine Preise zu gewinnen. Der Zweck meines Schreibens war, die Zensur zu umgehen. Ich war mir aber immer sicher, dass Blogger gesehen und wahrgenommen werden."

Screenshot von Arash Sigarchis Blog "Fenster der Angst"
Arash Sigarchis Blog "Fenster der Angst"Bild: sigarchi.net/blog

Viele Blogleser aus dem Iran

Ist nach der turbulenten Zeit der grünen Bewegung Ruhe im Iran eingekehrt? Das fragen sich viele Menschen im Westen. Doch Arash Sigarchi meint dazu, dass der Eindruck täusche. Der Fluss fließe unter einer Eisschicht weiter. "Das Eis kann den Fluss nie ganz bedecken. Es mag sein, dass sich jetzt weniger Leute trauen zu bloggen, aber die produzierten Inhalte haben sich qualitativ weiter entwickelt."

Das sagt er aus eigener Erfahrung. Zwischen 1000 und 14.000 Nutzer besuchen täglich sein Blog "Fenster der Angst". Fast 70 Prozent seiner Leser kommen mit Hilfe von Anti-Zensur-Programmen direkt aus dem Iran. Viele kennen ihn noch aus der Zeit, als er als Redakteur und später als Chefredakteur für die Regionalzeitung "Gilane Emrooz" gearbeitet hat.

Zensur, Haft, Krankheit und Exil

Seit 2008 arbeitet Arash Sigarchi als Moderator in Washington, D.C. für den Sender "Voice of America". Vier Jahre zuvor war er im Iran verhaftet und zu einer Haftstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Ihm wurde seine kritische Berichterstattung vorgeworfen.

Der iranische Blogger und Jounalist Arash Sigarchi (Foto: Salehi/DW)
Arash Sigarchi auf dem Global Media Forum in BonnBild: DW/M. Salehi

Zwar gelang es ihm mit Hilfe seiner Anwältin, der Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi, das Strafmaß auf drei Jahre zu reduzieren, doch es folgten neue Rückschläge. Sein Bruder Ashkan, ein Musiker, kam bei einem Autounfall ums Leben.

Schließlich erkrankte er während der Haft an Krebs. Sein Gesicht ist immer noch von den Operationen gezeichnet. Als er wegen der Krebsbehandlung freigelassen wurde, habe die Liebe und die Heirat mit seiner langjährigen Freundin ihm geholfen, den Krebs zu besiegen, erzählt Sigarchi.

In seinem Blog "Fenster der Angst" schreibt er trotzdem weiter. Der Name des Blogs ergibt jetzt sogar noch mehr Sinn als früher, findet er: "Als Moderator beobachte ich den Iran jeden Tag. In jedem Browserfenster, das ich öffne, lese ich schlechte Nachrichten."

Eintreten für Menschenrechte

Wer jahrelang zensiert wird, entwickelt automatisch eine innere Zensur. Doch das Schreiben in Freiheit, sagt Sigarchi, mache ihn kreativ. Nachdenklich fügt er hinzu: "Freiheit bringt Verantwortung mit sich, und wer Verantwortung übernimmt, braucht Vertrauen. Und Vertrauen ist das höchste Gut journalistischer Arbeit." Trotz aller persönlicher Erfahrungen und Schicksalsschläge, bemüht er sich um Sachlichkeit, Fairness, Ausgewogenheit und Wahrheit, sagt er. "Ich bin Journalist, und alles, was ich poste, wird als journalistische Nachricht wahrgenommen."

Ute Schaeffer, Chefredakteurin der Deutschen Welle, leitete in Berlin die Jurysitzung der BOBs und hatte nun auf dem Global Media Forum die Gelegenheit, sich länger mit Sigarchi und den anderen Gewinnern der BOBs zu unterhalten. Sie sagte, alle Preisträger zeigten eine professionelle Haltung und würden klar und unmissverständlich Menschenrechte einfordern. Für die DW sei dies ein guter Grund mit ihnen zusammen zu arbeiten.

Arash Sigarchi bleibt nach dem Global Media Forum, noch ein paar Tage in Deutschland. Er will sich die EM-Spiele anschauen. In den USA fehlt ihm die Begeisterung für den Fußball. Wer wird Europameister? "Deutschland!" antwortet er klar und eindeutig.