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Serbiens Erdölindustrie wird umstrukturiert und privatisiert

25. August 2005

Das Parlament in Belgrad hat den Weg für die Privatisierung der staatlichen Erdölindustrie bereitet. Doch der endgültigen Entscheidung über das fragliche Gesetz gingen politische Querelen voraus.

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Umwandlung des Erdölkonzernz NIS bis 1. Oktober?Bild: dw-tv

Mit knapper Mehrheit hat das serbische Parlament am 22. August das Gesetz über die staatliche Erdölindustrie aufgehoben. Damit sind die Voraussetzungen für die Umstrukturierung des staatlichen Erdölkonzerns NIS mit rund 17.500 Beschäftigten geschaffen, der ab 1. Oktober in zwei öffentliche Unternehmen und eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden soll.

IWF verlangt Privatisierung

Eines dieser öffentlichen Unternehmen wird sich mit dem Transport von Erdöl und Erdölprodukten befassen. Das zweite mit dem Transport, dem Vertrieb, der Lagerung von Erdgas und dem Handel damit. In die Zuständigkeit der Aktiengesellschaft fiele schließlich die Forschung, Förderung, Verarbeitung und der Vertrieb von Erdöl und Erdölprodukten sowie die Erforschung und Förderung von Erdgas. Ferner wurde beschlossen, in drei Monaten eine unabhängige Expertenkommission zu ernennen, die einen Zeitplan für den Verkauf von NIS erstellen soll. Die Privatisierung der serbischen Erdölindustrie gehört schließlich zu den Bedingungen, die der Internationalen Währungsfonds an Serbien gestellt hat, damit Belgrad Kredite bewilligt werden.

Schwierige Mehrheitsbildung

Der Abstimmung über dieses Gesetz ging jedoch ein Hin und Her voraus. Erst im zweiten Anlauf und nach einer ganztägigen Debatte fand sich in den Abendstunden die erforderliche Mehrheit der Parlamentarier für die Abstimmung ein. Für die Aufhebung dieses Gesetzes stimmten 120 Abgeordnete von insgesamt 250, fünf stimmten dagegen und einer enthielt sich. Ursprünglich hätte die Abstimmung bereits im Juli erfolgen sollen. Sie wurde allerdings mehrmals verschoben, weil die erforderliche einfache Mehrheit – nicht zuletzt wegen Urlaubs der Abgeordneten – nicht zustande kam.

Uneinigkeit in der Regierungskoalition bis zuletzt

Auf den ersten Blick haben die Vertreter der Regierung und des Regierungsblocks Grund zu behaupten, dass sie der Opposition einen Sieg abgerungen und demonstriert hätten, dass die Regierung stabil sei. Bei genauer Betrachtung hat die Regierung indes nicht viel Grund mit sich zufrieden zu sein. Denn dass dieses Gesetz erst nach Verzögerungen aufgehoben wurde, lag nicht zuletzt daran, dass die Regierungskoalition uneins war. So deuteten nur einen Tag vor der Abstimmung Mitglieder der Regierungskoalition, die Sozialdemokratische Partei und die Serbische Erneuerungsbewegung, an, sie würden gegen die Abschaffung des Gesetzes stimmen. Erst nach Gesprächen mit den Gewerkschaften beschloss die Sozialdemokratische Partei, für die Abschaffung zu stimmen.

Ferner widersetzte sich die Sozialistische Partei Serbiens, von deren Stimmen die Minderheitsregierung von Premier Vojislav Kostunica abhängt. Doch auch sie änderte ihre Meinung. So stimmten für die Abschaffung des Gesetzes am Ende fast alle Sozialisten, allerdings unter dem Vorbehalt, dass sie damit keinesfalls den Verkauf der Erdölindustrie zuließen.

Die Oppositionsparteien, die Serbische Radikale Partei und die Demokratische Partei, stimmten wie angekündigt gegen die Abschaffung des Gesetzes. Die Radikalen stimmten dagegen, weil sie die Privatisierung prinzipiell ablehnen. Die Demokraten forderten, dass zunächst eine Strategie der staatlichen und nationalen Interessen im Erdölgeschäft festgelegt werden sollte, bevor die Privatisierung erfolgt.

Dusan Janjic, Belgrad
DW-RADIO/Serbisch, 22.8.2005, Fokus Ost-Südost