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"Schreitender Mann" erzielt Rekordpreis

4. Februar 2010

Die wohl berühmteste Skulptur des Schweizer Künstlers Giacometti hat bei einer Versteigerung in London einen Rekordpreis erzielt. Ein anonymer Käufer zahlte das Vierfache des ursprünglich geschätzten Preises.

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Eine Frau betrachtet die Skulptur 'Schreitender Mann' von Giacometti (Foto: dpa)
Die Skulptur von Giacometti ist das teuerste versteigerte Kunstwerk der WeltBild: picture alliance / dpa

Die lebensgroße Bronzeskulptur eines schreitenden Mannes - "L'Homme qui marche I" - des Schweizer Bildhauers Alberto Giacometti erzielte bei einer Auktion am Mittwochabend (03.02.2010) bei Sotheby's in London einen Preis von 65 Millionen Pfund (rund 74 Millionen Euro). Das ist der höchste Preis, der je für ein Kunstwerk auf einer Auktion bezahlt wurde. Bisheriger Rekordhalter war das Bild "Junge mit Pfeife" von Pablo Picasso.

Erfolgreicher Deal für Commerzbank

Das Auktionshaus hatte den Wert der Bronzeskulptur ursprünglich auf 18 Millionen Pfund geschätzt. Ein anonymer Käufer bezahlte schließlich jedoch das Vierfache. Der "Schreitende Mann" stammt aus der Sammlung der Commerzbank und stand bisher in einer Konferenzetage des Frankfurter Dresdner-Bank-Hochhauses. Seit 1980 war das Werk im Besitz der Dresdner Bank und ging nach der Übernahme durch die Commerzbank im vergangenen Jahr zusammen mit anderen Kunstwerken in deren Sammlung über.

"Natürlich freuen wir uns über den großen Erfolg", sagte eine Sprecherin der Bank nach der Versteigerung. Der Erlös geht an die Stiftung der Bank und ausgewählte Museen. Die Commerzbank hatte im Januar angekündigt, aus der Kunstsammlung der Dresdner Bank rund 100 Werke als Dauerleihgaben an Museen zu geben, darunter Arbeiten von Andy Warhol und Dan Flavin.

Auktion bei Sotheby's (Foto: dpa)
Wettstreit der Bieter bei Sotheby's um den "Schreitenden Mann"Bild: picture alliance / dpa

Zuschlag in Null komma Nichts

Das Einstiegsgebot für die fragile Bronzeplastik, die der Künstler 1961 geschaffen hatte, lag laut Sotheby's bei zwölf Millionen Pfund. Innerhalb der nur achtminütigen Versteigerung hatten die Bieter den Preis jedoch schnell in die Höhe getrieben. Nähere Angaben zu dem anonymen Telefonbieter, der letztlich den Zuschlag erhielt, wollte eine Sprecherin von Sotheby's nicht machen.

"L'Homme qui marche I" zählt zu den wichtigsten Werken Giacomettis, der für seine dünnen Plastiken bekannt ist. Der Schweizer, der von 1901 bis 1966 lebte, gehört zu den populärsten Künstlern des 20. Jahrhunderts.

Dass die Öffentlichkeit die wertvolle Skulptur nun zu sehen bekommt, ist eher unwahrscheinlich. Der Kunstmarkt-Experte Henry Lydiate sagte, er gehe nicht davon aus, dass das Werk an eine öffentliche Sammlung ging, sondern vermutlich an eine Privatperson.

Kehrseite des Rekordes

Als "Sensation auch für uns" bezeichnete der Kurator der Duisburger Giacometti-Ausstellung, Gottlieb Leinz, die Rekord-Versteigerung. Er erwartet jetzt einen größeren Ansturm auch auf die eigene Kunstschau. Nach dem Weltrekordpreis für den "Schreitenden Mann" soll die Duisburger Ausstellung mit rund 120 Werken von Alberto Giacometti künftig schärfer bewacht werden. "Es gibt jetzt eine andere Begehrlichkeit im Publikum", sagte am Donnerstag der neue Direktor des Duisburger Museums, Raimund Stecker.

Das auf Bildhauerei spezialisierte Duisburger Lehmbruck Museum mit der größten Giacometti-Sammlung in Deutschland werde durch den jetzt erzielten Preisrekord "unglaublich aufgewertet", sagte der Museumschef. Die Kehrseite des Rekordes bestehe darin, dass öffentliche Sammlungen künftig noch weniger Werke des Künstlers erwerben könnten.

Noch bis zum 18. April zeigt das Haus die Ausstellung mit Plastiken, Gemälden und Zeichnungen, die sich um die Skulptur "Die Frau auf dem Wagen" (1945) gruppieren. Hierfür hatte der Schweizer Giacometti erstmals die große Form gewählt. Seine zerbrechlich wirkenden, überlängten Menschenbilder wurden später weltbekannt.

Autorin: Natalia Karbasova (dpa, ap, afp)
Redaktion: Ursula Kissel