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Schweizer "Ja" zu Schengen

Wim Abbink6. Juni 2005

Mit klarer Mehrheit haben die Schweizer für den Beitritt ihres Landes zum Schengen-Raum gestimmt. Die Zustimmung lag bei 54,6 Prozent.

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Die Grenze wird noch offenerBild: dpa

Vielen europäischen Politikern dürfte ein Stein vom Herzen gefallen sein. Nach dem Scheitern der EU-Verfassung bei den Referenden in Frankreich und den Niederlanden war die Angst vor einem dritten Nein binnen einer Woche groß. Zwar fand am Sonntag (5.6.) in der Schweiz nicht etwa ein Referendum über einen EU-Beitritt statt, wohl aber über den Beitritt zu einem "Europa ohne Grenzen".

Die Eidgenossen, die mehrmals im Jahr in Volksabstimmungen über wichtige Gesetzesvorhaben entscheiden, sind für ihre Europaskepsis bekannt. So sprachen die Wähler sich 1992 nach hitzigen Debatten knapp gegen eine breit angelegte wirtschaftliche Übereinkunft mit Brüssel aus. 2001 lehnten 77 Prozent ein Beitrittsgesuch zur EU ab. Allerdings hat die Schweiz eine ganze Reihe von Abkommen mit der Union in den Bereichen Handel, Arbeit und Ausbildung.

Stimmenauszählung
Auszählung der Stimmen in BühlBild: AP

Mehrheitlich dagegen: die Deutschschweiz

Eine deutliche Mehrheit von knapp 55 Prozent stimmte jetzt für den Beitritt der Schweiz zum Schengen-Vertrag der Europäischen Union - und damit für die Abschaffung der Grenzkontrollen bis 2007. Die von vielen erwartete negative Sogwirkung durch die Niederlagen bei den EU-Abstimmungen in Frankreich und den Niederlanden fand damit nicht statt: Der Ausgang des Referendums entsprach den Umfrage-Ergebnissen.

Die Wahlbeteiligung lag mit 56 Prozent vergleichsweise hoch. Während in allen französisch- und italienischsprachigen Kantonen die Zustimmung zu dem Schengen-Abkommen überwog, lehnten die deutschsprachigen Kantone den Beitritt mehrheitlich ab. Auch zeigte sich ein starkes Gefälle zwischen Städten und ländlichen Gebieten.

Angst vor Souveränitätsverlust

Das vor 20 Jahren zunächst von Deutschland, Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Luxemburg unterzeichnete Schengener Abkommen führte zum schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen. Inzwischen sind 13 der 15 alten EU-Staaten sowie Island und Norwegen Schengenländer. Für die Schweizer würde ein Beitritt bedeuten, dass die Reisenden nicht mehr systematisch kontrolliert werden, Waren müssen jedoch weiterhin deklariert werden.

Bis auf die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei (SVP), die aus den Wahlen zum Nationalrat 2003 als stärkste Partei hervorging, hatten sich alle bedeutenden Parteien für den Beitritt zum Schengen-Raum ausgesprochen. Die Gegner machten im Vorfeld vor allem mit der Angst vor dem Verlust von Souveränität und mit der angeblichen Bedrohung von Arbeitsplätzen Stimmung.

Schweiz stimmt über Beitritt zum Schengen- Abkommen ab
Schengen - für manche Schweizer ein trojanisches PferdBild: AP

Nächste Abstimmung im September

Die Volkspartei spiele mit der Angst der Menschen, kritisiert der sozialistische Abgeordnete Didier Berberat. Die Befürworter des Schengen-Beitritts verweisen darauf, dass schon bislang nur noch etwa drei Prozent der Einreisenden an den schweizerischen Grenzposten kontrolliert werden und dass die Schweiz von der grenzübergreifenden Polizei-Zusammenarbeit profitieren kann - im Schengener Informationssystem SIS sind 15.000 Straftäter gespeichert.

Über die Reisefreiheit hinaus stimmten die Schweizer auch über das so genannte Dubliner Übereinkommen ab. Darin sind Kriterien für die Zuständigkeit für Asylverfahren geregelt, die verhindern sollen, dass Asylbewerber in mehreren Ländern Asylverfahren beantragen. Im Herbst steht im übrigen die nächste Abstimmung an. Am 25. September sollen die Schweizer über mehr Freizügigkeit für Arbeitskräfte für die zehn neuen EU-Mitglieder abstimmen.