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Sehnsucht nach purem Leben

Fahimeh Farsaie, Qantara.de5. Mai 2006

Die Liebe macht es möglich - das Zusammenleben zwischen den Kulturen. Dies ist die eindeutige Botschaft des mit viel Humor und Lebensfreude erzählten Films "Sabah" der syrisch-kanadischen Regisseurin Ruba Nadda.

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Sabah sehnt sich nach der Erfüllung ihrer LiebeBild: Mongrel Media Inc.

Als sich die 40-jährige attraktive Protagonistin Sabah (Arsinée Khanjian) in einen ebenfalls gut aussehenden und sympathischen Mann verliebt, verwandelt sich ihr bis dato eintöniges Leben in ein buntes und nicht ganz gefahrloses Abenteuer.

Filmszene Sabah
Sabah und Steven nähern sich langsam anBild: Mongrel Media Inc.

Es ist Liebe auf den ersten Blick. Doch schon bald beginnen die Probleme, denn der kanadische Geliebte Sabahs ist Christ und sie eine Kopftuch tragende traditionelle Muslimin. Und entsprechend dem herkömmlichen Muster im so genannten "Migrantenkino" ist da auch der strenge Bruder Majid (Jeff Seymour), der Sabahs Leben lückenlos überwacht.


Kein typischer Migrantenfilm


Dennoch ist Sabah kein typischer Migrantenfilm, der Klischees projiziert. Zwar verstößt Majid die Hals-über-Kopf-verliebte Schwester aus der Familie, doch es kommt nicht zu Gewalttätigkeiten. Ruba Nadda zeigt vielmehr in einem sanften Rhythmus die "innere Welt" der arabischen Einwanderer in Toronto, den kulturell bedingten familiären Zusammenhang sowie Liebe und Zuneigung in einer orientalisch gefärbten Kultur.

Etwas langatmig erscheint allerdings besonders der erste Teil, in dem die Protagonistin ihren Geliebten Stephen (Shawn Doyle) über diverse arabische Sitten aufklärt. Die besinnliche Annährung des Liebespaares - auch als Ausdruck der Eingewöhnung an die jeweils andere Kultur - kommt gemächlich daher. Beinahe verpasst der Zuschauer den Höhepunkt der Geschichte, doch dank der perfekt ausgesuchten Örtlichkeiten in Toronto, der historischen Kreuzung von Front Street und Jarvis Street, an der die zwei Liebenden sich zum ersten Mal küssen, entgeht er knapp dieser Gefahr.

Opfer einer überholten Tradition

Das äußere Zeichen der bevorstehenden Auflösung nimmt man dennoch rechtzeitig wahr, wenn der einst unbeugsame Bruder Majid während eines klärenden Gesprächs mit seiner Schwester zu weinen beginnt. Majid vergießt Tränen, nicht aus Scham oder Trauer, sondern aus Selbstmitleid: Der Hüter der Familienehre sieht auch sich selbst als Opfer einer längst überholten Tradition, die in liberalen Gesellschaften nicht praktizierbar ist.

Sabah Filmreggiseur Ruba Nadda
Mit Sabah dreht die Regisseurin Ruba Nadda ihren DebütfilmBild: Mongrel Media Inc.

Die 32-jährigen Regisseurin Ruba Nadda, die bereits einige düstere Liebesgeschichten verfilmte, zeigt in "Sabah" Aspekte einer arabischen Kultur fernab von Terrorismus, Misshandlungen oder Folter. Auch verzichtet sie bewusst auf die bildliche Darstellung der Auswirkungen der Ereignisse des 11. September auf die islamisch-arabische Gemeinden - ein Thema, das in vielen Migrantenfilmen der vergangenen Jahren thematisiert wurde - wie etwa in "Folgeschäden" von Samir Nasr, in "Yasmin" von Kenny Glenaan oder in "Being Osama" des gleichfalls in Kanada lebenden Libanesen Mahmoud Kaabour, der auf dem kanadischen Filmfestival für junge Regisseure als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde.

"Wahrscheinlich gibt es diese Erwartung, dass eine arabische Filmemacherin diese Themen aufgreifen muss, selbst von Menschen, die Sympathie für die Araber in Nordamerika haben und ihre Probleme kennen. Gewissermaßen ist der Araber, der sich permanent dem Verdacht des Terrorismus aussetzen muss, bereits selbst zu einem Klischee geworden. Ich glaube, wir müssen uns dagegen wehren, dass der 11.9. definiert, was es bedeutet, ein Araber in Nordamerika zu sein", so die Regisseurin Ruba Nadda in einem Interview.

Um das vielseitige Bild einer "Araberin" zu vermitteln, erzählt Nadda die Geschichte ihrer Hoffnung, ihres Vertrauens, des Verlangens und der Liebe. Die bekannte Schauspielerin Arsinée Khanjian ("Ararat", "Wahre Lügen", beide von Atom Egoyan) verkörpert wahrhaftig und gekonnt jene Araberin, die sich nach purem Leben sehnt. Dabei verleugnet sie nicht ihre von ihrer eigenen Kultur geprägten humanen Werte. Und das macht auch die Liebe möglich.