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Schwerer Weg zu freien Wahlen

Said Musa Samimy12. August 2004

Afghanistan steht vor den ersten demokratischen Wahlen des Landes. Jetzt wurde die Liste der 18 zugelassenen Kandidaten vorgestellt. Bis zum Urnengang am 9. Oktober steht ein erbitterter Wahlkampf bevor.

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Liebling der USA:<br>Präsident Hamid KarzaiBild: AP

Von den ursprünglich 23 Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen in Afghanistan wurden am Dienstag (10.8.) 18 zugelassen. Sie spiegeln die ethnische Vielfalt des Landes wieder. Etwa neun Millionen Wähler wurden schon registriert. Zwölf Wahlhelfer sind in dem immer noch unruhigen Land in den Vorwahlwochen ums Leben gekommen. Die Verantwortung übernahmen die Taliban-Milizen, die demokratische Wahlen nach wie vor als "unislamisch" bezeichnen. Sie werden die Wahl jedoch ganz offensichtlich nicht mehr verhindern können.

Einer der Präsidentschaftskandidaten, der Paschtune Hadschi Mohammed Raschid, will sich mit seinem Stammesgenossen, dem amtierenden Präsidenten Hamid Karzai, messen. Der Deutschen Welle sagte er, sein eigentliches Motiv sei die Wiederherstellung der nationalen Einheit zwischen allen Volksstämmen in Afghanistan. "Ohne Einheit können wir unser Land nicht aufbauen."

Gefahr der Destabilisierung

Die Wahlen finden in einer historisch sehr sensiblen Phase statt. Nach Jahrzehnten bewaffneter Auseinandersetzungen befindet sich die afghanische Gesellschaft erst in einem Übergangsstadium zum friedlichen Zusammenleben: Die Gefahr einer weiteren politischen Destabilisierung ist trotz umfassender Hilfe durch die internationale Gemeinschaft noch nicht gebannt: Die neuen politischen Strukturen haben noch keine tiefen Wurzeln. Außerdem gibt es viele politische Gruppierungen, die sich noch in der Zeit bewaffneter Auseinandersetzungen gebildet hatten.

Gerade wegen dieses Übergangscharakters werden demokratische Wahlen in Afghanistan als ein wichtiger Schritt zur Legitimation der Regierung in Kabul und damit als enormer Beitrag zum Wiederaufbau des Landes betrachtet. Die Vielzahl der Präsidentschaftskandidaten macht einmal mehr die Entschlossenheit der Afghanen deutlich, trotz aller Schwierigkeiten ihr Land friedlich und nach ihrem Verständnis der Volkssouveränität demokratisch zu gestalten.

Ohne Programm

Yunes Qanuni
Junis Kanuni, Karzais größter KonkurrentBild: AP

Schon im Vorfeld der politischen Auseinandersetzungen wurde klar, dass die Kandidaten ohne eine spezielle Parteipolitische Programmatik ins Rennen gehen werden. Sie haben eher versucht - vor allem durch ausgehandelte Kompromisse mit selbst ernannten Vertretern anderer Volksstämme - potenzielle Wähler zu werben. Bestes Beispiel: Präsident Hamid Karzai und sein Erzrivale, Ex-Bildungsminister Junis Kanuni. Der Paschtune Karzai hat zwei Politiker als seine Stellvertreter bestimmt - einen vom Volkstamm der Hasara, der andere ist Tadschike. Die selbe Taktik verfolgt nun auch der Tadschike Kanuni: Er präsentierte als Stellvertreter einen Paschtunen.

Anders als Karzai kann sich Kanuni auf eine gut organisierte Partei, die "Nationale Bewegung", stützen. Hinzu kommt, dass Kanuni von dem mächtigen Milizenführer und Verteidigungsminister, General Mohammed Kasim Fahim, und - überraschenderweise - auch vom Außenminister Abdullah Abdullah unterstützt wird.

Präsident Karzai ist der Ansicht, dass er - der ohne politische Partei an die Macht gekommen ist - auch weiterhin ohne eine solche Unterstützung Präsident bleiben kann. Fakt ist jedoch, dass der von den USA favorisierte Politiker vermeiden möchte, sich parteipolitisch festzulegen. Deswegen wirken manche seiner politischen Statements ambivalent; oft taktiert Karzai nach der jeweiligen politischen Großwetterlage.