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Koalitionsgespräche

10. Februar 2011

Kosovos amtierender Premier Thaci hat Probleme, eine neue Regierung zu bilden. Die Koalitionsverhandlungen sind zäh, auch weil wegen schwerer Anschuldigungen des Europarates kaum eine Partei mit ihm regieren will.

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Amtierender Premier Hashim Thaci (re.) des Kosovo bei der Stimmabgabe am 12. Dezember 2010 (Foto: dpa)
Wahlsieger Thaci ist optimistischBild: picture-alliance/dpa

Die Verhandlungen über eine Regierungskoalition im Kosovo sind viel komplizierter, als es der amtierende Premierminister Hashim Thaci nach den Wahlen erwartet hatte. Seine Demokratische Partei Kosovos (PDK) hat zwar die meisten Stimmen bekommen, muss jedoch noch mindestens zwei Koalitionspartner finden. Die Parlamentswahlen, die am 12. Dezember 2010 stattfanden, mussten wegen des Wahlbetrugs und Unregelmäßigkeiten in vier Wahlbezirken von 37 vollständig und in zwei Bezirken teilweise wiederholt werden.

Offizielle Wahlergebnisse

Wahlhelfer trägt Wahlurne (Foto: AP)
Die Stimmen sind nun ausgezähltBild: AP

Die Zentrale Wahlkommission konnte deswegen erst am 7. Februar 2011 die endgültigen Ergebnisse bekannt geben. In dem 120-köpfigen Parlament hat die Demokratische Partei 34 Abgeordnete. Zweitstärkste Partei ist mit 27 Sitzen die Demokratische Liga des Kosovo (LDK), deren Vorsitzender der Bürgermeister von Prishtina Isa Mustafa ist. Die größte Überraschung ist das Ergebnis der Bürgerbewegung "Vetvendosja" (Selbstbestimmung): Sie hat sich zum ersten Mal zur Wahl gestellt und gleich 14 Sitze bekommen.

Von den albanischen Parteien im Parlament ist mit zwölf Sitzen die Allianz für die Zukunft Kosovos (AAK) vertrten, deren Vorsitzender der vom UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag angeklagte ehemaligen UCK-Kommandeur Ramush Haradinaj ist. Die Allianz Neues Kosovo (AKR) vom Unternehmer Behgjet Pacolli wird acht Abgeordnete ins Parlament schicken.

"Regierung mit sauberen Händen"

Hände in der Luft (Foto: Bilderbox)
In- und Ausland forderen lupenreine PolitikerBild: BilderBox

Die Demokratische Liga hat schon vor den Wahlen eine neue Koalition mit der PDK ausgeschlossen. Die Bürgerbewegung "Vetvendosja" scheidet als Koalitionspartner aus: Sie ist wegen ihrer Forderungen wie etwa eine Vereinigung von Kosovo und Albanien für nicht akzeptabel. Auch eine Koalition zwischen Thacis PDK und der AAK scheint im Moment nicht möglich. Die AAK fordert, dass der amtierende Premierminister sein Amt niederlegen soll, obwohl er die Wahlen gewonnen hat. Thaci hat dies abgelehnt - auch wenn nicht nur die AAK, sondern auch viele andere politische Vertreter des Kosovo und der internationalen Gemeinschaft "eine Regierung mit sauberen Hände" fordern. Damit ist gemeint, dass in der neuen Regierung keine Personen sein sollten, die unter Verdacht stehen, eine Straftat begangen zu haben.

Dies bezieht sich insbesondere auf Premierminister Thaci. Dieser wurde in einem Bericht von Dick Marty an den Europarat als "Mafiaboss" und Anführer einer kriminellen Vereinigung bezeichnet, der in Verbrechen und illegalen Organhandel von serbischen und anderen Kriegsgefangenen während des Kosovo-Krieges verwickelt sein sollte. "Es ist wahr, dass die Europäische Rechtsmission EULEX die Ermittlungen wegen Organhandel aufgenommen hat. Allerdings ist jeder unschuldig, so lange es kein Gerichtsurteil gegen ihn gibt. Deswegen bin ich mir sicher, dass Herr Thaci trotz der Anschuldigungen gegen ihn nicht auf sein Amt als Premierminister verzichten wird", so der kosovarische Analyst Halil Matoshi.

Für den amtierenden Premierminister bleibt somit nur noch eine Möglichkeit: Er könnte mit der AKR von Pacolli und den Minderheitenparteien koalieren. Allerdings wird auch das schwierig, weil Pacolli das Amt des Präsidenten für sich beansprucht. Außerdem wird Pacolli nicht nur von der PDK, sondern auch von einigen westlichen Politikern unter anderem wegen seiner engen Beziehungen zu russischen Politikern als "nicht geeignet" betrachtet.

Kurzlebige Koalition?

Kosovos Primier Hashim Thaci im Profil vor hellblauem Hintergrund (Foto: dpa/Bildfunk)
Thacis zweite Amtzeit scheint für Experten begrenztBild: picture-alliance/dpa

Die Einzigen, die immer ins Parlament und die Regierung kommen, sind die Minderheiten. Laut Verfassung genießen sie eine Art "positive Diskriminierung" und haben mindestens 20 garantierte Sitze im Parlament - zehn für die Serben und zehn für die anderen Minderheiten wie Roma, Türken, Sinti und Ägypter. Erst nach den Wahlen ist klar, wie sich die höhere Wahlbeteiligung der serbischen Minderheit ausgewirkt hat. Die Minderheiten haben zusätzliche fünf Parlamentssitze bekommen.Trotz der schweren Anschuldigungen gegen Thaci lehnen 21 von insgesamt 25 Minderheitenvertretern eine Koalition mit ihm nicht ab.

Die Rechnung der PDK ist: Die Regierung braucht die Unterstützung von mehr als 60 Abgeordneten. Die Sitze der PDK, der AKR und die der 21 Minderheitenvertreter machen zusammen 63. Beobachter sind allerdings nicht überzeugt, dass eine solche Regierung von Dauer sein wird. "Nach unseren Analysen wird Thaci in einer zweiten Amtszeit eine sehr starke Opposition gegen sich und ganz viele Probleme haben. Sie wird nicht länger als sechs Monaten oder ein Jahr bestehen. Nach dieser Zeit werden wir im Kosovo vorgezogene Neuwahlen haben", so Matoshi.

Autor: Bahri Cani

Redaktion: Mirjana Dikic / Julia Kuckelkorn