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Europameister verliert

16. Juni 2010

Riesenüberraschung: Außenseiter Schweiz hat am sechsten WM-Spieltag völlig unerwartet gegen Titelfavorit Spanien gewonnen. Die Chilenen feierten einen historischen Sieg. Gastgeber Südafrika droht das vorzeitige Aus.

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Spaniens Sergio Ramos im Duell gegen Diego Benaglio(Foto: AP)
Sturzflug: Sergio RamosBild: AP

Was für ein WM-Debüt als Nationaltrainer: Ottmar Hitzfeld hat mit seinem Schweizer Team gegen den großen Titelfavoriten Spanien gewonnen – mit 1:0 (0:0). Das Ergebnis spiegelt zwar überhaupt nicht den Spielverlauf wieder, doch das kann den Schweizern egal sein: "Die Mannschaft hat intelligent gespielt und ich bin unglaublich stolz auf meine Mannschaft", sagte der deutsche Erfolgscoach Hitzfeld. "Wir haben einen wichtigen Schritt gemacht, aber jetzt sind die Erwartungen natürlich umso höher." Die völlig unerwartete Niederlage haben sich die Spanier jedoch selbst zuzuschreiben. Denn während der gesamten Partie waren die Spanier die dominierende Mannschaft. Die Iberer ließen wie gewohnt kombinationssicher den Ball um den Schweizer Strafraum zirkulieren, ohne allerdings den entscheidenden Pass oder Abschluss landen zu können. Und wenn, dann war Torwart Diego Benaglio vom Bundesligisten VfL Wolfsburg immer zur Stelle.

Er hat die Partie mit seinem Tor entschieden: Gelson Fernandes (Foto: AP)
Konnte es selbst kaum fassen: Gelson Fernandes hat mit seinem Tor die Partie entschiedenBild: AP

Wie aus dem Nichts deshalb das Tor für den Außenseiter aus der Schweiz: Gelson Fernandes blieb in der 52. Minute bei dem ersten Vorstoß überhaupt zunächst an Piqué hängen. Doch vom Barca-Akteuer prallt das Leder erneut zu Fernandes, der sich im zweiten Versuch die Chance nicht nehmen ließ. Die Mannschaft von Vicente del Bosque, die in der WM-Qualifikation kein einziges Spiel verloren hatte, drängte auf den Ausgleich und hatte Chancen im Minutentakt. Doch die Schweizer Abwehr stand stabil und überstand auch die fünf Minuten Nachspielzeit. "Die Mannschaft hat zusammengestanden bis zur letzten Sekunde – es war eine tolle Mannschaftsleistung", erklärte der glückliche Torschütze. Der spanische Coach del Bosque blieb gelassen: "Wir haben noch zwei Spiele in der Vorrunde und die müssen wir halt gewinnen." Die spanischen Medien sehen das etwas anders: So schreibt "El Mundo" in ihrer Online-Ausgabe: "Die Schweiz holte das spanische Dream Team vom Olymp herab." Und "Marca" meint: "Den Spaniern steht nun eine Kur in Sachen Bescheidenheit bevor. Sie können nicht mehr spekulieren, gegen wen sie im Achtelfinale spielen wollen."

Bester Mann: Vidal

Uruguays Star-Stürmer Diego Forlan schießt den Ball aus 20 Metern ins Tor (Foto: AP)
Schusstarker Stürmer: Diego Forlán bei seinem ersten von zwei Toren im Spiel gegen SüdafrikaBild: AP

In derselben Gruppe H hatte sich zuvor Chile gegen Honduras mit 1:0 (1:0) durchgesetzt. Ein besonderer Erfolg für die Südamerikaner: es war der erste WM-Sieg einer chilenischen Mannschaft seit 1962. Dabei hinterließen die Chilenen einen ganz starken Eindruck. Einziges Manko: die mangelnde Torausbeute. Lediglich Jean Beausejour traf in der 34. Minute. Vor den Augen von Staatspräsident Porfirio Lobo blieb Honduras bei der zweiten WM-Teilnahme seit 1982 zwar ohne klare Tormöglichkeiten, hielt aber phasenweise gut mit. Vor dem Anpfiff in Nelspruit hatte die Nachricht, dass das erwartete Sturm-Duell Suazo gegen Suazo ausfiel, noch für lange Gesichter gesorgt. Beide Top-Stars nahmen angeschlagen auf der Bank Platz. Chiles Humberto Suazo von Real Saragossa mangelte es nach einer Oberschenkelblessur noch an Fitness, Italien-Legionär David Suazo (FC Genua) fehlte Honduras wegen einer Muskelverletzung.

Bester Mann auf dem Platz war Arturo Vidal. Unermüdlich trieb der Mittelfeldspieler des Bundesligisten Bayer Leverkusen bis zu seiner Auswechslung zehn Minuten vor Schluss die chilenische Mannschaft an. "Wir sind sehr zufrieden und danken unseren Fans, die uns so toll unterstützt haben. Aber wir müssen auch noch ein weiteres Spiel gewinnen", sagte der Chilene Alexis Sanchez. Honduras' Mittelfeldspieler Sergio Mendoza versuchte sich Mut zu machen: "Wir haben noch zwei Spiele - da ist noch alles möglich."

Forlán mit zwei Toren

Chilenische Fans unterstützen ihr Team (Foto: AP)
Chilenische FansBild: AP

Südafrika dagegen hat kaum mehr Hoffnung, das Achtelfinale zu erreichen. Denn nach dem Unentschieden im Auftaktspiel gegen Mexiko verlor der Gastgeber in der letzten Partie des Tages gegen Uruguay mit 0:3 (0:1). Die Südafrikaner spielten in Pretoria nervös und ungeordnet. Spielzüge brachten die "Bafana Bafana" kaum zustande. Uruguay dagegen trat erstaunlich offensiv auf - auch weil Trainer Oscar Tabarez neben Starstürmer Diego Forlán noch einen Angreifer aufbot: Luis Suarez. Die mutige Ausrichtung zahlte sich aus. In der 24. Minute hatte Forlán, der zuletzt das UEFA-Cup-Finale mit zwei Toren fast im Alleingang zu Gunsten von Atletico Madrid entschieden hatte, mit einem Fernschuss Erfolg.

Er war auch der Torschütze des zweiten Treffers. Nach einem Foulspiel von Torwart Itumeleng Khune in der 76. Minute, für das er die rote Karte sah, war die Partie vorzeitig entschieden. Einige Fans verließen zu diesem Zeitpunkt schon das Stadion. Sie waren wahrscheinlich froh, nicht noch das dritte Tor in der Nachspielzeit durch Alvaro Pereira sehen zu müssen (90+5). Noch nie ist ein WM-Gastgeber in der Vorrunde ausgeschieden. "Wir haben noch eine Chance und müssen gegen Frankreich eine überzeugende Leistung zeigen", versuchte Kapitän Aaron Mokoena seine Landsleute aufzumuntern.

Rutschiger Rasen

Wie wird der Rasen im Nelson Mandela Bay Stadium in Port Elizabeth sein, wenn Deutschland dort am Freitag gegen Serbien spielt? (Foto: Kyodo/MAXPPP)
Nelson Mandela Bay StadiumBild: picture alliance / dpa

Unterdessen musste die deutsche Mannschaft ihren Tagesablauf für Donnerstag (17.06.2010) ändern. Denn der dreimalige Weltmeister darf nach einem Verbot des Weltverbandes FIFA sein Abschlusstraining für das zweite WM-Gruppenspiel gegen Serbien am Freitag (18.06.2010) nicht im Nelson-Mandela-Bay-Stadion in Port Elizabeth absolvieren. Nach Gesprächen mit der FIFA entschied der Deutsche Fußball-Bund (DFB) kurzfristig, das Abschlusstraining am Donnerstag bereits mittags im Super-Stadium von Atteridgeville abzuhalten. Entgegen der ursprünglichen Planung fliegt die DFB-Auswahl dann erst abends nach Port Elizabeth. Der Rasen im Nelson-Mandela-Bay-Stadion ist nach tagelangen Regenfällen offenbar in einem ganz schlechten Zustand und soll bis Freitag geschont werden.

Autor: Sarah Faupel
Redaktion: Andreas Ziemons