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Schulessen: Bei vegan ist Schluss

Kathleen Schuster/nin20. Mai 2016

Tofu Schnitzel und Soja-Bolognese - eine vegetarische Alternative gehört inzwischen auf den Speiseplan jeder Kantine. Veganern reicht das nicht. Fehlt also ein veganes Angebot? Nein, entschied jetzt ein Berliner Gericht.

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Deutschland Symbolbild Ganztagsschule (Foto: picture-alliance/dpa/F. Kraufmann)
Bild: picture-alliance/dpa/F. Kraufmann

Vegetarische und vegane Gerichte gibt es mittlerweile in den meisten Supermärkten, Trend-Restaurants und Schulkantinen. Das sichert Deutschland einen Spitzenplatz in Sachen Vegetarismus: Mit einem Anteil von knapp zehn Prozent ist Deutschland die vegetarischste Nation Europas.

Im internationalen Vergleich liegen nur Taiwan mit etwas über zehn und Indien mit 20 bis 40 Prozent vor der Bundesrepublik, wie die Europäische Vegetarier Union (EVU) ermittelte. Die Anzahl deutscher Veganer wächst ebenfalls. Laut EVU verzichten fast eine Million Menschen auf den Konsum jeglicher tierischer Produkte - den Tieren und der Umwelt zuliebe.

Aus dem Ernährungstrend ist eine ganze Bewegung geworden, die sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Doch in dieser Woche zeigten sich die Grenzen des vegan-vegetarischen Lifestyles. So bestand in Berlin ein Vater darauf, dass an der Schule seiner Tochter täglich ein veganes Gericht angeboten wird.

Das Berliner Verwaltungsgericht entschied am Donnerstag gegen ihn (VG3K503.15). Als Begründung führte es die Gesundheitsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) an. Diese hätte Veganismus als "ungeeignet" für Kinder und Jugendliche klassifiziert. Da es keine medizinischen Gründe für das Mädchen gebe, so die Richter, sich vegan zu ernähren, müsse die Schule ihr auch kein separates Essen anbieten.

Wie gesund ist vegan?

Anuga 2015 in Köln - Veganes Essen (Bild: dpa)
Mit der Nachfrage steigt auch das Angebot: Veganer können inzwischen zwischen vielen Ersatzprodukten wählenBild: picture-alliance/dpa/M. Hitij

Nach Einschätzung der DGE sind Veganer anfällig für Vitaminmängel. Besonders Vitamin B12 - essentiell für das Funktionieren des Nervensystems, Stoffwechsels, Blutbildung und Entgiftung - sei nur unzureichend in rein pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Tierschutzorganisationen wie PETA argumentieren dagegen. Pflanzliche Nahrungsmittel lieferten grundsätzlich ausreichend Energie und Proteine.

Auch Vitamin B12 fände sich "in hohen Mengen in vielen kommerziellen Cerealien, angereicherten Soja- und Reisdrinks sowie in Multivitaminsäften", heißt es auf der Website von PETA. Für Kinder empfehle sich zusätzlich ein Nahrungsergänzungsmittel, um den Bedarf an Vitamin B12 zu decken.

Das Thema Schulessen wird in Deutschland noch nicht lange diskutiert. Erst seit sich bundesländerübergreifend immer mehr Ganztagssysteme etablieren, steht auch die Frage nach dem Mittagessen im Raum. Doch ebenso flexibel wie der Begriff "Ganztagsschule" definiert wird, können auch die Essensrichtlinien interpretiert werden.

Dabei gibt die DGE Ernährungsstandards für die Versorgung in der Schule vor: eine salz-, zucker- und fettarme Ernährung, frisch zubereitete Gerichte und ein ausgewogenes Verhältnis von diversen Getreiden, Kartoffeln und Pasta. Umgesetzt werden diese Richtlinien längt nicht überall.

Essen in der Mensa (Foto: Friso Gentsch/dpa)
Fleisch ist noch immer fester Bestandteil auf den Speiseplänen deutscher SchulenBild: picture-alliance/dpa

Eine Umfrage an deutschen Schulen fand 2014 heraus: Lediglich die Hälfte der Befragten wussten von den DGE-Vorgaben. Nur etwa ein Viertel setzt diese auch um. Das Resultat: In einem Land, in dem 15 Prozent aller Kinder übergewichtig und sechs Prozent fettleibig sind, bieten die Schulen noch immer Mahlzeiten an, die zu viel Fleisch, zu viel Zucker und zu viel Fett beinhalten - und zu wenig frische Produkte.

Rücksicht auf Religion

Dabei kommen die Richtlinien der DGE auch Vegetariern und Veganern entgegen. Hinsichtlich religiöser oder diätischer Bedürfnisse seien "die Schulen sehr offen", sagt Antje Gahl, Ernährungswissenschaftlerin bei der DGE. So schreibt die Gesundheitsorganisation ein vegetarisches Mittagsgericht vor. Dieses könne von Zeit zu Zeit rein vegan ausfallen, also auch auf Eier und Milchprodukte verzichten, meint Dahl. Das sei die Entscheidung der Schule.

Wichtiger als die Bedürfnisse veganer Schülerinnen und Schüler sei ohnehin das gemeinsame Mittagessen in der Gruppe, findet sie. Dahl betont: "Vor allem in einem gemeinschaftlichen Umfeld kann es nicht immer um eine Person gehen, da eine Gemeinschaft viele Leute umfasst. Bei einem gemeinsamen Essen ist es vielleicht auch in Ordnung, sich anzupassen."