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Serbien muss sich zusammenraufen

Filip Slavkovic, zur Zeit Belgrad / arn30. Januar 2004

Serbien hat trotz Neuwahlen seit vier Wochen keine funktionierende Regierung. Jetzt haben sich die vier demokratischen Parteien doch geeinigt - Anfang Februar soll es so weit sein. Einige Details sind noch zu klären.

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Künstler finden die Anarchie in Serbien gut, die Bevölkerung nichtBild: Presse

Die Parteien des sogenannten Demokratischen Blocks, die bei der letzten Wahl die Mehrheit erhalten hatten, sahen sich wegen ihrer tiefen Zerstrittenheit nicht in der Lage, eine Regierung zu bilden. Schuld an der politischen Ausweglosigkeit seien die teilweise persönlich verfeindeten Parteispitzen, die das nationale Interesse ihres Volkes taktischen Zielen ihrer Parteien unterordneten, analysierten die meisten Politikexperten im Lande Ende Januar.

Persönliche Animositäten

Es war vor allem die offiziell weiterhin regierende Demokratische Partei (DS), die auf mehr Zeit für die Detailfragen bestand. "Fünf, sechs, sieben oder acht Tage sind ohne Bedeutung, wenn das letztlich heißt, dass wir eine umfassende Vereinbarung bezüglich des Parlaments, der Regierung, des Parlaments des Staatenbundes und der Regierung des Staatenbundes bekommen werden", sagte der stellvertretende Vorsitzende der DS und Ministerpräsident Serbiens, Zoran Zivkovic. Diese in Grundzügen vereinbarte Lösung sieht eine Mehrheitsregierung vor, die aus einer Koalition aller demokratischen Parteien besteht.

Dabei werden die stärksten Parteien, DSS und DS, die Ämter des Ministerpräsidenten und des Parlamentspräsidenten besetzen. Der künftige Regierungschef wird von der gemäßigt nationalistischen Demokratischen Partei Serbiens (DSS) des ehemaligen Präsidenten Vojislav Kostunica gestellt. Es wird erwartet, dass Kostunica selbst neuer Ministerpräsident wird. Kostunica sagte zwar, er sei immer noch der Meinung, dass die Demokratische Partei von der Regierung fern gehalten werden sollte, aber im Interesse des Landes habe man die Parteiinteressen zurückgestellt.

Es geht nicht voran

Am 28. Dezember 2003 hatte es Neuwahlen in Serbien gegeben, weil mehrere Parteien die von der Demokratischen Partei geführte Koalition aufgrund großer Differenzen und gegenseitiger Korruptionsbeschuldigungen verlassen hatten. Das demokratische Lager gewann bei der vorgezogenen Wahl insgesamt 146 der 250 Parlamentssitze. Das Hin und Her um die Regierungsbildung zehrt inzwischen an den Kräften und den Nerven. "Das Land leidet stark darunter, dass es keine Institutionen hat. Das erzeugt wirtschaftlichen, politischen und außenpolitischen Schaden", sagt der Vorsitzende der G17-Gruppe, Mirojub Labu. Dass das Land schon mehr als ein Jahr keinen Republikpräsidenten besitzt, weil trotz dreier Versuche immer zu wenig Bürger zu den Urnen kamen, ist inzwischen zur wenig aufregenden Alltäglichkeit geworden.

Die Bevölkerung leidet

Soziologen haben darauf hingewiesen, dass weite Teile der Bevölkerung wegen der Hungerlöhne oder der Arbeitslosigkeit immer mehr ihre Hoffnung auf die radikalen Kräfte des alten Regimes setzen. Die Sozialisten des in Den Haag als Kriegsverbrecher angeklagten früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milosevic haben bereits die Rückkehr ins Parlament geschafft. Die Zahl der von den Demokraten Enttäuschten wachse schnell, so dass die Parteien des alten Systems mit populistischen Parolen Punkte sammeln können.