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Gaddafi Exil

29. April 2011

Muammar Gaddafi hält weiterhin an seiner Macht fest. Trotzdem suchen die USA laut Medienberichten diskret nach einem Exilland für den libyschen Diktator. Bei dieser Suche dürften sie jedoch auf einige Probleme stoßen.

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Muammar Gaddafi während einer Fernsehansprache (Foto: dapd)
Nicht bereit aufzugeben: Muammar GaddafiBild: dapd

Der libysche Machthaber Muammar Gaddafi unterhält hervorragende Beziehungen zu vielen afrikanischen Staaten. Nicht zufällig wurde die "Afrikanische Union" (AU) in seinem Geburtsort Sirte gegründet. Er und sein Familienclan haben Milliardenbeträge investiert – von Tripolis bis Kapstadt, von Dakar bis Mogadischu. Vielen afrikanischen Potentaten hat Gaddafi zur Macht verholfen. Deshalb stehen einige afrikanische Länder seit Anfang des Konflikts in Libyen auf seiner Seite.

Schon im März bot Uganda als erstes afrikanisches Land ein mögliches Asyl für Gaddafi an. Henry Oryem Okello, Staatsminister im ugandischen Außenministerium, sieht die Angelegenheit nüchtern: "Sollte Gaddafi Asyl beantragen, werden wir seinen Antrag prüfen, so wie wir es mit allen machen." Uganda habe nie Flüchtlinge ausgewiesen und sehe auch keinen Grund, Gaddafi im Ernstfall abzulehnen, sagt Okello.

Gute Beziehungen zu Uganda

Ugandas Präsident Yoweri Museveni (Foto: DW)
Traditionell gute Beziehungen zu Gaddafi: Ugandas Präsident Yoweri MuseveniBild: DW/Schlindwein

Vor 30 Jahren hatte Gaddafi dem jetzigen Präsidenten Yoweri Museveni durch massive Unterstützung zur Macht verholfen. In Uganda besitzt Libyen eine ganze Reihe milliardenschwerer Firmen, darunter die "Tropical Bank", das "Laiko Lake Victoria Hotel", und die Ölfirma "Tamoil East Africa". Zwei Drittel der ugandischen Telekom gehören dem libyschen Staat. Auch eine Straße und eine Moschee in Kampala sind nach Gaddafi benannt. Jahrelang waren die Beziehungen zwischen beiden Ländern exzellent. Doch nachdem Museveni sich gegen Gaddafis Pläne zur Bildung der Vereinigten Staaten von Afrika positionierte, kühlte die Freundschaft merklich ab.

Dennoch bliebe Uganda ein Exilland für Gaddafi, meint auch der Schweizer Journalist und Libyen-Experte Beat Stauffer: "Uganda ist ein relativ stabiles und - im afrikanischen Kontext - relativ wohlhabendes Land." Durch die Milliardeninvestitionen in die ugandische Wirtschaft hat Gaddafis Regime laut Stauffer darüber hinaus ein Druckmittel, um im Notfall eine Aufnahme zu erzwingen.

Allerdings ist Uganda für Gaddafi kein sicherer Ort. Der Internationale Strafgerichtshof hat auf Veranlassung des Weltsicherheitsrats Ermittlungen gegen Gaddafi eingeleitet - und Uganda ist einer der Unterzeichnerstaaten des Gründungsvertrags für den Den Haager Gerichtshof. Das ostafrikanische Land stellt sogar einen der Richter. Sollte es zur Anklage Gaddafis wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommen, wäre Uganda also verpflichtet, ihn auszuliefern.

Wo soll er nur hin?

Omar Al-Bashir steigt aus Flugzeug aus (Foto: dpa)
Selbst international gesucht: Omar Al-BashirBild: picture-alliance/ dpa

Es gibt aber andere Länder in Afrika, die Gaddafi Exil gewähren könnten und die nicht zu den Unterzeichnerstaaten gehören, zum Beispiel der Sudan. Findet Gaddafi Zuflucht im Sudan, müsste er keine internationale Strafverfolgung befürchten. Aber Präsident Omar Al Bashir, der selbst wegen Kriegsverbrechen in der Provinz Darfur mit internationalem Haftbefehl gesucht wird, hat einem möglichen Exilantrag eine Absage erteilt. Für ihn sind die Beziehungen zwischen den Oberhäuptern von Ländern nur kurzfristig und vorübergehend. Viel wichtiger seien die Beziehungen zum libyschen Volk. "Deswegen wird der Sudan Gaddafi unter den jetzigen Bedingungen kein Asyl anbieten", sagte Al Bashir.

Tschad gehört auch zu den Ländern, die als Zufluchtsort für Gaddafi ins Spiel gebracht wurden. Präsident Idriss Déby verdankt Gaddafi vieles: neben finanzieller Unterstützung auch ein Friedensabkommen mit dem Sudan. Laut Medienberichten kämpft die republikanische Garde des Tschad an der Seite Gaddafis. Die tschadische Regierung bestreitet das jedoch.

Stauffer meint, dass sogar Geldzahlungen vom Westen an das jeweilige Exilland möglich seien. Trotzdem sieht er in beiden zentralafrikanischen Ländern keine Option für Gaddafi. "Tschad und der Sudan sind sehr arme und im Moment instabile Länder", meint er. Es sei nur schwer vorstellbar, dass Gaddafi bereit wäre, in so ein Land zu flüchten.

Auch einige Länder außerhalb Afrikas haben Libyens Machthaber Angebote gemacht - insbesondere Venezuela, Kuba und Nicaragua. Welches Land passender für Gaddafi sein könnte, ist indes noch offen.

"Bekenntnis der Ohnmacht"

Sitzung des UN-Sicherheitsrats zum Konflikt in Libyen (Foto: dapd)
Gaddafi wird immer mehr zur Bewährungsprobe für die WeltgemeinschaftBild: dapd

Viele Kenner bezweifeln indes, dass der libysche Machthaber jemals freiwillig gehen wird. Nur eine Garantie, dass er nicht vor dem 2002 gegründeten Internationalen Strafgerichtshof landet, könnte ihn dazu bringen. Sollte der Westen tatsächlich ein Exilland für Gaddafi finden, das ihn vor einem solchen Verfahren schützt, stehe jedoch die Glaubwürdigkeit des Westens auf dem Spiel, meint Bichara Khader, Leiter des "Zentrums der modernen arabischen Welt" an der Katholischen Universität Louvain in Belgien. Für ihn hätte der libysche Machthaber einen Prozess mehr als verdient.

Verheerend wäre es, "wenn der Westen tatsächlich versucht, Gaddafis Haut zu retten, damit die libysche Frage gelöst ist", sagt Khader. Für ihn komme das einer Verleugnung des libyschen Volks und einem "Bekenntnis der Ohnmacht der internationalen Gemeinschaft" gleich. Denn seit Jahren macht sich der Westen für eine Strafverfolgung von Personen stark, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere Kriegsverbrechen verantwortlich sind.

Autorin: Lina Hoffmann

Redaktion: Stefanie Duckstein/Jan-Philipp Scholz