1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schreiber drohen bis zu 15 Jahre Haft

3. August 2009

Nach zehn Jahren juristischen Tauziehens ist der frühere Waffenlobbyist Karlheinz Schreiber wieder in Deutschland. Ein Berufungsgericht in Kanada hatte den Weg für die Abschiebung des 75-Jährigen freigemacht.

https://p.dw.com/p/J29c
Karlheinz Schreiber (Foto: AP)
Muss sich nun der deutschen Justiz stellen: Karlheinz SchreiberBild: AP

Der 75-jährige Karlheinz Schreiber ist eine Schlüsselfigur im CDU-Spendenskandal um den ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl. Schreiber drohen im Falle einer Verurteilung bis zu 15 Jahre Haft, wie die Staatsanwaltschaft in Augsburg am Montag (03.08.2009) erklärte.

Schon am Dienstag soll Schreiber, gegen den ein Haftbefehl aus dem Jahr 1999 vorliegt, in Augsburg einem Haftrichter vorgeführt werden. Der Prozess wird vermutlich Monate dauern und soll laut Staatsanwaltschaft nicht vor der Bundestagswahl am 27. September eröffnet werden. Dagegen sagte der Augsburger Landgerichtspräsident Herbert Veh mit Blick auf den weiteren Verlauf des Verfahrens, das Beschleunigungsgebot spreche dafür, dass es sich nicht allzu lange hinziehen werde.

Millionenspende an die CDU

Karlheinz Schreiber mit kanadischen Polizisten (Foto: dpa)
Kanada lieferte Schreiber an Deutschland ausBild: picture-alliance/ dpa

Dem früheren Waffenlobbyisten werden millionenschwere Steuerhinterziehung, Betrug und Bestechung vorgeworfen. Nach Angaben der Augsburger Staatsanwaltschaft hatte er vom Industrieunternehmen Thyssen für mehrere Rüstungsprojekte rund 15 Millionen Euro kassiert. Von Mitte der 80er Jahre bis 1995 soll er dann mit Hilfe ausländischer Tarnfirmen Geld über Schweizer Nummernkonten an Industrielle und Politiker verteilt haben.

Eine Millionenspende überreichte er laut Staatsanwaltschaft dem früheren CDU-Schatzmeister Walter Leisler Kiep in einem Koffer. Der frühere Verteidigungsstaatssekretär Holger Pfahls erhielt von Schreiber 3,8 Millionen Mark Schmiergeld für seine Unterstützung beim Verkauf von Fuchs-Panzern nach Saudi-Arabien.

Die Staatsanwaltschaft Augsburg ist Schreiber seit fast zehn Jahren auf den Fersen. Er war 1999 in Toronto festgenommen worden. Seitdem kämpften seine Anwälte gegen die Auslieferung. Erst vor kurzem war er mit seiner vierten Beschwerde gescheitert: Am 10. Juli lehnte es ein Gericht in Toronto ab, den bereits 2004 ergangenen Auslieferungsbeschluss zu überprüfen.

Kanadisches Berufungsgericht lehnte Aufschub der Auslieferung ab

Schreiber im November 1999 mit seinem Anwalt (Foto: AP)
Schreiber im November 1999 mit seinem AnwaltBild: AP

Am Montagmorgen war Karlheinz Schreiber mit einer aus Toronto kommenden Maschine auf dem Münchner Flughafen gelandet. Anschließend wurde er in die Justizvollzugsanstalt Augsburg gebracht. Dort stand eine Neun-Quadratmeter-Zelle für ihn bereit.

Der kanadische Justizminister Rob Nicholson hatte zuvor erklärt, Schreiber sei gemäß einem Beschluss aus dem Jahr 2004 an die Bundesrepublik ausgeliefert worden. Der 75-Jährige hatte bis zuletzt versucht, seine Abschiebung noch zu verhindern. Doch das zuständige Berufungsgericht lehnte eine entsprechende einstweilige Verfügung ab. Damit war der Rechtsweg in Kanada ausgeschöpft. Am Freitagnachmittag hatten Vertreter des kanadischen Justizministeriums Schreiber aufgefordert, bis spätestens Sonntag seine Auslieferungshaft anzutreten.

Schreiber fürchtet politisches Verfahren

In einem Brief an den kanadischen Ministerpräsidenten Stephen Harper, der laut dem Berliner "Tagesspiegel" in Kopie auch an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging, äußerte Schreiber die Befürchtung, dass ihm in Deutschland kein fairer Prozess, sondern ein politisches Verfahren bevorstehe. Er begründete dies mit der Veröffentlichung von Unterlagen, die dem "Tagesspiegel" zufolge seine Kontakte zu hochrangigen Unionspolitikern in den 90er Jahren betreffen.

"Die SPD bereitet sich auf die bevorstehende Wahl vor und hofft, die deutschen Konservativen erneut mit Hilfe meines Falles besiegen zu können", heißt es demnach in der Erklärung Schreibers. "Die Frage ist, ob der konservative Premierminister Kanadas die SPD unterstützen und die Wahlniederlage von Angela Merkel verantworten will." Falls nicht, solle Harper mit der Auslieferung wenigstens bis nach der Bundestagswahl warten.

Die Union reagierte unterdessen gelassen auf die Überstellung des Lobbyisten und den bevorstehenden Prozess. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) schloss eine politische Einflussnahme auf das Verfahren aus. Eventuellen Enthüllungen sehe er "gelassen" entgegen. Ähnlich reagierte auch die Bundes-CDU. Jetzt sei die Justiz am Zuge, hieß es in der Parteizentrale in Berlin. (gri/se/kis/afp/ap/dpa)