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Serbiens Parlament gibt sich handlungsfähig

Filip Slavokovic5. Februar 2004

Das serbische Parlament hat einen neuen Präsidenten: Dragan Marsicanin von der Demokratischen Partei Serbiens. Die Wahl war nur mit Hilfe der Sozialisten des früheren Machthabers Slobodan Milosevic möglich.

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Hinter den Kulissen mischt er wieder mit: Slobodan MilosevicBild: AP

Hat Slobodan Milosevic wieder etwas zu sagen im politischen Leben Serbiens? Zuerst schien es, als würde seine SPS bei der Regierungsbildung in Serbien kein Wort mehr mitzureden haben: Sie zog als schwächste Partei in die Nationalversammlung ein. Ihr anvisierter Bündnis-Partner, die Serbische Radikale Partei (SRS), die mit Milosevic in den 1990er Jahren koaliert hatte, wurde zwar stärkste Kraft im Parlament. Aber zusammen hatten Radikale und Sozialisten keine Mehrheit.

Demokraten zerstritten

Also richteten sich die Augen zunächst auf die vier demokratischen Parteien, die mehr als ein Jahrzehnt gegen Milosevic gekämpft hatten und gemeinsam eine deutliche Parlaments-Mehrheit erreichten. Drei davon - die Demokratische Partei Serbiens (DSS), die Gruppe 17 Plus (G17) und die Serbische Erneuerungsbewegung (SPO) - schlossen schon kurz nach der Wahl eine Allianz. Sie wollten ohne die zuletzt regierende Demokratische Partei (DS) eine Minderheitsregierung bilden. Die DS weigert sich jedoch seit vier Wochen, diese Regierung zu unterstützen und will vielmehr Teil der Regierung sein.

Und so hat sich DSS-Chef Vojislav Kostunica den Mitgliedern der Partei, dessen Führer er vor drei Jahren aus dem Amt des jugoslawischen Präsidenten verdrängt hat, zugewandt. Am Mittwoch (4.2.2004) war es dann so weit: Mit den Stimmen der Sozialisten wurde DSS-Vize Dragan Marsicanin zum neuen Parlamentspräsidenten gewählt. Da Serbien seit mehr als einem Jahr keinen gewählten Präsidenten hat, wird Marsicanin stellvertretend auch dieses Amt ausüben.

Alte Schulden und alter Ruhm

Nach der Wahl wurde Marsicanin von Journalisten gefragt, ob er nicht der Meinung sei, dass damit den nationalistischen Kräften die Hintertür geöffnet werde und man den Reformen den Rücken zukehre. Marsicanins Antwort: "Weder muss man die alten Schulden immer aufs Neue begleichen, noch kann man sich immer wieder auf dem alten Ruhm ausruhen."

Mit "alten Schulden" spielte Marsicanin offenbar auf die Politik der Sozialisten während der Milosevic-Ära an, mit "altem Ruhm" auf die DS, die stets die Verdienste des vor einem Jahr ermordeten Ministerpräsident Zoran Djindjic für die Demokratisierung Serbiens in den Vordergrund stellt.

"Werte sind vernichtet worden"

DS-Vize Boris Tadic bedauerte die Entscheidung, dass die bisherigen demokratischen Partner den Parlamentspräsidenten ausgerechnet mit Hilfe der Sozialisten wählen ließen. "Heute sind alle Werte, für die wir in den letzten drei Jahren gekämpft haben, vernichtet worden", sagte Tadic.

Eine Einigung über eine Regierungsbildung hat Vojislav Kostunica mit der Wahl des Parlamentspräsidenten noch nicht vereinbart. Man sei bereit, noch einmal mit Tadics DS über die Unterstützung einer Minderheitsregierung zu sprechen, sagte er. Und: Eine Regierungsbeteiligung der Sozialisten werde es nicht geben.