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Schule für Eheglück

Nelly Youssef © qantara.de8. Juli 2004

Viele arabische Männer und Frauen sind unzufrieden mit ihrem Sexualleben. Seit kurzem gibt es in Kairo eine Schule, die diesem Problem mit Beratungen, Seminaren und Koranversen Abhilfe schaffen will.

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Ägypten: mehr Zufriedenheit durch BeratungBild: Abbis

Die Ägypterin Muna fühlte sich nach drei Jahren Eheleben unwohl. Ihre Unzufriedenheit mit der sexuellen Beziehung zu ihrem Mann wurde immer größer. Aber das Thema war ihr peinlich, und sie schämte sich, offen darüber zu sprechen, denn gemäß den in der ägyptischen Gesellschaft gepflegten Traditionen gilt die Diskussion über Sexualität als anstößig.

Chance zum Reden

So wie Muna geht es vielen verheirateten ägyptischen und arabischen Frauen – und nicht nur Frauen finden es problematisch, offen über ihre sexuelle Beziehung zu sprechen. Ebenso schamhaft verhalten sich die Männer. Als eine Freundin Muna von einer "Schule für Eheglück" berichtete, bislang der ersten in Ägypten und in der arabischen Welt, wurde ihr klar, dass dies ihre einzige Möglichkeit war, das Schweigen zu brechen.

Gegründet hat die "Schule für Eheglück" die ägyptische Ärztin Hiba Qutb. Sie arbeitet in einer großen Praxis mitten in Kairo. "Schule für Eheglück" nannte sie ihr Projekt, weil sie in den Praxisräumen Seminare veranstaltet, in denen vermittelt wird, was eine gut funktionierende Ehe ausmacht.

Nach Hiba Qutbs Einschätzung besteht in den arabischen und islamischen Ländern im Bereich Sexualität ein enormer Beratungsbedarf für Ehepaare, obwohl alle damit zusammenhängenden Fragen eigentlich im Islam klar und offen zur Sprache kommen.

Egoismus der Ehemänner

Die größten Probleme der ägyptischen Ehepaare, die Hiba Qutbs „Schule für Eheglück" aufsuchen, entstünden daraus, dass der ägyptische Mann seine Frau als Objekt sieht, das der Befriedigung seiner sexuellen, sozialen und emotionalen Bedürfnisse zu dienen habe, sagt Hiba Qutbs.

Das eigentliche Problem der ägyptischen Ehepaare sei aber Ignoranz und mangelndes Verständnis füreinander, sagt Hiba Qutb. Kein Wunder, denn die sexuelle Aufklärung ist spärlich und steckt obendrein voller Fehlinformationen.

Klienten aus allen Schichten

Als Hiba Qutb die Schule vor drei Jahren gründete, kamen zunächst nur Hilfesuchende mit hohem Bildungsniveau zu ihr. Denn noch immer stehen dem Entschluss, in solch persönlichen Angelegenheiten professionellen Rat einzuholen, überkommene gesellschaftliche Traditionen im Weg. Seit etwa einem Jahr kommen aber auch Klienten mit niedrigem Bildungsniveau zu ihr.

Wissenschaft und Religion

Hiba Qutb verwendet in ihren Seminaren Bildmaterial zur Erläuterung sexueller Praktiken. Bei Erklärungen bedient sie sich anschaulicher Beispiele und zieht auch häufig Koranverse heran, sogar wenn es sich um eine christliche Klientel handelt. In den seltensten Fällen verschreibt sie Medikamente wie pharmazeutische Cremes. Wesentlich mehr hält sie von der Behebung funktioneller Störungen, die die sexuelle Beziehung vieler Ehepaare beeinträchtigen. Manchmal empfiehlt sie auch bestimmte Bücher, in denen das jeweilige Problem eines Paares eingehend behandelt wird.

Seit einigen Monaten bietet die „Schule für Eheglück" neue Seminare für Ehepaare an. Darin geht es speziell um die Berichtigung von Fehlinformationen und um intime Beziehungen. Wiederum andere Seminare richten sich an Paare, die eine Heirat planen. Auch für Jugendliche in der Pubertät werden Kurse angeboten, in denen sie über das Thema Sexualität aufgeklärt werden - sowohl in wissenschaftlicher als auch in religiöser Hinsicht.