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„Serbien gehört zu Europa“: Berliner Reaktionen auf die Präsidentschaftswahl

24. Januar 2008

In Berlin will man sich vom Sieg des Ultra-Nationalisten Nikolic bei der ersten Runde der serbischen Präsidentschaftswahlen nicht entmutigen lassen. Die Erwartungen richten sich auf die Stichwahl am 3. Februar.

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Berlin setzt auf Demokratie in SerbienBild: AP

Mehr als 60 Prozent der 6,7 Millionen Wahlberechtigten haben bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Serbien ihre Stimme abgegeben. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 61 Prozent den höchsten Wert seit dem Sturz von Staatschef Slobodan Milosevic im Jahr 2000, was von Politikern in Deutschland und der EU durchweg positiv gewürdigt wurde.

„Es zeugt von dem Willen der Menschen in Serbien, die Demokratie und die künftige politische Ausrichtung ihres Landes aktiv mit zu gestalten“, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin, Martin Jäger. Der Sieg des Euroskeptikers und NATO-Gegners Nikolic wird allgemein als Ausdruck der Unzufriedenheit des serbischen Volkes mit der Kosovo-Politik der EU gedeutet, nicht so sehr als eine generelle Abkehr von Europa.

Die sozialdemokratische Vertreterin im Europa-Ausschuss des Deutschen Bundestages, Lale Akgün, sieht im Wahlsieg Nikolics, „weniger das fehlende europäische Verständnis, sondern mehr das Gefühl, unser Selbstbewusstsein wird jedes Mal mehr angeknackst.“

Der stellvertretende Vorsitzende des parlamentarischen Kreises Südosteuropa, der Unionspolitiker Peter Weiß, warnt die serbischen Wähler vor einem Festklammern am „großen orthodoxen Bruder im Osten”: „Was heißt Zuwendung zu Russland und Abwendung von Europa? Das heißt nicht, dass Serbien neue Freunde gewinnt, sondern dass Serbien sich in die Isolation begibt, mit sicherlich nicht nur problematischen politischen Auswirkungen, sondern auch mit sehr problematischen wirtschaftlichen Auswirkungen.“

Das Fatale sei – das zeige auch diese Wahl –, dass sich große Teile der serbischen Bevölkerung mit der eigenen Vergangenheit, also mit der Rolle von Slobodan Milosevic und den Ursachen für den Zerfall Jugoslawiens, nicht auseinandergesetzt hätten, glaubt die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Marieluise Beck. „Jetzt versuchen sie in einer Art Notoperation, sich selbst als Opfer darzustellen. Und dafür bietet Russland mit seinen Verlockungen natürlich eine wunderbare Plattform“, so Beck.

Alle Hoffnungen setzen die deutschen Politiker auf die Stichwahl am 3. Februar, so auch das Mitglied des Auswärtigen Ausschusses Eckhard von Klaeden von der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag: „Nikolic hat keine (absolute) Mehrheit bekommen, sonst wäre er heute schon gewählt. Deswegen müssen wir den zweiten Wahlgang abwarten. Und das wird eine Schicksalsentscheidung für Serbien werden, ob man den pro-europäischen oder pro-russischen Weg einschlagen will.“

Beobachter erwarten, dass es am übernächsten Sonntag (3.2.) zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Nikolic und Tadic kommen wird. Von großer Bedeutung dürfte sein, für welchen Kandidaten sich Regierungschef Vojislav Koštunica aussprechen wird. „Ich hoffe, dass Tadic gewinnt. Und ich hoffe auch, dass er in den nächsten 14 Tagen mit der deutlichen Unterstützung von Ministerpräsident Kostunica rechnen kann“, sagt von Klaeden.

Und wenn doch der radikale Nikolic der neue serbische Präsident wird? Bleibt das Tor der EU auch dann für den Balkan-Staat geöffnet? Für Lale Akgün steht fest: „Ich sage ganz offen: Ich kann mir ein Europa ohne Serbien nicht vorstellen. Serbien gehört dazu.“ Und auch Ministeriumssprecher Jäger gibt sich unmissverständlich: „Wir werden Serbien auch weiterhin auf diesem Weg unterstützen, und die Wahl, ob sie diesen Weg nun gemeinsam mit uns gehen wollen oder nicht, liegt jetzt bei den Bürgerinnen und Bürgern Serbiens.“

Goran Goic