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Schweiz bleibt trotz "Dschihad"-Aufruf gelassen

26. Februar 2010

Der Aufruf Muammar al-Gaddafis zum "Dschihad" gegen die Schweiz hat weltweit für Verwirrung gesorgt. Während die UN den libyschen Staatschef heftig kritisiert, reagieren die EU und die Schweiz sehr zurückhaltend.

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Muammar al-Gaddafi (Foto: ap)
Erzürnt über das Schweizer Minarettverbot: Libyens Staatschef GaddafiBild: AP

Die jüngsten Äußerungen Muammar al-Gaddafis sind von den Schweizern mit Gelassenheit aufgenommen worden. Obwohl der libysche Revolutionsführer am Donnerstagabend zum Heiligen Krieg gegen die Eidgenossen aufgerufen hatte, wollte sich das Außenministerium in Bern bislang nicht zu dem Aufruf äußern. Auch die Präsidentin des Außenausschusses im Parlament, Christa Markwalder, sprach sich dafür aus, nicht auf die Äußerungen zu reagieren.

Die Vereinten Nationen indes reagierten umso heftiger: Derartige Erklärungen eines Staatschefs seien "im Rahmen der internationalen Beziehungen inakzeptabel", erklärte der UN-Generaldirektor Sergej Ordzhonikidse bei einer Pressekonferenz am Freitag (26.02.2010) in Genf.

EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton (Foto: ap)
Setzt auf Zurückhaltung im Streit mit Libyen: Catherine AshtonBild: AP

"Unglücklicher Zeitpunkt"

Auch aus Brüssel gab es bereits Reaktionen auf Gaddafis Rede. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bedauerte, dass der libysche Staatschef zu einem "unglücklichen Zeitpunkt" zum "Heiligen Krieg" gegen die Schweiz aufgerufen hat. Ein Sprecher Ashtons erklärte weiter, es handele sich um "in diplomatischem Sprachgebrauch ziemlich ungewöhnliche Äußerungen". Eine direkte Kritik an Gaddafi war von Seiten der EU jedoch nicht zu hören.

Die zögerliche Kritik aus Brüssel und das Schweigen aus Genf machen deutlich, wie angespannt die Beziehungen zu Libyen momentan sind. Obwohl Gaddafi die Schweiz in seiner Rede wegen des Minarettverbots angriff, sehen unabhängige Beobachter seinen Aufruf zum "Heiligen Krieg" im Zusammenhang mit der sogenannten Hannibal-Affäre.

Plakat zur Volksabstimmung über Minarettverbot (Foto: ap)
Deutliches Votum: Der Großteil der Schweizer stimmte im November für ein MinarettverbotBild: AP

Gaddafis Sohn Hannibal wurde 2008 in Genf wegen mutmaßlicher Misshandlung von Angestellten vorübergehend festgenommen. Seitdem wettert der libysche Staatschef unablässig gegen die Eidgenossen. Auslöser der jüngsten Kritik war die Volksabstimmung vom November, in der sich die Bevölkerung gegen den Neubau von Minaretten ausgesprochen hatte. Gaddafi nannte die Schweizer daraufhin "ungläubig" und forderte die islamische Welt deshalb zum "Dschihad", dem "Heiligen Krieg", gegen das Land auf.

Das Wort "Dschihad" steht für den umfassenden Einsatz für die Sache Gottes und beinhaltet die religiöse Pflicht der Gläubigen, ihre Religion zu verbreiten und notfalls auch mit Gewalt zu verteidigen.

Autor: Dominik Jozic (dpa)
Redaktion: Martin Schrader