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Schwierige Partnerschaft zwischen EU und Russland

11. Januar 2007

Mit der Wiederaufnahme der Öllieferungen von Russland nach Westeuropäer ist der jüngste Energiekonflikt entschärft. Trotzdem wächst in Deutschland die Angst vor einem zunehmend unberechenbaren Partner im Osten.

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Bild: Montage picture-alliance/DW

Wenn es um Gas und Öl geht, hört nicht nur die Freundschaft auf, auch politische Verhandlungen werden schwieriger. Die Zeiten, da man zwischen der Europäischen Union und Russland hoffnungsfroh von einer Erneuerung und Vertiefung der Beziehungen sprach, scheinen vorbei. Noch im Jahre 2005 wurde das Schlagwort von den gemeinsamen "Vier Räumen" geprägt - womit die Bereiche Wirtschaft, Forschung und Bildung, Sicherheitspolitik, Demokratie und Rechtsstaat gemeint waren. Ziel war der Ausbau der wirtschaftlichen, sicherheitspolitischen und kulturellen Zusammenarbeit, auch vor dem Hintergrund des 2007 auslaufenden Partnerschaftsabkommens.

Merkel vor schwieriger Mission

Eine Verlängerung oder gar ein neues Abkommen scheint nun in weite Ferne gerückt. Die jüngste Blockade russischer Öllieferungen ist zur Belastungsprobe zwischen der EU und Moskau geworden. Die deutsche Ratspräsidentschaft gab sich zunächst optimistisch - jetzt reist die Bundeskanzlerin in schwieriger Mission nach Russland. Angela Merkel sagte: "Wir haben ja vor uns das Verhandeln über ein EU-Russland-Abkommen. Das Verhandeln macht die Kommission, aber natürlich hat die Präsidentschaft hier auch eine wichtige Aufgabe und natürlich werden wir uns da einbringen. Ich werde am 21. Januar nach Moskau reisen, werde auch mit dem russischen Präsidenten darüber sprechen. Ich hoffe, dass wir auch in absehbarer Zeit die Blockade dieser Verhandlungen noch wegbekommen können. Das heißt, dass wir sie jetzt aufnehmen können, über ein solches Kooperationsabkommen."

Keine einheitliche Ostpolitik

Die EU freilich ist von einer gemeinsamen Haltung zu Russland weit entfernt. Die Konturen einer neuen Ostpolitik, die sich noch vor wenigen Monaten abzeichneten, sind verschwommen. Schwerpunkte sollten eine reformierte Energieallianz sein, neue Lösungsansätze für die ethnisch-territorialen Konflikte, der Transfer westlicher Rechts- und Demokratiestandards. Darüber spricht man jetzt allenfalls noch auf den internationalen Konferenzpodien.

Zudem sind die Interessen an Russland sehr unterschiedlich verteilt: Deutschland, Italien und Frankreich sind die größten Wirtschaftspartner Russlands. Investoren und Unternehmer wünschen sich dort mehr Freiheiten und eine verstärkte Kooperation. In den neuen EU-Mitgliedsstaaten - allen voran Polen - ist man gegenüber dem einstigen Hegemon sehr viel skeptischer. Die Streitigkeiten zwischen Warschau und Moskau gipfeln in einem seit Monaten verhängten russischen Importverbot für polnisches Fleisch - angeblich aus hygienischen Gründen. Am 17. Januar wird man in Berlin darüber reden.

Russland wiederum hält ohnehin nicht allzu viel von zuviel Nähe, insbesondere beim Thema Wertetransfer. Man verspricht sich in Moskau von der Annäherung an die EU vor allem mehr Reisefreiheit durch die Abschaffung von Visa-Barrieren - und damit mehr Handel. Die gigantischen Öl- und Gasressourcen sind auch Druckmittel: die russische Seite kann der europäischen stets damit drohen, die Beziehungen zu China oder Indien zu intensivieren - zum Nachteil der Europäischen Union.

Gegenseitige Abhängigkeiten

Der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gerd Weisskirchen meint gleichwohl: "Ich glaube, dass für alle 27 Mitglieder der Europäischen Union ein gutes und in die Zukunft gerichtetes Verhältnis zu Russland zwingend ist. Wir sind in Europa alle voneinander abhängig. Manche mögen ja dieses Wort nicht, weil es so negativ klingt. Aber wir brauchen einander. Und beim Thema Energie kann man das sehr schön sehen. Natürlich wünschen wir, dass Russland bereit ist, das, was es ja bereits unterzeichnet hat, die Energiecharta, auch zu ratifizieren. Das steht noch aus. Und weil wir von Energie abhängig sind im Westen - andererseits aber auch Russland abhängig ist, Energie zu verkaufen, das heißt Produktion, Konsumption und Durchleitungen. Wir sind alle aufeinander angewiesen."

Weisskirchens CDU-Kollege, Andreas Schockenhoff, Koordinator für die deutsch-russischen Beziehungen, glaubt, dass sich die Verhandlungen über ein neues Kooperationsabkommen zwischen der EU und Russland lange hinziehen werden. Als besonderer "Knackpunkt" zwischen beiden Seiten gilt die Energie-Charta, von der einige Prinzipien in den neuen Partnerschaftsvertrag übernommen werden sollen. Präsident Putin lehnt dauerhafte Garantien zur Energieversorgung ab. Und er will sich auch nicht auf den Schutz für europäische Investitionen in Russland festlegen lassen. Der Kreml, so sagen es Experten, orientiert sich ausschließlich an den eigenen, nationalen Interessen.

Druck auf Moskau sinnlos

Die Gespräche sind festgefahren und die Hoffnungen groß, dass die deutsche EU-Ratspräsidentschaft Bewegung in die Sache bringen könnte. Doch kommt es hier nicht allein auf die guten Absichten und Initiativen in Berlin oder Brüssel an. Es gibt nur wenig Handlungsoptionen - eines aber scheint den Beobachtern klar: Druck auf Moskau wird nichts nützen.

Jens van Scherpenberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik: "Ich denke, dass die Europäer gerne eine gemeinsame Linie verfolgen würden - die Linien anzupassen in Bezug auf Energiepolitik, Energiesicherheit, auch Klimapolitik. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in dem Sinne eine gemeinsame Position geben wird, etwa gegenüber Russland Druck auszuüben auf diesem Gebiet. Da wissen alle Beteiligten, dass das wenig Sinn hat."

Cornelia Rabitz
DW-RADIO/ Russisch, 11.1.2007, Fokus Ost-Südost