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Schwierige Kapitel in den polnisch-russischen Beziehungen

26. November 2003

- Der Außenminister Russlands kommt nach Warschau

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Bonn, 26.11.2003, RZECZPOSPOLITA, SUPER EXPRESS

RZECZPOSPOLITA, poln. 26.11.2003

Russland ist dagegen, dass in Polen und in anderen Ländern Mittelosteuropas die Handelspolitik der Europäischen Union automatisch eingeführt wird und fordert sogar Entschädigungen wegen der angeblichen Verschlechterung der Bedingungen für die Zusammenarbeit. Brüssel will aber nichts von Entschädigungen hören und wenn keine Kompromisslösung gefunden wird, könnte es dazu kommen, dass die russischen Behörden nach dem 1. Mai 2004 den Zoll auf polnische Produkte um das Doppelte erhöhen werden.

Nach Warschau kommt heute der russische Außenminister, Igor Iwanow, der mit dem polnischen Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz zusammen an der Sitzung des Komitees für Strategie der polnisch-russischen Zusammenarbeit teilnehmen wird.

Diese Organisation, an deren Spitze die Außenminister beider Ländern stehen, wurde nach dem Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Polen im Januar 2002 gegründet, um strategische Aspekte der Zusammenarbeit vor den Treffen der Regierungschefs zu besprechen. "Der polnische Außenminister will vor allem den Besuch Igor Iwanows dazu nutzen, an die Vernunft der Russen zu appellieren und sie zu einem Kompromiss mit Brüssel zu bewegen", sagten uns gestern die Fachleute vom Außenministerium.

Der Beitritt in die EU verpflichtet Polen, das polnisch-russische Handelsabkommen zu kündigen, das 1993 unterzeichnet wurde. Seine Bestimmungen werden nach dem 1. Mai 2004 nicht mehr gelten. (...)

"Wir wollen keinen Handelskrieg mit Russland, bei dem wir alle verlieren würden (...)", erklärt Lech Pintera, Leiter der Osteuropaabteilung im Wirtschaftsministerium. (...) (Sta)

RZECZPOSPOLITA, poln. 26.11.2003, Danuta Walewska

Die heute beginnenden polnisch-russischen Wirtschaftsgespräche werden sicherlich sehr schwer werden. Niemand hat jedoch Zweifel daran, dass Russland zu den wichtigsten Handelspartnern Polens gehört. Die Russen behaupten, dass sich die Bedingungen für die Zusammenarbeit nach unserem Beitritt zur EU bedeutend verschlechtern werden und sie verlangen eine Entschädigung dafür. Die Aufgabe der polnischen Seite besteht darin, sie zu überzeugen, dass dies nicht stimmt und dies auch in der Zukunft zu beweisen.

Polen ist von den Lieferungen billiger Rohstoffe aus Russland abhängig. Noch wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass Polen darauf hinarbeitet, eine Brücke zwischen dem Westen und dem Osten zu sein. Wir berufen uns stark auf die frühere wirtschaftliche Bindung aus der Zeit des kommunistischen Wirtschaftsrates, die die jetzigen Handelsbeziehungen mit Sicherheit erleichtern. Viele ausländische Investoren haben bei uns ihr Geld investiert, weil sie beabsichtigten, auch auf den russischen Markt zu exportieren.

Die Erhaltung der gegenwärtigen Handelsbeziehungen liegt aber auch im Interesse Russlands. Wenn es aber zu irgendwelchen Konflikten kommen sollte, würden wir am meisten verlieren.

Wir sind weder das erste Land, das der EU beitritt noch das einzige Land, das gute Handelsbeziehungen zu Russland unterhält. Aus diesem Grunde sollte Brüssel Polen helfen, einen Kompromiss zu erarbeiten, anstatt die Unterstützung zu verweigern.

Man kann auf keinen Fall zulassen, dass Polen zu einer roten Laterne der EU in Bezug auf die Handelsbeziehungen mit Russland wird und zwar trotz der Tatsache, dass wir das einzige Land sind, das so nah an Russland liegt. (Sta)

SUPEREXPRESS, poln., 26.11.2003

Noch vor dem Besuch des russischen Außenministers Igor Iwanow in Polen wurde von dem russischen Außenministerium eine Warnung ausgesprochen, keine Artikel über Entschädigungen für die nach Sibirien verschleppten Polen zu platzieren. Warum?

Weil während der Gespräche mit den Russen keine Fortschritte erzielt werden. "Die Russen sind der Meinung, dass sich die betroffenen Polen bei den russischen Gerichten um eine Entschädigung bemühen sollten", erklärt inoffiziell einer der Unterhändler.

Für Polen ist dies aber völlig unakzeptabel. Diese Lösung würde den Polen lediglich ermöglichen, höchstens 300 Dollar für ihre Sklavenarbeit für der UdSSR zu bekommen.

"Die Erklärungen der Russen sind lächerlich. Wir fordern, dass jedem Gefangenen 200 Dollar für jeden Tag Zwangsarbeit zugesprochen werden", sagt Ryszard Reiff, Vorsitzender des Verbandes der nach Sibirien Verschleppten Polen (poln.: Zwiazek Sybirakow). (Sta)