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Schwere Zeiten für Genießer

Eckhard Tollkühn26. Januar 2004

Amerikaner, die eine Gourmet-Dinnerparty planen, müssen tiefer in die Tasche greifen. Der unaufhaltsame Höhenflug des Euro macht Importe aus der alten Welt zu teuren Luxusartikeln.

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Im Washingtoner Liquor Store Paul’s durchbricht der Cote du Rhone die Schallmauer von 10 Dollar. Wir sprechen vom Tafelwein. Schweizer Käsesorten wie Emmentaler und Gruyere schrecken mit ihren brandneuen Preisfähnchen die Kunden ab, ebenso wie Parma- oder Serranoschinken, der mittlerweile 7 Dollar für die 100 Gramm kostet.

Das Leben ist nicht mehr leicht, vor allem für jene Menschen, die zwar einen Champagnergeschmack haben, aber nur ein Budget für Bier. Sie werden es als äußerst schmerzlich empfinden, auf kalifornischen Burgunder oder Riesling umzusteigen, auf Emmenthaler aus Wisconsin oder Prosciutto aus Virginia. Aber da die Bezeichnungen regionaler Produkte aus Europa in den USA nicht gesetzlich geschützt sind, bleibt wenigstens die Illusion auf dem Etikett.

Ein Bordeaux noch der unteren Preisklasse kostet bei Paul’s inzwischen 33 Dollar. Vor zwei Jahren als der Dollar noch bei 84 Cents stand, bekam man die gleiche Flasche für 20 Dollar. Kein Wunder, dass der Import von französischen Weinen in die USA in den ersten 10 Monaten des vergangenen Jahres um 7 Prozent gefallen ist.

Immerhin haben Liquor Stores und Delikatessenläden noch die Möglichkeit, ihre Preise regelmässig den Kursveränderungen anzupassen - in der Hoffnung, es gibt doch noch genügend betuchte Kunden, die nicht willens sind, bei ihren geschmacklichen Vorzügen Kompromisse einzugehen. Solange es diese Kunden noch gibt, geht auch das Geschäft.

Schlechter dran sind da schon Einzelhändler wie Williams & Sonoma, die ihre Preise in Katalogen für 6 Monate im voraus festgeschrieben haben. Ihre Gewinnspanne sank im letzten Halbjahr von 65 auf 50 Prozent. Im neuen Katalog wurden die Preise für europäische Produkte, wie handbemaltes Geschirr aus der Toskana, dann gleich um 20 Prozent angehoben.

Während die amerikanischen Verbraucher mit dem gehobenen Geschmack schmollen, reiben sich die amerikanischen Exporteure die Hände. Der schwache Dollar läßt ihre Produkte auf den Märkten in Übersee als Schnäppchen landen. Deutsche Exportunternehmen leiden natürlich unter dem teuren Euro. Doch deutsche Firmen mit Niederlassungen in den USA können ihre Exportverluste minimieren, indem sie die Produktion ihrer Tochterunternehmen in den USA ankurbeln.

DaimlerChrysler steigert in Alabama schon die Produktion seiner M-Klasse. BMW erwägt das gleiche in ihrer Roadster-Produktionsstätte in South-Carolina und Volkswagen will sich mit dem Import von mehr Bauteilen aus den USA aus der Klemme helfen.

Wie weit der Euro noch an dem Dollar vorbeiklettern wird, vermag niemand zu sagen. Aber die Tatsache, dass sich sowohl das Aussenhandels- als auch das Haushaltsdefizit der USA bedrohlich der halben Billion nähern, macht auch den größten Optimisten wenig Mut.

Jeden Tag pumpen sich die USA anderthalb Milliarden Dollar aus dem Ausland, um ihre Wirtschaft unter Dampf zu halten. Experten glauben, dass diese Zahl in der Nahen Zukunft die 3- Milliardengrenze erreichen könnte.

Das Wohl und Wehe der amerikanischen Wirtschaft liegt also immer mehr in den Händen ausländischer Investoren und Devisenhändler. Da ist es dann fast egal, ob sich der Feinschmecker aus San Francisco oder New York trotz der hohen Preise doch noch den Serrano aus Spanien leistet oder auf dem Schinken aus dem heimischen Virginia herumkaut.