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Pate im Unialltag

Sola Hülsewig28. Februar 2013

Eine fremde Sprache, Bürokratie und Leistungsdruck - ausländische Studierende fühlen sich mit dem Alltag an deutschen Unis oft überfordert. In Dortmund helfen ihnen deshalb gestandene Paten: Seniorenstudenten.

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Renate Fährenkämper mit Subash, einem Studenten aus Indien (Foto: DW/ Sola Hülsewig)
Renate Fährenkämper, Gründerin des Patenschaftsprojekts, mit Subash, einem Studenten aus IndienBild: Sola Hülsewig

Renate Fährenkämper schaufelt löffelweise Kaffeepulver in die Kaffemaschine. Emsig läuft die Dame im knallpinken Blazer umher, stellt Kekse auf die Tische, sorgt für Tassen und Löffel. Jeden Donnerstag ist der Raum an der Technischen Universität Dortmund drei Stunden lang für sie und ihre Mitstreiter reserviert. Ausländische Studierende können dann vorbeikommen und sich bei Kaffee und selbst gebackenem Kuchen mit ihren Paten, den Seniorenstudierenden, treffen.

Renate Fährenkämper hat das Patenschaftsprojekt vor etwa sechs Jahren gegründet. Im Rahmen ihres Seniorenstudiums an der TU Dortmund hatte sie zunächst ein Praktikum im dortigen Sprachenzentrum gemacht, wo sie mit ausländischen Studierenden Deutsch übte. Der Kontakt zu den Menschen aus allen Ecken der Welt hatte sie so beflügelt, dass sie weitermachen wollte. Der Grundstein für das Patenschaftsprojekt war gelegt.

Das Projekt wurde zum Fulltime-Job

Im Moment würden 28 junge ausländische Studierende von 13 Seniorenpaten betreut, erzählt Renate Fährenkämper. Ein Seniorenstudent ist somit für mehrere Patenkinder zuständig. "Ich würde sie am allerliebsten alle betreuen", sagt Renate Fährenkämper und lacht. "Es macht mir sehr viel Spaß."

Renate Fährenkämper selbst betreut vier Patenkinder: zwei junge Leute aus China, einen Mann aus Tunesien und eine Frau aus Indonesien. Mit den Studierenden unternimmt die 67-Jährige Ausflüge, geht ins Museum oder ins Theater oder lädt sie zu sich nach Hause ein. Mittlerweile habe sich das Projekt zu einem Fulltime-Job entwickelt, erzählt sie, und wirkt kein bisschen unzufrieden.

Renate Fährenkämper mit Lydia, einer Studentin aus Indonesien (Foto: DW/ Sola Hülsewig)
Renate Fährenkämper und Patenkind Lydia aus Indonesien haben Freundschaft geschlossenBild: Sola Hülsewig

Jiafei aus China ist Renate Fährenkämpers dienstältestes Patenkind. Der junge Mann hat seine Doktorarbeit in Dortmund abgeschlossen und hat nun seit ein paar Wochen einen Forschungsauftrag an einer Universität in London. "Ich bin so stolz auf ihn, als wenn es mein eigener Sohn wäre", sagt Renate Fährenkämper. Sie hat Jiafei sogar schon in China bei seiner Familie besucht. Im Gegenzug kamen auch Jiafeis Eltern nach Deutschland und lernten seine Patin kennen.

Hilfe bei deutschen Texten

In Dortmund hat sich inzwischen der Raum gefüllt. Bernd und Wolfgang aus Deutschland plaudern mit einigen Studenten aus Indien und China. Wie Renate Fährenkämper machen die beiden Männer ein Seniorenstudium an der Uni Dortmund. Normalerweise sei die Sprechstunde besser besucht, sagt Renate Fährenkämper. Doch es sind Semesterferien, deswegen haben nur etwa zehn Studenten den Weg in den Patenschaftsraum gefunden.

Lydia aus Indonesien schreibt gerade ihre Doktorarbeit zum Thema Intralogistik am Fraunhofer-Institut. Seit zwei Jahren ist sie in Deutschland, seit etwa einem Jahr nimmt sie an dem Patenschafts-Programm teil. "Manchmal bringe ich meine Unterlagen auf Deutsch hierhin mit und frage jemanden, wenn ich etwas nicht verstanden habe", erzählt Lydia.

Senioren haben Zeit und Geduld

Sie freut sich über den Kontakt zu den Seniorenstudierenden. Die älteren Menschen hätten mehr Geduld und mehr Zeit als jüngere, sagt Lydia. Die Doktorandin war schon oft bei Renate Fährenkämper zuhause. Dann wird zusammen gelesen, geplaudert, gelacht und gekocht. Lydia interessiert sich besonders für die deutsche Küche und möchte lernen, wie man Sauerbraten, Kürbiscremesuppe oder Rindfleischsuppe mit Markklößchen zubereitet. An Weihnachten und Ostern sind Renate Fährenkämpers Patenkinder selbstverständlich eingeladen und lernen deutsche Bräuche im Kreis der Familie kennen.

Seniorenstudent Bernd aus Deutschland mit einem chinesischen Studenten bei der Sprechstunde (Foto: DW/ Sola Hülsewig)
Bernd hält Sprechstunde im PatenschaftsraumBild: Sola Hülsewig

Das Interesse der ausländischen Studierenden an dem Projekt sei riesig, so Renate Fährenkämper. Viele brennen darauf, mit den Seniorenstudierenden Deutsch zu üben und die deutsche Kultur kennen zu lernen. Leider aber gibt es nicht genug Paten für den großen Andrang an ausländischen Studierenden.

Kontakt mit Gleichaltrigen ist oft schwierig

Mit gleichaltrigen Studenten in Kontakt zu kommen, sei oft nicht so leicht, berichten die ausländischen Studenten. Die Deutschen hätten oft genug mit ihrem eigenen Studium zu tun und seien bereits in festen Freundeskreisen eingebunden.

Bei den Senioren ist das anders, sie freuen sich über die interessanten und interessierten Gesprächspartner, die ihr Engagement zu schätzen wissen. Denn so kommt ein Stück fremde Welt zu ihnen. Und nach außen möchten sie gerne ein positives Deutschlandbild weitergeben, nämlich das eines freundlichen und weltoffenen Volkes. "Wir hoffen, dass die jungen Leute, wenn sie zurück in ihre Heimat gehen, einen guten Eindruck von uns mitnehmen", betont Renate Fährenkämper.