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Serbische Ex-Offiziere wegen Massakers in Vukovar angeklagt

13. Oktober 2005

Im November 1991 kamen bei einem Massaker im kroatischen Vukovar mehr als 260 Zivilisten ums Leben. In Den Haag hat nun der Prozess gegen drei serbische Ex-Offiziere begonnen, die für die Tat verantwortlich sein sollen.

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Vukovar im Herbst 1991Bild: AP

Bilder der Stadt in Schutt und Asche sind Teil des Materials, die die Anklage dem Gericht im Prozess gegen die drei Offiziere der ehemaligen jugoslawischen Volksarmee JNA, Milo Mrksic, Miroslav Radic und Veselin Sljivancanin vorlegen wird.

Zwei der drei Angeklagten, nämlich Radic und Sljivancanin, bezeichneten sich am ersten Tag des Prozesses als unschuldig. Der dritte, Mile Mrksic, äußerte sich gar nicht.

Abtransport in den Tod

Nach den Worten von Staatsanwalt Marks Moore wurden unter ihrem Kommando beziehungsweise Kontrolle vor und kurz nach der Besetzung von Vukovar im Jahre 1991 Kriegsverbrechen begangen: "Die Anklage bezieht sich in erster Linie auf die Gefangennahme, Misshandlung und Tötung von mehr als 260 kroatischen und anderen nicht-serbischen Zivilisten, die am 19. und 20 November aus dem Vukovarer Krankenhaus abtransportiert wurden", so der Staatsanwalt.

Die meisten der Opfer wurden zu einem Bauerhof in der Ortschaft Ovcara gebracht, wo sie gefoltert, ermordet und anschließend mit Bulldozern vergraben wurden.

Im Krankenhaus hatten Hunderte von Zivilisten Schutz gesucht, nachdem JNA und serbische paramilitärische Kräfte die Stadt besetzt hatten. Nach Moore's Worten wird die erste Zeugin der Anklage, die damalige Leiterin des Krankenhauses, Vesna Bosanac, bestätigen, dass anstelle des erwarteten Roten Kreuzes die Serben damit begannen, Frauen, Männer und Kinder abzutransportieren: "Dr. Bosanac hat aufgezeigt, dass die JNA unter dem Kommando von Sljivancanin damit begann, Frauen und Männer auszusondern und abzutransportieren, was eine Verletzung des Vertrages über die Evakuierung des Krankenhauses darstellte."

"Bösartige Verleumdungen"

Auf den Fotografien sieht man, dass bei der Absonderung der Männer von den Frauen sowohl Major Sljivancanin als auch Hauptmann Radic anwesend waren - beide hatten gestern zu Beginn des Prozesses erklärt, sie seien unschuldig. "Die Last der Anklage wegen Kriegsverbrechen, von denen ich persönlich meine, das ich sie nicht begangen habe, ist wirklich schwer zu tragen," sagte Radic, der - wie die anderen beiden Angeklagte auch - nur wenige Minuten zuvor über Kopfhörer die Beschreibung von Moore über die Ermordung einer schwangeren Frau hatte hören können: "Das Gewehr wurde ihr in die Vagina gesteckt und dann wurde ein Geschoss abgefeuert, das sie und ihr ungeborenes Kind tötete."

In der Anklageschrift sind mit Vor- und Nachnamen 264 Opfer aufgezählt, die mit Bulldozern in Ovcare vergraben wurden. "Diese Menschen starben unter schrecklichen Umständen, nur 24 Stunden, nachdem ihnen Sljivancanin Sicherheit garantiert hatte", sagte Moore.

Veselin Sljivancanin erwartet nach eigener Aussage, dass das Gericht die Wahrheit feststellen wird, und dass dem Recht Genüge getan wird. Er selbst, so Sljivancanin, sei nicht schuldig, sondern nur Opfer mächtiger Verleumdungen.

Der Prozess gegen das sogenannten "Vukovarer Troika" wird am 25. Oktober fortgeführt. Der kroatische Präsident Stipe Mesic kommentierte den Beginn des Prozesses mit den Worten, dass dieser Prozess "nicht ausreiche", denn seiner Meinung nach sei die Spitze der Jugoslawischen Volksarmee für die Kriegsverbrechen verantwortlich. Folglich müsse dieser der Prozess gemacht werden.

Tatjana Mautner
DW-RADIO/Kroatisch, 12.10.2005, Fokus Ost-Südost