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Schuhe aus und Hosen runter!

Udo Bauer10. Januar 2002

Nur nicht auffallen und sich bloß keine Scherze erlauben. Die Sicherheitsmaßnahmen auf amerikanischen Flughäfen sind drakonisch. Wozu das mitunter führt, erzählt DW-Korrespondent Udo Bauer.

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Die Frauen und Männer in den Kampfuniformen der Nationalgarde haben ihre M-16-Gewehre immer auf den Boden gerichtet – und das soll so bleiben. Die Soldaten stehen am Ende einer Kette von Sicherheitspersonal am Checkpoint des Flughafens Detroit. Am Anfang steht eine Zivilistin mit Kopftuch, die freundlich nach der Bordkarte und dem Ausweis fragt und beides miteinander vergleicht. Sie bittet mich, den Laptop aus dem Handgepäck zu nehmen und gesondert auf das Band des Röntgengerätes zu legen. Den Gang durch den Metalldetektor schaffe ich, ohne den Alarm auszulösen.

Stichproben

"Ist das ihre Tasche?" fragt mich der Mann am Ende des Röntgengeräts. Ja. "Mitkommen!" Mit Plastikhandschuhen durchwühlt er mein Handgepäck, streicht sanft mit dem Sprengstoffspürgerät über "verdächtige" Gepäckstücke wie ein Kameraobjektiv und Videokassetten. Dann muss ich meine Schuhe ausziehen, sie werden auf dem Tisch ausgiebig untersucht. Ich tausche vorsichtig Blicke aus mit zwei Leidensgenossinnen auf Socken, einer jungen Frau und einer Mutter mit Säugling auf dem Arm. Niemand beschwert sich über diese Prozedur, die sich noch einmal kurz vor dem Besteigen des Flugzeugs wiederholen kann. Denn auch dort steht ein Herr mit Plastikhandschuhen bereit für Stichproben von Handgepäck und Schuhen.

"Richtig sauer"

Erst jetzt fällt mir auf, dass es in erster Linie weiße Passagiere sind, die den Extra-Checks zum Opfer fallen. Als wollte sich das Sicherheitspersonal nicht dem Vorwurf des ‘racial profiling’ aussetzen, also dem gezielten Durchsuchen von Arabern und anderen fremdländisch aussehenden Menschen. Dieses Profiling nämlich hatte den US-Präsidenten vor zwei Wochen – Zitat – "richtig sauer" gemacht. Einer seiner Leibwächter, ein Amerikaner arabischer Herkunft, war vom Piloten einer Verkehrsmaschine offenbar schikaniert worden und musste schliesslich das Flugzeug kurz vor dem Start wieder verlassen.

Peinliche Szenen

Fast täglich hört und liest man in Amerika von irgendwelchen menschlichen Dramen an den Checkpoints. So musste sich ein 75jähriger Kongressabgeordneter am Washingtoner Flughafen bis auf die Unterhose ausziehen, weil die Metalldetektoren bei seinem kunstlichen Hüftgelenk Alarm schlugen. "Die haben mich begrabscht wie einen Zuchtbullen", so der Parlamentarier. Dabei hatte der Demokrat noch Glück, dass er zum Check in ein Hinterzimmer gebeten wurde. Normalerweise gibt es in US-Airports noch nicht einmal Vorhänge, hinter denen gründlichere Untersuchungen vorgenommen werden.

Sexueller Offenbarungseid

Auch gibt es keine Garantie, dass weibliches Sicherheitspersonal nur weibliche Fluggäste kontrolliert und auf der anderen Seite die Männer unter sich bleiben. Ein Beispiel, ebenfalls aus der Bundeshauptstadt Washington: Dort wurde ein elegant gekleideter französischer Fluggast reifen Alters von einer Frau durchsucht. "Das könnte jetzt ein wenig delikat werden", sagte der ganz cool, als die Dame mit dem piepsenden Metalldetektor immer wieder seinen Genitalbereich umkreiste. Schliesslich musste der Franzose zugeben, dass er "da unten" ein Implantat trägt. Trotz all dieser Vorfälle ist die grosse Mehrheit der Amerikaner mit den verschärften und mitunter langwierigen Sicherheitschecks an den Flughäfen einverstanden. Parole: "Better safe than sorry!"