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Neuer starker Mann?

Peter Hille25. Oktober 2008

Nach dem Wahldebakel der bayerischen CSU soll es Horst Seehofer richten - als Parteichef und als Ministerpräsident des Freistaates. Leicht war der Weg dorthin für ihn nicht.

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Horst Seehofer ist neuer CSU-VorsitzenderBild: AP

Es war ein Desaster: Nur 43,4 Prozent der Stimmen bekam die bayerische CSU bei der Landtagswahl Ende September. Sie hatte damit fast 17 Prozent verloren - und damit auch die absolute Mehrheit im Freistaat Bayern, den sie seit 46 Jahren unangefochten allein regierte. Als Reaktion auf diese Wahlschlappe erklärte Ministerpräsident Günter Beckstein seinen Rücktritt. Erwin Huber räumte seinen Posten als Parteichef.

Im Zuge der Turbulenzen um die bayerische Landesbank trat Huber dann auch als Finanzminister zurück. Der neue starke Mann der CSU heißt Horst Seehofer. Auf dem Parteitag in München wurde Seehofer am Samstag (25.10.2008) zum Vorsitzenden gewählt. Gleich am Montag steht dann im Landtag in München seine Wahl zum Ministerpräsidenten Bayerns an.

Erstmals seit 40 Jahren leichter Bammel

Seehofer selbst bezeichnet diese Doppelrolle als eine gigantische Aufgabe. Parteivorsitz und Ministerpräsident zugleich zu sein, da habe er zum ersten Mal seit fast 40 Jahren in seiner CSU einen leichten Bammel, räumte der derzeitige Bundeslandwirtschaftsminister ein. Die Sorgen Seehofers kommen nicht von ungefähr: Seehofer soll eine Partei führen, die nach der verheerenden Wahlschlappe im September eine der schwersten Krisen ihrer Geschichte durchmacht. Gleichzeitig soll er ein Bundesland regieren, das voll in den Strudel der internationalen Finanzkrise geraten ist. Die halb-staatliche Hausbank Bayerns, die BayernLB steht am Abgrund mit 6,4 Milliarden Euro Finanzierungsbedarf.

Mit riesigen Verlusten: Die bayerische Landesbank
Mit riesigen Verlusten: Die bayerische LandesbankBild: AP

Vor Seehofer liegen also große Herausforderungen. Den leichten Bammel will Seehofer dennoch nicht jeder abnehmen und auch dafür gibt es Gründe. Nach 40 Jahren Politik-Erfahrung in Bayern und Berlin gilt Seehofer als Schwergewicht in den Kämpfen um die Macht. Als Sohn eines Lastwagenfahrers arbeitete sich Seehofer nach oben, vom einfachen Verwaltungsangestellten in Ingolstadt bis zum Bundeslandwirtschaftsminister. Auch eine lebensbedrohliche Krankheit im Jahr 2002 konnte Seehofer nicht stoppen.

Bei der Wahl zum CSU-Vorsitz nach dem Sturz Edmund Stoibers im September 2007 scheiterte Seehofer allerdings, dabei hatten ihm auch Medienberichte über ein uneheliches Kind geschadet. Erst das Wahldesaster der Stoiber-Nachfolger Beckstein und Huber brachten Horst Seehofer dann wieder in Bayern nach oben und eben an den Punkt, den er 2007 angepeilt hatte.

Politik als Sucht

Seehofer selbst räumt freimütig ein, Politik sei eine Sucht und er selbst sei süchtig. Seine Volksnähe hat er deshalb aber nicht verloren. Seehofer gilt als das soziale Gewissen der konservativen CSU, und will nun auch den Führungsstil innerhalb der Partei ändern. Seehofer erklärte unlängst, Basta werde es nicht mehr geben und auch nicht mehr Befehl und Gehorsam. Außerdem werde man unter seiner Führung die Diskussion nicht als Führungsschwäche, sondern als Gewinn für die demokratische Kultur begreifen.

Mit diesem Führungsstil eckt Seehofer bei einzelnen Vertretern seiner Partei an. Nicht frei von Reibungen ist auch das Verhältnis zum Koalitionspartner, den Liberalen. Die Koalitionsverhandlungen mit der FDP gerieten ins Stocken, seit immer neue Verlustmeldungen von der bayerischen Landesbank BayernLB durchsickerten.

Alles soll auf den Prüfstand

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-SchnarrenbergerBild: picutre-alliance/dpa

Die bayerische FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zeigte sich verärgert darüber, dass die CSU lange Zeit das Ausmaß der Katastrophe verheimlicht habe. Auch deshalb, so Leutheusser-Schnarrenberger, müsse bei der Bayern LB alles auf den Prüfstand.

Ungeachtet dieser Skepsis des liberalen Koalitionspartners will Seehofer schon am Samstag (25.10.2008) seinen Getreuen auf dem CSU-Parteitag einen Koalitionsvertrag mit den freien Demokraten vorstellen. Sollte der Vertrag zustande kommen, wäre das ein großer Schritt nach vorne. Grund zum Feiern wird es in der CSU aber auch dann nicht geben. Zu tief sind die Risse, die sich nach dem Wahldebakel Ende September in der Partei aufgetan haben und auch persönliche Rivalitäten sind in der Bayern-Partei noch nicht beigelegt. Dazu gehört auch das spannungsgeladende Verhältnis zwischen Seehofer und Huber. Er werde noch auf dem Sterbebett gegen Seehofer stimmen, soll Parteifreund Huber einst gesagt haben.