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Protestfreude der Muslimbrüder erlahmt

23. August 2013

Die ägyptischen Muslimbrüder haben wegen der Inhaftierung ihrer Führungsriege offenbar Mobilisierungsprobleme: An dem von ihnen ausgerufenen "Freitag der Märtyrer" demonstrierten in Kairo nur wenige tausend Menschen.

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In Kairo protestieren Demonstranten gegen die Freilassung Mubaraks (Foto: Reuters)
Ägypten Demonstrationen in Kairo MuslimbrüderBild: Reuters

Die Anhänger des abgesetzten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi hatten zu friedlichen Protestmärschen nach dem Freitagsgebet an insgesamt 28 Orten allein in Kairo aufgerufen. An mindestens drei Orten fanden sich bis zum Nachmittag mehrere tausend Demonstranten ein. "Putsch! Putsch!", riefen sie und "Nieder mit der Militärherrschaft!".

Demonstrationen für Mursi, der seit seiner Absetzung am 3. Juli durch das Militär an einem geheimen Ort festgehalten wird, fanden unter anderem in den Bezirken Maadi und Mohandesseen statt. Dort beschimpften Demonstranten die Vertreter des Innenministeriums als "Gangster".

Beten für Frieden am Nil

Militär und Polizei bleiben im Hintergrund

In einigen ägyptischen Städten trieb die Polizei protestierende Muslimbrüder mit Tränengas und Warnschüssen auseinander. Örtlichen Medien zufolge kam es in den Nordprovinzen Tanta und Al-Mansura zu Ausschreitungen. In Tanta wurde mindestens ein Mensch bei Ausschreitungen getötet. In der südlichen Provinz Assiut forderten einige Imame die Gläubigen auf, die Übergangsregierung zu unterstützen, während andere Armee und Polizei vorwarfen, sie hätten "gegen die Legitimität geputscht". An den Protesten der Islamisten beteiligten sich insgesamt deutlich weniger Menschen als noch vor einer Woche. Die Sicherheitskräfte hatten sich auf die neuen Proteste vorbereitet. Allerdings hielten sich Militär und Polizei in Kairo zurück und zeigten nur an vereinzelten Stellen Präsenz.

Vielerorts trauten sich die Mursi-Anhänger nicht aus ihren Häusern, wie AFP-Reporter berichteten. Außerdem brachen offenbar die Kommunikationsstrukturen der Bruderschaft zusammen. Nahezu die gesamte Führungsriege der Muslimbrüder befindet sich inzwischen in Haft. Im Machtkampf mit den Islamisten nahmen die ägyptischen Sicherheitskräfte in der Nacht zum Dienstag in Kairo den geistlichen Führer der Muslimbrüder, Mohammed Badie, fest. Zuletzt wurde auch noch Ahmed Aref, einer der letzten Sprecher der Bewegung, inhaftiert. Am Sonntag beginnt gegen führende Muslimbrüder ein Prozess wegen Anstiftung zum Mord an Gegnern von Mursi.

Muslimbrüder ohne funktionierende Führung

"Wir erhalten keine Weisungen mehr", sagte ein Mitglied der Muslimbrüder aus dem Nil-Delta am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. "Wir wissen nicht mehr, was wir tun sollen, die meisten führenden Köpfe sind inhaftiert." Die Muslimbrüder wüssten außerdem, dass ihre Telefone abgehört würden. "Also benutzen wir sie nicht mehr", betonte der Islamist.

Am Mittwoch vergangener Woche waren in Kairo zwei Protestlager der Muslimbrüder gewaltsam geräumt worden. Damit war die ohnehin explosive Lage in Ägypten seit Mursis Sturz Anfang Juli eskaliert. An dem Tag sowie bei Protesten in den folgenden Tagen wurden mehr als 900 Menschen getötet. Mursis Anhänger lieferten sich blutige Auseinandersetzungen mit dem gegnerischen Lager und mit der Polizei. Die Regierung hat für die Dauer eines Monats den Notstand verhängt und eine nächtliche Ausgangssperre erlassen.

Ägyptische Panzersoldaten sichern einen Zugang zum Tahrir-Platz in Kairo (Foto: Reuters)
Ägyptische Panzersoldaten sichern einen Zugang zum Tahrir-Platz in KairoBild: Reuters

Zusätzliche Sorgenfalten wegen Mubarak

Neuen Zündstoff lieferte am Donnerstag die Freilassung von Ex-Staatschef Husni Mubarak aus dem Gefängnis. Mubarak wurde in einer Militärklinik unter Hausarrest gestellt. Einige Dutzend Menschen protestierten vor dem zentralen Justizgebäude in Kairo gegen seine Haftverschonung. Dagegen schickte eine Gruppe von Anhängern, die sich über seine Freilassung freut, 35 Blumensträuße in sein Krankenzimmer. Der 85-Jährige muss sich vor Gericht wegen der Tötung von mehr als 800 Demonstranten verantworten. Der Prozess wird an diesem Sonntag fortgesetzt.

kle/re (afp, rtr, dpa)