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Migration als Problem statt Normalfall

17. März 2015

Deutsche Schulbücher stellen das Thema Zuwanderung oft negativ dar. Das geht aus einer Studie hervor. Migranten werden als "passiv Betroffene oder Opfer dargestellt", so ein Ergebnis.

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Schüler lernen über ihren Heften und Büchern (Foto: Jochen Tack)
Bild: Imago/Jochen Tack

Dass Vielfalt als Normalfall dargestellt werde, sei eher die Ausnahme, sagte die Leiterin der Studie "Migration und Integration", Inga Niehaus. "Migration wird in den Sozialkunde- und Geschichtsschulbüchern, teilweise auch in Geografieschulbüchern primär als konfliktträchtig und krisenhaft dargestellt", hieß es bei der Vorstellung der Studie in Berlin.

Das Georg-Eckert-Institut hatte zusammen mit dem Zentrum für Bildungsintegration an der Stiftung Universität Hildesheim 65 aktuell benutzte Schulbücher der Klassen 9 und 10 aus Bayern, Berlin, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen untersucht. Schwerpunktmäßig wurden Bücher der Fächer Geschichte, Geografie und Sozialkunde aus den Jahren 2003 bis 2014 analsysiert.

"Ausländer" vs. "Deutsche"

Viele Arbeitsaufträge in den Büchern würden aus der Perspektive der Dominanzgesellschaft gestellt, erklärte Niehaus. So stelle ein Schulbuch aus Bayern die Frage: "Welche Erfahrungen hast du mit Ausländern gemacht?" Ein anderes Buch frage, ob die multikulturelle Gesellschaft Fluch oder Segen sei. "Für die Schülerinnen und Schüler von heute ist sie die Realität", bekräftigte Niehaus.

Zudem werde nicht präzise formuliert und Begriffe wie "Ausländer", "Fremde" oder "Migranten" nicht voneinander abgegrenzt oder synonym verwendet. "Als 'Deutsche' werden in fast allen untersuchten Schulbüchern Menschen verstanden, die keine Migrationsgeschichte haben", heißt es in der Studie. Hingegen würden Migranten oft als Menschen dargestellt, von denen "eine Anpassungsleistung an die deutsche Gesellschaft" gefordert werde.

Ein Drittel der Schüler haben Migrationshintergrund

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), verwies darauf, dass ein Drittel der Schüler hierzulande einen Migrationshintergrund habe und davon über 80 Prozent Deutsche sind. Klischees oder diskriminierende Darstellungen hätten in Schulbüchern nichts zu suchen. "Ein ermutigendes Ergebnis der Studie ist, dass in den Sozialkundebüchern Deutschland explizit als Einwanderungsland beschrieben wird", so Özoguz weiter. Ihre Vorgängerin Maria Böhmer (CDU) hatte die Studie in Auftrag gegeben.

Die Autoren der Studie empfehlen Verlagen, Autoren und Lehrern, gesellschaftliche Vielfalt als normal darzustellen und die Potenziale und Chancen von Migration häufiger zu thematisieren. Wünschenswert sei zudem, mehr Menschen mit Migrationshintergrund an der Erstellung von Schulbüchern zu beteiligen.

Mehrere Schulbuchverlage riefen zu Geduld auf. So sagte der Leiter des Ernst-Klett-Verlags, Ilas Körner-Wellershaus, Schulbücher seien ein Abbild der Gesellschaft. Damit Veränderungen in die Bücher einfließen könnten, müsse sich zunächst die Gesellschaft wandeln. "In diesem Wandel befinden wir uns gerade", sagte Körner-Wellershaus.

nem/ds (dpa, epd, KNA)