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Sechs Wege, beim Film unterzukommen

Elizabeth Grenier / ski19. Februar 2016

Wer in der Filmbranche was werden will, braucht Kontakte. Aber wie bekommt man die? Man muss sich nicht unbedingt hochschlafen, auch ein "Film wie ein Liebesbrief" kann Türen öffnen, fand die DW bei der Berlinale heraus.

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Film Regie Klappe Symbolbild
Bild: Fotolia/westfotos.de

Ohne Vitamin B läuft gar nichts, heißt es so schön im Volksmund. Zyniker mögen ja behaupten, dass eine Karriere im Filmbusiness erst ins Rollen kommt, wenn die Beziehungen vorher im Schlafzimmer eines Produzenten gefestigt werden. Doch glücklicherweise gibt es bessere Methoden. Elizabeth Grenier von der Deutschen Welle war bei den "Berlinale Talents", um herauszufinden, welche weisen Worte die Experten für die nächsten Generation von Filmmachern haben.

1. Ein starkes Produkt in petto haben

Leichter gesagt als getan, aber auf jeden Fall ein Muss. "Eine gute Erfolgsgeschichte ist sehr wichtig", sagt Produzent Raymond Phathanavirangoon. Die 300 Teilnehmer der "Berlinale Talents" erfüllen diese Anforderung ganz sicher. Diese talentierten Menschen aus über 79 Ländern wurden aus über 2500 Bewerbern ausgewählt, weil sie mit ihren Arbeiten überzeugten: als Schauspieler, Kameramann, Komponist, Filmverleiher, Cutter, Kritiker, Produzent, Bühnenbildner, Vertriebsagenten, Drehbuchschreiber oder Sound Designer.

Manche dieser aufsteigenden Sterne im Filmbusiness haben bereits einige beeindruckende Werke vorzuweisen. Beispielsweise der Kameramann Friede Clausz, der den Film "24 Wochen" drehte. Mit diesem Werk nimmt er offiziell am es Berlinale-Wettbewerb teil.

2. Vertrauenswürdige Menschen finden

Raymond Phathanavirangoon,Spezialist im asiatischen Networking eröffnete seine Rede bei den "Berlinale Talents" mit einer Anspielung auf das Motto der Veranstaltung: "Die ganze Industrie basiert auf Beziehungen." Selbst der Misanthrop und Visionär Béla Tarr aus Ungarn hätte seine Filme nicht ohne Hilfe von außen realisieren können, fügte er hinzu.

"Findet Menschen, denen ihr vertraut", empfahl Phathanavirangoon daher, räumte aber ein, dass das gar nicht so einfach sei. Er selbst fand seine ersten Mentoren durch ein Praktikum, bei dem er den Katalog für ein Filmfestival vorbereitete. Seine Anstrengungen wurden honoriert und verschafften ihm seinen Job als Marketingdirektor bei "Fortissimo Films" und Planer beim "Toronto und Hong Kong International Film Festival" ein.

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"Berlinale Talents"-Teilnehmerin Jovanka Vuckovic aus Kanada holt ihr Ticket abBild: Chiara Ferrau, Berlinale

Die Berlinale Talents scheinen sich das zu Herzen zu nehmen: Jeden Morgen treffen sie sich nach den zahllosen Late-Night-Parties des Filmfestivals zum "Early Birds Frühstück". Nach dem zweiten Espresso haben die meisten schon eine bessere Beziehung zueinander als viele Vertriebsagenten, die verzweifelt mit ihren Visitenkarten um sich werfen.

3. Einer talentierten Gemeinschaft beitreten

"Berlinale Talents" hat auch "Talents International" ins Leben gerufen: Jetzt gibt es Talent-Programme auch in Tokio, Sarajewo, Guadalajara, Durban, Buenos Aires und Beirut. Diese Initiativen haben es sich zum Ziel gesetzt, aufsteigende Talente in ausgewählten Regionen der Welt zu fördern.

Estrella Araiza war Teilnehmerin bei der "Berlinale Talents" 2012 und ist jetzt Filmverleiherin und Leiterin der Industrie des "Guadalajara Film Market" in Mexiko, außerdem aktiv bei der Initiative "Guadalajara Talents". Sie empfiehlt, Filmmärkte, also Branchentreffs, zu besuchen, um Kontakte zu knüpfen.

Der "European Film Market" findet jährlich während der Berlinale statt. Die Veranstaltung wird als Epizentrum der Berlinale gesehen: 8.400 Produzenten, Käufer, Vertriebsagenten, Filmverleiher und Geldgeber treffen, sich dort um Geschäfte zu machen. Auch die Berlinale Talente können an dem Insidertreffen teilnehmen und ihre Projekte vorstellen.

Berlin Berlinale Talents Talent Circle
Kunst oder Konferenz? Der "Talent Circle"Bild: Peter Himsel, Berlinale

4. Den eigenen Kreis erweitern

Als Produzenth hat sich Raymond Phathavirangoon auf ungewöhnliche Co-Produktionen spezialisiert: Gerade arbeitet er an einer thailändischen, deutschen und norwegischen Co-Produktion, ein anderes Projekt bekommt Geldmittel aus Frankreich, Hong Kong, Katar, Singapur und Deutschland. Er spricht aus Erfahrung, wenn er Neuankömmlingen empfiehlt, ihren Kreis zu erweitern.

Ein weiterer Tipp vom Profi: das bevorzugte Genre eines Festivals auszuloten. Auf der Berlinale wird man also nicht unbedingt Horrorfilme, dafür umso mehr sozial-engagierte Werke sehen. Wenn ein Film auf dem richtigen Festival gezeigt wird, wwerden ihn auch mehr Fans des Genres entdecken.

5. Das Geschäft selbst in die Hand nehmen

Elias Ribeiros rät dazu, ungewöhnlich aufzutreten, mutig zu sein und das Publikum aufzurütteln. Der Werdegang des geschäftstüchtigen Jungproduzenten aus Brasilien spricht für sich: 2010 zog Ribeiro nach Johannesburg, um Filmproduktion zu studieren. Dort gründete er 2011 seine Produktionsfirma "Urucu Media". Einer der Filme, die er anschließend produzierte, heißt "Necktie Youth" und handelt von einer Gruppe wohlhabender, junger und drogenberauschter Jugendlicher aus den Vororten Johannesburgs. Der Film wurde 2015 bei vielen Filmfestivals gezeigt und gewann mehrere Preise. Seitdem unterstützt Ribeiro afrikanische Drehbuchschreiber in dem von ihm ins Leben gerufenen siebenwöchige Programm "Realness" dabei, ihre Visionen für die Leinwand umzusetzen. Übrigens ist auch Ribeiro eines der Berlinale Talents 2015.

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Das "Early Bird"-Frühstück ist für FrühaufsteherBild: Peter Himsel, Berlinale

6. Die Filme machen, die man machen möchte

Jean-Pierre Bekolo, ein renommierter Regisseur aus Kamerun, gibt den vielleicht entscheidendsten Tipp: "Vergesst die typischen Empfehlungen von Experten und seid einfach frei."

Er glaubt, die heutige Filmindustrie reflektiere nicht mehr die Welt, in der wir leben. Statt Kurse zum Schreiben von Drehbücher zu besuchen – "die immer noch Courier 12 als Schriftart benutzen" – oder sich auf das Publikum oder den Markt zu konzentrieren, solle man besser Filme aus der eigenen Perspektive drehen.

Die Filmwelt habe sich mit den steuerfinanzierten millionenschweren Strukturen sehr verändert, so Bekolo. Es sei jetzt an der Zeit, neue Plattformen zu entwickeln, damit die Menschen die Filmemacher sein können, die sie sein wollen. In der Ära der sozialen Netzwerke, solle man das Publikum vergessen, fügt er hinzu. "Vielleicht solltet ihr einen Film nur für eine Person machen. Stellt euch einfach vor, ihr schreibt einen Liebesbrief."

"Berlinale Talents" ist ein sechstägiges Programm mit Vorträgen, Projekten, Kursen und Netzwerk-Events mit renommierten Experten aus der Filmndustrie. Die Veranstaltung findet dieses Jahr zum 14. Mal statt, das diesjährige Motto lautet: "The Nature of Relations" – Die Natur der Beziehungen. Manche Vorträge sind öffentlich zugänglich, wie zum Beispiel der von Meryl Streep, doch die meisten sind den Talenten vorbehalten.