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Schreibwaren haben Saison

9. August 2005

Zum Schuljahresanfang haben Hefte, Füller und sonstige Schreibwaren Konjunktur. "Mit E-Mails werden keine Hausaufgaben gemacht", sagt Volker Wessels vom Bürowirtschaftsverband. Doch das laufende Geschäft ist schwierig.

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Es muss nicht immer "Herlitz" seinBild: AP


Zwei Dutzend Schnellhefter für 1,70 Euro, Collegeblocks zu 1,29 Euro: Nach Sonderangeboten für ihre Schulkinder müssen Eltern derzeit nicht lange suchen. Doch sinkende Schülerzahlen und der Siegeszug der papierlosen Kommunikation per E-Mail beschneiden den Schreibwaren-Markt.

Angespitze Bleistiftspitzen.
Mit spitzem Stift ...Bild: dpa

Zusätzlich heizen die Discounter den Preiskampf mit Billigprodukten an. Auch Warenhäuser und Supermärkte werben mit Büromaterial im Vorratspack. Eine große Auswahl gibt es zwar meist nicht, aber die Schulschnäppchen ködern Kunden. "Wer Stifte sucht, kauft oft auch gleich noch andere Waren", sagt eine Sprecherin des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels. Was die Kunden freut, drückt jedoch die Margen der etablierten Schreibwarenhersteller und bundesweit 2900 Fachhändler.

Umsatz mit Papier, Bürobedarf, Schreibwaren sinkt

Die flaue Konjunktur macht den zumeist mittelständischen Anbietern erheblich zu schaffen. Der Handelsumsatz sank im vergangenen Jahr um 2,1 Prozent auf rund sieben Milliarden Euro. Und auch im ersten Quartal 2005 gab es weiter Verluste im Privatkundengeschäft, während sich der Absatz an Firmen leicht erholte. Die traditionell starken Monate des Jahres hätten zwar gerade erst begonnen, betont der Bundesverband Bürowirtschaft, doch das Geschäft schwanke inzwischen deutlich stärker als in den Jahren zuvor. Denn die wichtigsten Zielgruppen schrumpfen kontinuierlich.

Zahlreiche Büroarbeitsplätze in der Wirtschaft sind verschwunden, und auch die Schuljahrgänge werden wegen sinkender Geburtenraten kleiner. Was das bedeutet, können Experten schon ausrechnen: Während einer zehnjährigen Schulzeit gibt ein Kind etwa 1500 Euro für Schulprodukte aus. Aber außerhalb der Schule nutzen viele junge Leute das Handy und nicht den Notizblock. Durchschlagpapier zum Vervielfältigen von Briefen, Farbbänder für Schreibmaschinen oder Stempelkissen will ohnehin kaum noch jemand haben. Die Fachhändler reagieren und bieten zunehmend Computerzubehör, Bastel- und Künstlerbedarf, Geschenkartikel und Bücher an.

Branchenfernes Engagement

Auch die Konkurrenz aus Fernost schläft nicht: Blöcke und Geschenkpapier kommen längst auch aus Indien und China. Steigende Kosten für Rohmaterial wie Kunststoffe und Stahl belasten die Bilanzen. Wachstumspotenzial gebe es vorerst noch am ehesten im Export, heißt es beim "Industrieverband Papier, Bürobedarf, Schreibwaren". Anbieter wie das Berliner Traditionsunternehmen Herlitz setzen daneben gezielt auf benachbartes Geschäft: Eine Dienstleistungstochter kümmert sich etwa um Logistik und Verkaufsförderung für andere Unternehmen. Das 100 Jahre alte Traditionsunternehmen hatte 2002 Insolvenz anmelden müssen, konnte aber gerettet und saniert werden. Noch immer sucht das Unternehmen nach einem Investor.

Der Berliner Papierhändler HIT International Trading verlässt zum Teil ganz sein angestammtes Segment und verhandelt mit einem Investor über den Einstieg in den Solar-Markt: HIT will sich mit der Antec Solar Energy AG aus Frankfurt über die Übernahme der Solarmodul-Fabrik im thüringischen Arnstadt handelseinig werden. HIT, ehemals eine Tochter des Papierherstellers Herlitz, hat im vergangenen Jahr mit dem Verkauf von Zeitungsdruckpapier noch 44,6 Millionen Euro umgesetzt - und Verluste geschrieben.

Schreibwaren
Mit Filzern allein lässt sich kein Geld mehr verdienenBild: dpa

Dass die digitale Zukunft die klassischen Papierwaren ganz verdrängen wird, glaubt indes kaum jemand. Neben Materialien für Künstler hätten hochwertige, dekorative Kalender oder Grußkarten vielversprechende Aussichten in "Lifestyle"-Sortimenten, tröstet sich der Bürowirtschafts-Verband über die Absatzflaute hinweg. (arn)